Lösegeld und G20

Schwach: Bundsanleihen werden den Vorgaben aus den USA entsprechend heute nach unten tendieren Schwächer: EUR-USD verliert in weniger als einer Woche fünf Stellen Am Schwächsten: Nur EZB-Käufe bewahren portugiesische und irische Anleihen vor dem Totalabsturz   Im Sommer – fleißige Leser werden sich erinnern – wurde ich ja mehrfach mit Millionensummen bedacht. Einmal waren es…



  • Schwach: Bundsanleihen werden den Vorgaben aus den USA entsprechend heute nach unten tendieren
  • Schwächer: EUR-USD verliert in weniger als einer Woche fünf Stellen
  • Am Schwächsten: Nur EZB-Käufe bewahren portugiesische und irische Anleihen vor dem Totalabsturz
 
Im Sommer – fleißige Leser werden sich erinnern – wurde ich ja mehrfach mit Millionensummen bedacht. Einmal waren es 600.000 Euro aus einem Online-Glückspiel, einmal 10 Mio. Dollar aus Gabun und schließlich 12 Mio. Dollar aus der Republik Ghana Army. Leider sind die Moppen nie bei mir angekommen – und jetzt habe ich den Ärger: Das spanische Hochkommissariat ermittelt gegen mich und andere „malaysische Staatsangehurige“ wegen Betrug. Ich werde gewarnt, „nicht zu kommunizieren oder duplizieren Sie diese Nachricht an ihn aus irgendeinem Grund als Spanien Geheimdienst ist bereits auf der anderen Spur Kriminelle.“ Ich solle „es geheim halten, bis sie alle festgenommen.“ Letztendlich ist nicht ganz klar, ob ich in diesem internationalen Strafverfahren als Zeuge („nicht duplizieren“) oder als Verdächtiger („bis sie alle festgenommen“) involviert bin. Sollte ich also zu meinen heutigen Geschäftsterminen nicht erscheinen, bitte ich die jeweiligen Veranstalter, sich bei Interpol oder gleich beim „spanischen Hochkommissariat“ nach meinem Wohlergehen zu erkundigen.

Etwaige Lösegeldforderungen sind jedoch vorab mit den Vertretern der G20 abzustimmen. Nicht, dass nachher die UniCredit an irgendeine „malaysische Staatsangehurige“ 100 Milliarden Dollar Lösegeld entrichtet, die deutsche Leistungsbilanz dadurch ins Minus rutscht („sonstige Übertragungen“) und Merkel, Schäuble & Brüderle sich beim G20-Gipfel in Seoul mit Defizitländern wie den USA in einer Ecke wiederfinden. Denn, wie uns Angela Merkel heute ins Lastenheft schreibt: „Leistungsbilanzen sind Leistungszeugnisse“. Deutschlands Überschüsse untermauern die „Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte“. Es ist einigermaßen bemerkenswert, dass unsere Bundeskanzlerin sich unmittelbar vor einem so wichtigen G20-Treffen mit einem Exklusiv-Interview in der Welt ausführlich zu Wort meldet. Darin lobt Frau Merkel die Zusammenarbeit innerhalb der G20 als „eine Erfolgsgeschichte“. Daher sei sie zuversichtlich, dass die Diskussion über angemessene Wechselkurse „sachlich und im Geist der Zusammenarbeit“ geführt werde.

Nicht nur Frau Merkel, auch Herr Schäuble fühlte sich bemüßigt, seine Positionen in einem extra-langen Interview mit dem Spiegel darzulegen. Sachlich zwar, aber nicht zwingend „im Geist der Zusammenarbeit“ kritisiert Schäuble darin die jüngsten Maßnahmen der US Notenbank zur Ankurbelung der amerikanischen Wirtschaft. Außerdem stellt Schäuble Grundzüge eines zweistufigen Restrukturierungsplans für europäische Staatsschuldner dar: In einer ersten Stufe könnte die Laufzeiten solcher Anleihen verlängert werden, die während der Dauer eines EU Spar- und Sanierungsprogramms fällig werden. Erst in einem zweiten Schritt müssten Privatgläubiger dann einen Abschlag auf ihre Anleihebestände hinnehmen. Entsprechende Regelungen würden allerdings nicht für Altschulden, sondern nur für nach Inkrafttreten des Mechanismus emittierte Neuschulden gelten. Am Staatsanleihemarkt entstünde dadurch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Zusammen mit bevorzugt zu bedienenden IWF-Krediten hätten wir dann plötzlich Super Senior Debt (IWF), Senior Debt (alte Anleihen) und Subordinated Debt (neue Anleihen). Da schlag ich doch vor, wir sammeln alle neue Anleihen in einem CDO, tranchieren diese in ein Triple-A, ein Single-A und ein Single-B-Paket und verkaufen letzteres an unsere Brüderle in den USA. The Revenge of the Leistungsbilanzüberschüssler!

Sind es die Pläne für Staatskonkurse in der EWU, oder sind es die sich täglich auf neue Rekordniveaus ausweitenden Risikoaufschläge für irische und portugiesische Anleihen – ganz klar ist das nicht, aber Tatsache ist, dass der Euro seit einigen Tagen mächtig unter die Räder gekommen ist. Nicht weniger als fünf Stellen (von 1,4280 auf 1,3780) hat die Einheitswährung gegenüber dem US Dollar seit letzten Donnerstag abgegeben. Zur Schwäche des Euro werden sich heute auch die Bundesanleihen gesellen: Die US Treasury-Renditen stiegen gestern einigermaßen unvermittelt um mehr als 10 Basispunkte an. In einem Marktkommentar aus New York heißt es, dass selbst erfahrene Händler diese Kursbewegung nicht wirklich erklären können. Es hat ganz den Anschein, als hätten die Märkte zwischen QE2 und G20 vollkommen ihre Orientierung verloren. Und nicht nur die Händler stochern im Nebel, auch die Analysten wirken einigermaßen überfordert. Wobei letztere wenigstens ein Alibi haben: Wie soll man sich auf die Märkte konzentrieren, wenn man sich von malaysischen Staatsangehurigen verfolgt fühlt…

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Dies ist ein humoristischer Marktkommentar und keine Anlageberatung. Die Einschätzungen des Autors beruhen auf Informationen, die auf öffentlich zugänglichen, als verlässlich eingeschätzten Informationsquellen basieren. Weitere Informationen finden Sie im Disclaimer.
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Kornelius Purps
Fixed Income Strategist
Director
MRE4FI
UniCredit Research

kornelius.purps@unicreditgroup.de

Kornelius Purps Corporate & Investment Banking
UniCredit Bank AG

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