The bear is growling!

In den Medien hört man oft, dass man sich bei einem Kursrutsch besser nicht panisch von seinen Aktien trennen sollte. Im Grunde ist diese Aussage richtig, doch die Charttechnik funkt schon seit August 2015 „SOS“.


garanga via istockphoto.de

Dieselben Medien, welche vor einem Verkauf der Aktien warnten, schrieben leider nicht, dass man sich im April/Mai 2015 besser „entspannt“ von seinen Aktien hätte trennen sollen. Hätten Sie es mal besser gemacht wie der berühmte Held Odysseus: Einfach an den Mast fesseln lassen, um nicht auf die „Kauftaste“ zu fallen. Dann wären Sie dem Sirenengesang entkommen, der zu dieser Zeit rauf und runter gebetet wurde: „Aktien sind alternativlos“ – völliger Quatsch, denn es gibt immer eine Alternative. Auch die Textpassage „Dividenden sind die neuen Zinsen“ ist sehr interessant. Ob man bei einem Abschlusstest hier die volle Punktzahl bekommen hätte? Vermutlich nicht. So bleibt zu Letzt noch das ewige Stoßgebet: „Der Draghi wird‘s schon richten, mit Draghi wird es gut!“

Mehr vom schlechten Kuchen backen

Am Ende des Tages bekamen allerdings Firmen Geld, welche es besser nicht bekommen hätten. Banken zocken weiterhin an den Märkten und die Unternehmensgewinne treten den Rückzug an – dabei lautet doch die Notenbankdevise: „Never surrender!“ (Niemals kapitulieren!). Doch die Aktienmärkte erkannten die mögliche Alternative und nutzten sie. Statt eines immerwährenden Kursanstiegs setzte es weltweit kräftige Kursverluste. Die Lösung erscheint alternativlos: Es muss noch weiteres Notenbankgeld in die Märkte gepumpt werden. Getreu dem Motto: dem Kunden schmeckt der Kuchen nicht, bitte nicht das Rezept ändern, sondern einfach noch viel mehr von dem schlechten Kuchen backen!

Kein Aufschwung der Wirtschaft ausgelöst

Weder in den USA, noch in Japan oder in Europa haben diese „segenbringenden“ Programme endlich einen gigantischen Wirtschaftsaufschwung ausgelöst. Die massiven Krisen wurden 2009 gebremst und an den Aktienmärkten die damaligen Abstürze teilweise wieder aufgeholt. Insgesamt wurde die „geschenkte“ Zeit allerdings nicht genutzt, um bestehende Wirtschaftsstrukturen anzupassen und bestehende Risiken zu reduzieren. Diese wurden erstens lediglich von A nach B verschoben, um dann zweitens frische Risiken z. Bsp. im HighYield Bereich oder in den Schwellenländern zu nutzen. Die operativen Gewinne sind bei den meisten Firmen seit 2012 sehr bescheiden ausgefallen und werden lediglich durch massive Aktienrückkäufe aufgebläht. Hier wurde in den letzten 24 Monaten auch sehr viel Geld der Aktionäre verbrannt (siehe z.Bsp. Caterpillar, IBM oder Wal Mart). Die Vorstände lassen sich für diese Programme ordentlich feiern, aber der Markt „bedankte“ sich leider nur mit weiteren teilweise massiven Preisabschlägen. Die eine oder andere Firma wäre jetzt komplett schuldenfrei, wenn man diese reduziert hätte statt der Aktienrückkäufe. Oder eine Sonderausschüttung als Alternative (da ist eine!) für den Aktionär. Aber dann profitieren die Vorstände natürlich deutlich weniger von den Optionsprogrammen, um die es eigentlich bei den Rückkäufen geht: „Stupid is as stupid does.“

Wie geht es nun an den Aktienmärkten weiter – denn von der Vergangenheit können wir ja bekanntlich nicht leben, die Zukunft bietet uns immer neue Alternativen. Mein 8-jähriger Sohn sollte sich die Charts unserer 36 Märkte bei McBISS.de anschauen und blaue Pfeile für Aufwärts und rote Pfeile für Abwärts in die Charts malen, wenn er erkennt, wohin die Charts weisen. Wie Sie sich sicherlich vorstellen können, sind uns am Wochenende die roten Stifte ausgegangen und teuer war unser Hausanalyst auch nicht wirklich. Da sollte sich mancher überbezahlte Analyst in Frankfurt, London oder New York ein Beispiel nehmen, wenn mal wieder der Boden ausgerufen wird!

