Social Media Marketing und die Bankbranche

Jerome McCarthy war es, der 1960 den Marketing-Mix erfunden hat. Aus den damals vier P´s, die für die Marketing-Strategien „Product“, „Price“, „Place“ und „Promotion“ standen, sind in den letzten Jahren erst sieben und dann 10 P´s geworden. Bei eben diesen 10 Marketing-Strategien eines modernen Marketing-Mix kommt auch der Begriff „Public Voice“ vor und meint damit,…


Jerome McCarthy war es, der 1960 den Marketing-Mix erfunden hat. Aus den damals vier P´s, die für die Marketing-Strategien „Product“, „Price“, „Place“ und „Promotion“ standen, sind in den letzten Jahren erst sieben und dann 10 P´s geworden. Bei eben diesen 10 Marketing-Strategien eines modernen Marketing-Mix kommt auch der Begriff „Public Voice“ vor und meint damit, dass sich Unternehmen auch mit deren Nennung in Blogs, Communities, etc. beschäftigen sollten. Social-Media-Marketing ist aber mehr als das Scannen des Web´s nach positiven und negativen Reaktionen der Kunden über den Kanal Internet. Social-Media-Marketing hat auch nichts mit entgeltlichen Produkt-Placement im Blog eines Scene-Bloggers zu tun.

Vor das Social-Media-Marketing haben die „Macher“ des Web die Version 2.0 gesetzt. Und dieses Web 2.0 steht als Synonym für den Dialog der User im Netz. Der Dialog, welchen schon die Griechen kannten, leitet sich aus dem Altgriechischen ab, wo es so viel bedeutet wie Unterredung, sich besprechen. In jedem Fall bedeutet es das Gegenteil von Monolog, bei dem bekannter Weise nur einer spricht. In einer Kunden-Lieferanten-Beziehung und der klassischen Werbung ist dies ganz selten der Kunde. Nein, auf diesen wird kommunikativ eingedroschen und zwar immer nur von Seiten der Unternehmen. Da mag es noch so viele Zeilen in den Unternehmensbroschüren geben, in denen steht, dass „der Kunde bei uns im Mittelpunkt steht“, meist, so hat man das Gefühl steht er den Unternehmen immer noch im Weg.

Das viel beschworene Web 2.0 sollte das Kommunikationsverhalten zwischen Kunde und Anbieter jedoch dramatisch verändern. Der Dialog sollte ins Web einziehen und damit auch der Dialog zwischen dem Anbieter (z.B. eine Bank) und dem Kunden. Die Werkzeuge dafür (und wir sind noch längst nicht bei Twitter, Facebook und Co. angekommen) sind so banale Dinge, wie ein Gästebuch, ein Kundenforum oder eine schlichte Bewertungsmöglichkeit für Kunden auf den Webseiten der Anbieter. „User generated Content“ lautet die dazu erfundene Zauberformel. Aber schnell wurde klar, dass die Prozesse, wenn da mal etwas Schlechtes drin steht, nicht mehr umzukehren sind. Besser, man lässt all diese Möglichkeiten sein, kommt der Kunde doch eventuell noch auf dumme Gedanken.

Aber die Kunden und die Web-Macher haben schnell andere Kanäle erfunden. Bewertungsseiten gibt es heute wie Sand am Meer und selbst Ärzte, die sich juristisch bis aufs äußerste gewehrt haben, werden heute vom fachfremden Kunden einfach so bewertet. Und jeder sieht es! Im Netz! Bis hin zur kleinsten Einheit einer Vertriebsbank, dem Berater, wird von den Kunden bewertet was das Zeug hält. Und jeder kann es sehen. Und jeder kann es recherchieren, Google sei Dank. Der mündige Kunde informiert sich nun mal im Web, bevor er sein Erspartes aus der Hand gibt oder sein Wertvollstes versichern lässt.

Als nächstes standen bei den Machern des Webs, Social Communities (u.a. Xing, Facebook) und Microblogging (z.B. Twitter) an. Geniale Werkzeuge, um mit den eigenen Kunden zu kommunizieren, werden diese Werkzeuge aber meist in der Spielzeugecke der für Marketing verantwortlichen Strategen geparkt. Viele Banken haben bei Twitter einen, sagen wir mal, Platzhalter-Account eingerichtet, da steht dann im April 2009, dass hier noch nicht getwittert wird, was auch dem technisch unvermögensten Internetnutzer aufgefallen sein wird.

