Mobile Payment in Schweden: Es lebe die Kreditkarte

Jeder, der sich einmal die Mühe macht und bei Google die Begriffe „Schweden“ und „Bargeld“ eingibt, wird unweigerlich auf die Überschrift stoßen „Schweden schafft das Bargeld ab“. Was genau meinen die damit? Jeder Artikel, der dieses Thema behandelt, verläuft nach demselben Schema. Er erwähnt anfangs, dass Schweden im 17. Jahrhundert als erstes Land das Papiergeld…


Jeder, der sich einmal die Mühe macht und bei Google die Begriffe „Schweden“ und „Bargeld“ eingibt, wird unweigerlich auf die Überschrift stoßen „Schweden schafft das Bargeld ab“. Was genau meinen die damit?

Jeder Artikel, der dieses Thema behandelt, verläuft nach demselben Schema. Er erwähnt anfangs, dass Schweden im 17. Jahrhundert als erstes Land das Papiergeld einführt und nun drauf und dran ist, das Bargeld abzuschaffen. Was genau meinen die Kommentatoren damit?In Skandinavien sind Kreditkarten weiter verbreitet als sonst auf der Welt, mehr noch als in den ansonsten vielbeschworenen USA. Besonders Schweden sind in Kreditkarten vernarrt. Anders als in Deutschland kann man in Schweden jeden Betrag, sei er noch so klein, mit der Karte begleichen. Bei vielen städtischen Verkehrsbetrieben können Tickets nur mit Karte beglichen werden, Bargeld hilft hier nicht weiter. Auch bei der schwedischen Bahn kann der Reisewillige nur noch bargeldlos zahlen. 80% der Zahlungen sind bargeldlos, Tendenz weiter steigend.Einige schwedische Banken, so etwa die Swedbank, weigern sich, Bargeld auszuzahlen und entgegenzunehmen. Angeblich diene dies der Sicherheit der Bankmitarbeiter, da sie schließlich nicht mehr ausgeraubt werden. Diese Begründung muss in der öffentlichen Diskussion auch herhalten, wenn es um die zukünftige Rolle des Bargeldes geht. Der ehemalige Abba-Sänger Björn Ulvaeus lebte ein Jahr ohne Bargeld, beglich alles mit der Karte und empfiehlt diese Lebensweise auch seinen Landsleuten. Schweden habe die einmalige historische Chance, die erste bargeldlose Gesellschaft zu werden und diese Möglichkeit müsse beim Schopf gepackt werden, so Ulvaeus weiter. Eine Gesellschaft, in der es kein Bargeld mehr gebe, gebe keinen Anlass zum Raub. Schwarzgeld werde es dann auch nicht mehr geben, da die Anonymität bei Kartenzahlungen entfalle, so die Vision der Kartenliebhaber. Sogar die Polizei empfiehlt mittlerweile die Abschaffung des Bargeldes. Nur die schwedische Zentralbank äußert sich nicht über die weitreichenden Pläne so mancher ihrer Landsleute.

Ich wage mal eine Prognose: In Schweden wird es noch in 100 Jahren Bargeld geben. Gut möglich, dass Cash noch mehr an Bedeutung verlieren wird, aber es wird nicht gänzlich verschwinden. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Erstens teilen nicht alle Schweden diese Vision und zweitens ist es meines Erachtens völlig naiv zu glauben, Raubüberfälle und Schwarzarbeit hörten auf zu existieren. Nun gut, Bargeld könnte man einem Passanten nicht mehr abluchsen, aber dafür materielle Gegenstände, etwa Uhren, Handys und dergleichen mehr. Auch würde die Schwarzarbeit nicht aufhören. Ein Blick in die Geschichte lehrt uns eines Besseren. Ende der 1980er lag der gesamte damalige Ostblock wirtschaftlich am Boden. Das Geld war nichts mehr wert. Es blühte der Naturalientausch und Devisen. Warum sollte dies in Schweden anders sein? Sollte es kein Bargeld mehr geben, können Dealer oder Schwarzarbeiter entweder mit Devisen oder mit Naturalien bezahlt werden. Diese werden nicht mit Brot oder Milch bezahlt, sondern wohl eher mit höherwertigen Gütern. Auch ein Blick auf die amerikanische Prohibition ist erhellend. Damals tourten Moralapostel durchs Land und wetterten gegen den Alkohol, der Familien zerstört, Leben vernichtet, die Sitte und Moral gefährdet, die Kriminalitätsrate wachsen lässt usw. Als der 18. Verfassungszusatz den Alkohol verbot, änderte sich vieles. Nur nicht zum Guten. Die Geschichte ist bekannt. Die Kriminalitätsrate wurde beeinflusst, nur nicht so, wie die Verfechter des Alkoholverbots es hofften. Es gibt gewiss noch mehrere Gründe gegen eine Bargeldabschaffung, auch volkswirtschaftliche. Sie alle zu nennen, würde aber den Rahmen dieses Artikels sprengen.