Ein Bekenntnis für die Umwelt und das Klima

Kommunikationsexperte Florian Koss über die Klimaselbstverpflichtung des deutschen Finanzsektors, über Hebelwirkung und CO2-Fußabdrücke sowie die Gefahr, dass Selbstverpflichtungen, wenn sie wenig ambitioniert sind, Kritik auf sich ziehen und Reputationsrisiken schaffen.


Selbstverpflichtung Klima

Um die Klimakrise zu stoppen, braucht es eine umfassende wirtschaftliche Transformation. Es ist Aufgabe des Finanzsektors, von Banken und Investoren, diesen Wandel als Mittler zu begleiten. Mehr und mehr Finanzakteure weltweit werden sich dieser Rolle auch bewusst und achten zunehmend auf Nachhaltigkeitskriterien. Ein wichtiges Signal des deutschen Finanzsektors erfolgte Ende Juni 2020, als 16 Finanzinstitute mit Aktiva von mehr als 5,5 Billionen Euro und über 46 Millionen Kunden in Deutschland eine Klimaselbstverpflichtung unterzeichneten.

Anders als im Produzierenden Gewerbe oder der Energiewirtschaft haben Finanzinstitute zwar nur geringe direkte Treibhausgas-Emissionen zu verantworten, aber umso höhere indirekte Emissionen. Konkret bedeutet dies, dass die sogenannten Scope-1- und Scope-2-Emissionen aus dem laufenden Geschäftsbetrieb, also etwa Reiseaktivitäten, Heizungen, Energieverbrauch, vergleichsweise gering sind. Der große Hebel und die Wirkung liegen im Scope 3, also in den Investitionen und der Kreditvergabe. Mit ihnen kann auch gesteuert, in welche Sektoren und Branchen Gelder fließen und damit Einfluss genommen werden.

Klima: Verpflichtung mit Hebelwirkung

Diese Hebelwirkung ist auch der zentrale Kern der Klimaselbstverpflichtung: Denn jeder Unterzeichner verpflichtet sich bis Ende 2022, gegenseitig akzeptierte Methoden zur Messung der Klimaauswirkungen seiner Kredit- und Investmentportfolien zu entwickeln und einzuführen sowie diese dann im Einklang mit den nationalen und internationalen Klimazielen zu steuern.

Nicht nur aus Risikogesichtspunkten und Eigeninteresse müssen Banken künftig viel stärker auf Risiken für Nachhaltigkeit und Klima achten und ihre Kunden bei der Transformation hin zu einer emissionsarmen und klimaresilienten Wirtschaft begleiten. Durch die aktive Begleitung des Umbaus werden gleichzeitig Wettbewerbs- und Widerstandsfähigkeit der finanzierten Unternehmen gestärkt sowie Nachhaltigkeits- und Ausfallrisiken bei den Banken reduziert.

Der Impuls für diese Selbstverpflichtung erfolgte zeitgleich von zwei Seiten: über eine Banken-Arbeitsgruppe des WWF (World Wide Fund For Nature) und aus einer von der Triodos Bank initiierten Gruppe von Finanzinstituten. Die Triodos Bank wirkte bereits bei der Entstehung der niederländischen und spanischen Klimaselbstverpflichtungen sowie bei der Entwicklung der „UN Principles for Responsible Banking“ (UNEP FI) mit.

In den Niederlanden hat als Folge dieser Vereinbarung im Jahr 2019 fast der gesamte Finanzsektor mit Maßnahmen begonnen, um die CO2-Fußabdrücke seiner Investments und Kreditvergaben zu messen. Die Selbstverpflichtung steht allen Finanzakteuren zur Übernahme und Unterzeichnung offen. Denn ihr Ziel war es, eine möglichst breite Beteiligung von Akteuren aus unterschiedlichen Sektoren zu erreichen, um den gesamten Finanzplatz abzubilden. Dies ist gelungen: Zu den Unterzeichnern zählen bereits Vorsorgeeinrichtungen und eine Versicherung.