Diese neutrale Analyse ergibt also schon mal, dass es momentan keine stabilen Aufwärtstrends in unserem Universum gibt und man sich also besser der Devise widmet: Cash is King.

Erleben wir eine weltweite „Gewinnstagnation“?

Kommen wir nun also zur fundamentalen Betrachtung, die wie immer sehr subjektiv ausfällt. Der Aktienmarkt sei aus historischer Sicht viel zu günstig und ein KGV von weniger als 20 oder 15 ist doch wirklich unschlagbar, oder? Kann sein, muss es aber nicht! Nehmen wir mal Linde – wir ordnen dieses Unternehmen als Schlüsselunternehmen ein, da sehr viel Gas an Industriebranchen geliefert wird. Dort scheint es eben aber gar nicht mehr gut zu laufen und Linde nahm die Kapitalrendite, Umsatz- und Gewinnziele zurück.

Dies dürften wir bei anderen Firmen vermutlich auch erleben. Sind dann KGVs von weniger als 15 wirklich günstig, wenn Firmen mit Gewinnrückgängen oder einer Stagnation zu kämpfen haben? Auch die Margen sind bzw. waren auf historischen Spitzenständen und bröckeln jetzt tendenziell auch eher ab (siehe etwa Apple). Man wird in den kommenden Monaten saubere Datenbanken benötigen. Dazu einen guten Riecher für wirklich interessante Kaufgelegenheiten. Welche Firmen werden hier langfristig profitieren und welche werden weiterhin mit Problemen und Kursabschlägen kämpfen?

Fasten your seat belts and keep your helmets on!

Ohne ein fundamentales Grundgerüst ist die Gefahr sehr groß, in eine Value-Falle zu tappen. In wachstumsschwachen Zeiten wurde in der Vergangenheit einem Aktienmarkt teilweise ein deutlich geringeres KGV zugebilligt (sieben und weniger!). Durch die seit Jahrzehnten fallenden Zinsen wurde das Bewertungsniveau allerdings deutlich nach oben angepasst. Wenn Ihre Daten nun zu dem Schluss kommen, dass die von Ihnen betrachteten Unternehmen zu alter Stärke zurückfinden (oder immer noch stark sind!), könnten die Kursabschläge eine Kaufgelegenheit darstellen.

Da es in den Medien bis 2015 keine größeren Warnungen gab und die DAX Kursziele bzw. die Schlagzeilen in den Finanzblättern einheitlich über 13.000 lagen, sollte man davon ausgehen, dass es bei den meisten Analysten noch gar keine Anpassung an eine mögliche raue Zukunft gab! In diesem Fall kommen natürlich alle Modelle zu einem ähnlichen Ergebnis und kaufen in die Kursschwäche hinein. Wie sieht es aber nun aus, wenn man erstens kein Gewinnwachstum unterstellt und zweitens mal 10 bis 30 Prozent Gewinnreduktion in die Datenbanken einbaut?! Die Ergebnisse dürften einige erschrecken lassen.

In den USA sehen wir schon sehr lange eine aufgehende Schere zwischen den Aktienkursen und den veröffentlichten operativen Gewinnen. Die sehr hohen Bewertungen sind also ein klein wenig in den Kursen angepasst worden. Mehr ist eigentlich nicht passiert. Wenn man aber vermutet, dass die Gewinne im besten Fall stagnieren werden,  sollte es dann nicht weitere Anpassungen in den Kursen geben? Es müssen ja nicht sofort die Niveaus aus 2009 sein, aber sind denn 1.550 / 1.300 Punkte im S&P500 völlig abwegig? Das KGV würde je nach Berechnungsgrundlage auf unter 13 fallen und den neuen Realitäten entsprechen. Im DAX wären dies dann Kurse im Bereich von ca. 7.250 oder auch 8.150, also deutlich unter den aktuellen „Schnäppchenkursen“ und zu Zeiten der Sirenengesänge sowieso.
Das alte Fazit ist auch das neue: Fasten your seat belts and keep your helmets on!