Wie fallende Notierungen an den Börsen unser Wirtschaftswachstum beflügeln können. Willkommen 2015. Möge es für Sie dieses Jahr ausschließlich bergauf gehen. Denn bergab geht es schon woanders: Die Notierungen für einige der bedeutendsten Finanzmarktinstrumente haben ihren Abwärtstrend gleich zu Jahresbeginn mit erhöhter Geschwindigkeit fortgesetzt – für den Konjunkturausblick in der Eurozone könnte sich diese Entwicklung…


Wie fallende Notierungen an den Börsen unser Wirtschaftswachstum beflügeln können.

Willkommen 2015. Möge es für Sie dieses Jahr ausschließlich bergauf gehen. Denn bergab geht es schon woanders: Die Notierungen für einige der bedeutendsten Finanzmarktinstrumente haben ihren Abwärtstrend gleich zu Jahresbeginn mit erhöhter Geschwindigkeit fortgesetzt – für den Konjunkturausblick in der Eurozone könnte sich diese Entwicklung jedoch als Glücksfall erweisen.

Es ist fraglich, ob dem Euro zum Feiern zumute ist

Werfen wir zunächst einen Blick auf den Euro. Anfang 2015 feierte unsere Gemeinschaftswährung ihren 16. Geburtstag. In diesem Alter darf man in Deutschland eine Disco aufsuchen. Es ist allerdings fraglich, ob dem Euro derzeit zum Feiern zumute ist. Ausgedrückt in US-Dollar hat sich der Kurs des Euro während der letzten acht Monate um mehr als 15 Prozent abgeschwächt. Auffällig: Die aktuellen EUR-USD-Kurse entsprechen nahezu punktgenau den ersten Notierungen bei Gründung der Währungsunion Anfang 1999: Das erste Fixing durch die Europäische Zentralbank lag bei 1,1789, der erste Tagesschlusskurs bei glatten 1,1800. Kurse unterhalb von 1,18 in EUR-USD haben wir aber seit fast zehn Jahren nicht mehr gesehen.
Es sollte jedoch betont werden, dass die derzeitige Schwäche des Euro von den Hütern der Gemeinschaftswährung begrüßt wird. Eine schwächere Währung als Folge der zahlreichen geldpolitischen Maßnahmen steht dem Streben der Notenbank nach einer höheren Inflationsrate nicht entgegen. Allerdings zeigt sich die Schwäche des Euro bis dato vor allem gegenüber dem US Dollar sowie dem sich fast im Gleichlauf zum Dollar bewegenden chinesischen Yuan. Gegenüber anderen Währungen hat sich der Euro seit Mai letzten Jahres weit weniger abgeschwächt (zum Beispiel um rund 6 Prozent gegenüber dem britischen Pfund) oder sogar an Wert gewonnen (z.B. um etwa 9 Prozent gegenüber der Norwegischen Krone). Dennoch: Von der generellen Schwäche des Euro sollte für die Eurozone ein positiver Wachstumsimpuls in Form zunehmender Exporte ausgehen. Die amerikanische Notenbank wird im Laufe dieses Jahres voraussichtlich die Leitzinsen anheben. Gleichzeitig werden innerhalb der Europäischen Zentralbank intensiv weitere Lockerungsmaßnahmen diskutiert. Insbesondere aufgrund der unterschiedlichen geldpolitischen Entwicklungen sollten wir uns darauf einstellen, dass die seit letztem Sommer vorherrschende Abwärtstendenz des Euro gegenüber dem US-Dollar noch eine Zeit lang andauern wird. Am 8. Mai 2015 würde dieser Trend seinen 1. Geburtstag feiern.