Auffällig ist auch das Folgeverhalten vieler Banken, da folgen die Banken lieber den eigenen Wettbewerbern als den eigenen Kunden, was deutlich zeigt, dass der Dialog mit dem Kunden gar nicht gewollt ist. Die Kunden indes sind bereit, sich die Ergüsse einiger Banken via Twitter anzutun. Twitter erlebt nämlich in der Regel nach der Verspottung eine Renaissance als monologische PR-Schleuder über Angebote, Zinssätze und den gerade überreichten Scheck an den regionalen Sportverein. Die 140 Zeichen beginnen dann in der Regel mit „Wir…“, „Wir…“, „Wir …“. Wer Twitter ausschließlich so nutzt, hat nichts verstanden. Weder von Twitter, noch von PR und Kommunikation.

Ihre Kunden werden kommunizieren. Mit Ihrer Beteiligung oder ohne Ihre Beteiligung, aber immer über Ihre Bank. Kunden im Web 2.0 berichten über ihre Kauf- und Beratungserlebnisse. Und auch im 21. Jahrhundert ist es immer noch so, dass Kunden diese Kanäle eher für negative Kritik nutzen. Somit bleibt Ihnen eh nichts anderes übrig, als die Kanäle zu scannen, in denen Ihre Kunden über Ihr Unternehmen kommunizieren. Und wenn Sie schon beim Scannen sind, können Sie ja auch gleich in den Dialog einsteigen. Ihr Kunde wird es Ihnen danken.

Die Bereitschaft sich mit seinem persönlichen Profil als Fan einer Bank zu „outen“, ist vorhanden. Ob die Seite der Deutschen Bank, der bei Facebook über 2.000 Fans folgen, wirklich aus der Kommunikationszentrale der Deutschen Bank oder nur von einem Fan eingerichtet wurde, ist im Grunde egal. Fakt ist, über 2.000 Personen sind zum einen bereit, in Ihrem Profil eine gewisse Nähe zur Deutschen Bank zu zeigen und sich zudem mit den neuesten Informationen der Bank zu versorgen. Und die Deutsche Bank spielt Social Media gekonnt. Acht Kanäle bei Twitter, YouTube, Facebook und Flickr, die Deutsche Bank traut sich, neue Medien auszuprobieren und hat auf deren Homepage gleich ein Social-Media-Gateway eingerichtet.

Dass man mit Social-Media auch aus der Anonymität der Masse heraustreten kann, zeigen die Twitter-Accounts der SEB-Bank und der GLS-Bank in Bochum. Hier wird zum einen nicht nur über Konditionen getwittert, hier zeigen sich auch die Autoren hinter den 140 Zeichen. Auch bei der Fidor Bank AG twittert einer der Vorstände noch ganz persönlich.

Die Fidor Bank leitet indes die nächste Herausforderung für Banken im Web ein. Social-Banking bedeutet weniger die altruistische Grundhaltung der Geschäftsleitung einer Bank gegenüber deren Kunden, als vielmehr die Kunden stärker in die Prozesse einer Bank zu integrieren. Das Web macht es auch hier möglich, dass die Kunden Produkte bewerten, sich untereinander Geld leihen oder sogar ganz neue Produkte erfinden, die dann in der Bank sogar umgesetzt werden.

Bank und Web stehen erst am Anfang einer vielversprechenden Beziehung. Wir werden in den nächsten Jahren noch viele Modelle kommen und gehen sehen. Den Erfolg werden im schnelllebigen Internetzeitalter aber nicht die Banken haben, die permanent abwarten und meinen es gäbe einen noch besseren Zeitpunkt, ein noch besseres Modell oder die noch reichweitenstärkere Community. Jetzt auf den Zug aufspringen ist besser als übermorgen, auch wenn es dabei noch die ein oder andere Lernkurve geben wird. .

© Foto Screenshot Deutsche Bank / Facebook- www.facebook.de