Was nicht passt, wird passend gemacht!

Abwertungswettlauf: Wenn jeder sich selbst hilft, ist allen geholfen, oder wie? Aufwertungsrennen: Anleger pfeifen auf die Schuldenkrise und treiben EUR-USD in Richtung 1,40 Bewertungsspielraum: Trichet sorgt sich (noch) nicht um den starken Euro, sondern um schwache Banken   Im Frauenfußball enden die Spiele gerne mal mit 7:0 oder 10:1. Käme irgendjemand deshalb auf die Idee,…



  • Abwertungswettlauf: Wenn jeder sich selbst hilft, ist allen geholfen, oder wie?
  • Aufwertungsrennen: Anleger pfeifen auf die Schuldenkrise und treiben EUR-USD in Richtung 1,40
  • Bewertungsspielraum: Trichet sorgt sich (noch) nicht um den starken Euro, sondern um schwache Banken
 
Im Frauenfußball enden die Spiele gerne mal mit 7:0 oder 10:1. Käme irgendjemand deshalb auf die Idee, die Tore zu verkleinern, um dem Spiel die Attraktivität zu nehmen? Im Basketball der Damen kursieren solche Gedanken, nur in die umgekehrte Richtung: Um die Attraktivität des Spiels zu erhöhen, erwägt der Weltverband, die Körbe niedriger anzubringen. Aufwertung des Spiels durch Abwertung der Körbe sozusagen. Offensichtlich ist dort zuletzt ein Spiel 0:0 ausgegangen. Alternativ wurden größere Körbe oder der Einsatz kleinerer Bälle erwogen…

Was nicht passt, wird passend gemacht. Und schon stehen hunderte Ritter von Hornbach bereit, alsbald in Millionen von Sporthallen höhenvariable Körbe anzubringen. So einfach verabschiedet man ein Konjunkturprogramm. Leider kostet das Geld. Geld, welches die Staaten nicht mehr haben. Also bleiben die Konjunkturprogramme in der Schublade und die Körbe hoch. (Oder können Sie sich vorstellen, dass Frau Merkel nach Brüssel telegraphiert: „Sorry, mit den 3%, das schaffen wir heuer nicht. Sie wissen schon, von wegen die Körbe…“?) Stattdessen setzt sich international ein neuer Trend durch: Der Anruf bei der Zentralbank: „Drückt mal unsere Währung!“

Die Zentralbank schmeißt ihre Druckmaschinen an und kauft davon Dollars. Und schon sind wir mittendrin im Kuddelmuddel: Wann hört Konjunkturpolitik auf und wo fängt Geldpolitik an? Wann sind Interventionen am Devisenmarkt ein Mittel, um geldpolitische Ziele zu verfolgen? Und wann sind geldpolitische Maßnahmen (Stichwort Quantitative Easing) ein Instrument, um währungspolitische Ziele zu verfolgen? Was auch immer die Zentralbanken dieser Tage unternehmen, die offiziellen Begründungen orientieren sich stets an hehren Zielen: Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen, Abwehr deflationärer Gefahren. Nur ernten die Chefbanker damit auf internationalem Parkett herzlich wenig Applaus. Selbst die meistgelesene Zeitung Deutschlands fragt bereits ebenso ängstlich wie sensationserheischend: „Droht jetzt der Welt ein Krieg der Währungen?

Jean-Claude Trichet von der EZB wird sich hinsichtlich der Währungsdebatte bei der heutigen turnusmäßigen Pressekonferenz wohl wieder diplomatisch korrekt und bedeckt halten.Erst wenn die Wechselkursschwankungen „brutale“ (Trichet) Züge annehmen, wird sich der Notenbankchef diesbezüglich zu Wort melden. Heute dominieren andere Themen: Wie reagiert die EZB auf das Wachstums- und Inflationsgefälle innerhalb der Eurozone? Und: Wie bewertet man einen Interbankenmarkt, der insgesamt betrachtet zwar ganz nett funktioniert, an der Peripherie jedoch ausfranst. Wiederholt hat die EZB davor gewarnt, die hohe Abhängigkeit vieler Geschäftsbanken in einigen Ländern vom Finanzierungstropf der Zentralbank zu einem Dauerzustand werden zu lassen. Verglichen mit anderen Pressekonferenzen dürfte die heutige jedoch verblassen – wer nichts zu Währungen sagen will, erntet ähnlich viel Aufmerksamkeit wie ein Frauen-Basketballspiel der Zweiten Bundesliga Süd.

Im geldpolitischen Rat der Bank of England hingegen dürften Währungsthemen heute sehr wohl diskutiert werden. Nur: Erfahren werden wir davon nichts. Eine Ausweitung des britischen Quant Easing Programms halten wir zu diesem Zeitpunkt für sehr unwahrscheinlich. Ärgerlich für die BoE: Als Reaktion dürfte sich das Pfund befestigen…

Von dem globalen Abwertungswettlaufscharmützel überdeckt, haben die Marktteilnehmer derweil beschlossen, die Schuldenkrise in Europa zu ignorieren: Moody’s prüft eine Abwertung Irlands – ja mei. Fitch schafft Fakten und wertet Irland von A+ auf AA- (negativer Ausblick!) ab – so so. Griechenlands Schuldendaten der vergangenen Jahre werden erneut nach oben revidiert – ja ja. Moody’s sieht Aussichten für eine Aufwertung Griechenlands – jeck? Den Euro kann das alles nicht schocken. Technisch anspruchsvolle Kurswiderstände nutzt EUR-USD als Sprungbrett für weitere Höhenflüge (aktuell: 1,3940). Am Abend beginnt in den USA mit Alcoa die Quartalsberichtssaison. Egal ob die sich gut oder schlecht anlässt – der Euro wird wahrscheinlich sowieso profitieren. Damit wir das morgen dann auch mit attraktiven Argumenten erklären können, ändern wir notfalls sogar unsere Analyseregeln…

—-
Dies ist ein humoristischer Marktkommentar und keine Anlageberatung. Die Einschätzungen des Autors beruhen auf Informationen, die auf öffentlich zugänglichen, als verlässlich eingeschätzten Informationsquellen basieren. Weitere Informationen finden Sie im Disclaimer.
—-

Kornelius Purps
Fixed Income Strategist
Director
MRE4FI
UniCredit Research

kornelius.purps@unicreditgroup.de

Kornelius Purps Corporate & Investment Banking
UniCredit Bank AG

www.unicreditgroup.eu

 

© Foto by Andrew Rich – www.istockphoto.com
© Foto Purps und Logo UniCredit Bank by UniCredit Bank AG