Dem Euro folgte das Öl

Rund sechs Wochen nach dem Euro begann der Ölpreis seinen Abstieg. Seit Mitte Juni 2014 addiert sich der Preisrückgang (Brent) in Euro gerechnet auf rund 50 Prozent. Für die schwächelnde Euroland-Konjunktur entspricht der Ölpreisverfall einem grandiosen Konjunkturpaket. Das Volltanken eines mittelklassetypischen Pkw-Tanks kostet aktuell 15 bis 20 Euro weniger als noch vor einem Jahr. Autofahrer, Heizölverwender, aber natürlich auch die meisten Unternehmen profitieren ganz erheblich von der aktuellen Entwicklung. Sollte der Ölpreis bei seinem aktuellen Niveau um EUR 45-50/bl. verharren, schätzen wir die Entlastung für die deutschen Verbraucher und Unternehmen auf etwa 30 Milliarden Euro. Das entspricht rund einem Prozent der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung in Deutschland.

Auch die Rendite fällt

Steil bergab geht es seit geraumer Zeit auch mit den Renditen. Anfang 2014 lag die 10jährige Bundrendite bei knapp 2%. Die vorherrschende Erwartung war seinerzeit auf steigende Renditen ausgerichtet. Wie wir mittlerweile wissen, kam es anders: Vom 1. Januar bis zum 31. Dezember ging es um insgesamt fast 150 Basispunkte nach unten, Anfang des Jahres wurde bei 0,423% ein neues Allzeittief markiert. Wer zu Beginn 2014 in ein ausgewogenes Portfolio aus Bundesanleihen investiert hat, erwirtschaftete über das Jahr trotz des niedrigen Renditeniveaus einen Ertrag von rund 10 Prozent. Wer seinen Fokus auf Papiere mit Laufzeiten von mindestens 10 Jahren gelegt hat, ging sogar mit einem Ertrag von mehr als 26 Prozent nach Hause. Um in diesem Jahr auf ähnliche Erträge zu kommen, müssten wir einen Rückgang der 10jährigen Bundesrendite auf etwa minus 1,00% unterstellen. Bei allem Respekt vor den immer wieder unerwarteten Entwicklungen an den Finanzmärkten – das wird wohl nicht eintreten!

Trendwende nicht in Sicht

Im Gegensatz zum Kapitalmarkt geht es am Geldmarkt in der Eurozone kaum noch weiter nach unten. Hier sind wir quasi bereits unten angekommen. Der maßgebliche 3-Monats Euribor-Satz steht seit fast drei Jahren im „Nullzinsbereich“ unterhalb von 1%. Zu Jahresbeginn ist er noch mal ein Stückchen gefallen, auf jetzt 0,07%. Eine häufig gestellt Frage lautet: Wann werden die Geldmarktzinsen wieder steigen? Wann werden wir die Welt der Nullzinsen hinter uns gelassen haben? Dieser Moment liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einige Jahre in der Zukunft. Der Markt verweist gar auf das nächste Jahrzehnt: Aus den Future-Kontrakten lässt sich ableiten, dass der 3-Monats Euribor erst Anfang 2022 wieder oberhalb von einem Prozent stehen könnte.

Weniger ist manchmal mehr

Für die Konjunkturentwicklung in der Eurozone dürften jedoch weniger die ultraniedrigen Zinsen am Geldmarkt oder in Deutschland als vielmehr die Zinsentwicklungen in einigen anderen Mitgliedsländern von Bedeutung sein. Mittlerweile folgen nämlich auch in Südeuropa die Kreditzinsen für Unternehmen dem allgemeinen Trend nach unten. Gleichzeitig beobachten wir eine allmähliche Lockerung der Vergabestandards im Kreditgewerbe. Diese Entwicklung sollte die erwartete konjunkturelle Erholung in der Eurozone zumindest stützen.
Ein fallender Euro, ein fallender Ölpreis und fallende Zinsen – es sind diese Rückgänge, auf welche ein Großteil der Wachstumshoffnungen für das Jahr 2015 ruhen.
Zunächst gilt es aber erst einmal, die sich zu Jahresbeginn türmenden Unsicherheitsfaktoren zu verarbeiten, als da wären: Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, Währungspolitik der Schweizer Notenbank, Parlamentswahl in Griechenland, Präsidentenwahl in Italien, Russlandkrise, Ölpreiskollaps…. Willkommen im neuen Jahr 2015!