Messung des Klimaabdrucks

Die Selbstverpflichtung ist ambitioniert: Alle Akteure verpflichten sich, bis Ende 2022 Methoden zur Messung ihres Klimaabdrucks einzuführen und sich anhand des damit ermittelten Status wissenschaftsbasierte Ziele für die nächsten Jahre zu setzen. Die Umsetzung soll spätestens 2023 erfolgen. Die Startvoraussetzungen für die Unterzeichner sind dabei sehr unterschiedlich: Einige Institute veröffentlichen bereits den CO2-Fußabdruck für ihre Aktiva oder Teile der Aktivitäten. Andere Akteure haben sich entschieden, erst einmal nicht zu unterzeichnen, solange sie sich nicht sicher sind, dass sie die Anforderungen bis Ende 2022 auch wirklich erfüllen können. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht trotzdem an dem Thema arbeiten.

Nach der Veröffentlichung gab es Rückmeldungen, dass eine solche Selbstverpflichtung regulatorische Vorgaben nicht ersetzen sollte. Dies ist auch nicht die Intention der Initiative – ganz im Gegenteil. Durch die Selbstverpflichtung beschäftigen sich die Unterzeichner bereits mit verschiedenen Themen aus geplanten Gesetzesvorhaben der EU und bereiten sich darauf vor. Es wird schon heute damit begonnen, langwierige Prozesse anzustoßen und möglichst schnell dringend benötigte Aktivitäten für mehr Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft
voranzubringen.

Glaubhafte und ambitionierte Ziele

Wichtig ist natürlich, dass es glaubhafte und ambitionierte Ziele gibt, die wissenschaftsbasiert sein müssen. Schade ist vor diesem Hintergrund, dass die Selbstverpflichtung des Sparkassensektors ein niedrigeres Ambitionsniveau hat. Wenn Selbstverpflichtungen wenig ambitioniert sind, ziehen sie Kritik auf sich und schaffen Reputationsrisiken. Dabei wäre ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen des gesamten Sektors wichtig, um die mögliche Wirkung auf Wirtschaft und Gesellschaft für mehr Klimaschutz optimal zu nutzen.

Ein Bestandteil der Selbstverpflichtung ist der gemeinsame Austausch zu Themen wie der Erhebung von Emissionsdaten und der Auswahl von Methodiken. Es gibt bereits bestehende Herangehensweisen, wie PCAF und PACTA, mit denen die einzelnen Häuser starten können, ohne eigene Systematiken entwickeln zu müssen. Eine Zusammenarbeit erleichtert es den Unterzeichnern, die Vorgaben auch einzuhalten. Beispielhaft sei hier die Initiative des Vereins für Umweltmanagement und Nachhaltigkeit in Finanzinstituten (VfU) genannt, der eine Regionalgruppe DACH für PCAF gegründet hat. In ihr arbeiten interessierte Institute gemeinsam an der Einführung der Methode des Carbon Accounting und können sich austauschen. Es ist damit zu rechnen, dass es weiteren Häusern so erleichtert wird, dem Abkommen ebenfalls beizutreten.

Die Selbstverpflichtung
Nachhaltigkeit ist im Finanzsektor angekommen. Das zeigt die 2020 ins Leben gerufene Klimaschutz-Selbstverpflichtung. Weitere Infos zum Thema gibt es unter: klima-selbstverpflichtung-finanzsektor.de/. Dort zu finden ist im Wortlaut auch die „Selbstverpflichtung des deutschen Finanzsektors zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens“. Zu den Erstunterzeichnern gehören neben der Triodos Bank unter anderem die Commerzbank, die Deutsche Bank, die GLS Bank, die ING, die HypoVereinsbank, die LBBW und die Steyler Ethik Bank.

 

Tipp: Sie möchten mehr zum Thema Nachhaltigkeit? Dann erfahren Sie hier, was passiert wenn die Bank grüner wird oder hier, wieso Banken Nachhaltigkeit aktiv annehmen sollten.