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Fantastische Bauwerke und wo sie zu finden sind

Jeder hat sie schon einmal gesehen. Jeder hat die meisten von ihnen schon einmal angefasst. Jeder besitzt sie gerne. Und doch ist auf ihnen etwas abgebildet, was es in Wahrheit gar nicht gibt. Denn die Euro-Banknoten zeigen nur fiktive Architektur.


Grafik Fun Fact Gebäude auf den Euro-Banknoten
Schön sehen die Bauwerke auf den Noten aus, doch real sind sie nicht – ein Österreicher hat sie sich ausgedacht.

Stattliche Fenster, majestätische Tore, imposante Brücken. Manch einer mag sich fragen: Wo stehen diese Bauwerke? Wer sich aber denkt: Die würde ich gerne einmal besichtigen, der kann lange umherwandern – denn die Architektur auf den Euro-Banknoten gibt es gar nicht. Alles entspringt der Fantasie.

Schade eigentlich, doch der Grund dafür ist nachvollziehbar: In der EU sollte durch die schöne neue Währung kein Streit entfacht werden. Niemand sollte sich – bauwerksmäßig – benachteiligt fühlen.

Nach einem harten Wettbewerb konnte sich das Design des Österreichers Robert Kalina für die Scheine durchsetzen. Seine Entwürfe entsprachen den spezifischen Vorgaben und wurden Ende 1996 von einem Expertengremium zu den beiden (vorher ausgewählten) Themen „Zeitalter und Stile in Europa“ und „Abstraktes und modernes Design“ unter die Top 5 gewählt. Dann fand eine Bürgerbefragung statt, die er offenbar für sich entschied.

Euro-Banknoten für ein harmonisches Europa

So konnte der damalige EZB-Präsident, Wim Duisenberg, am 30. August 2001 das Gewand der Euro-Banknoten präsentieren. Warum sich Kalinas Schein-Ideen durchgesetzt haben? Weil sie die „historische Entwicklung in den Bereichen Technik, Kunst und Kommunikation in einer harmonischen Darstellung“ vereinen, sie „stehen stellvertretend für den Beginn eines neuen Europa mit einem gemeinsamen kulturellen Erbe“ und sie zeigen die „Vision einer gemeinsamen Zukunft im neuen Jahrtausend“, so die Jury vom Europäischen Währungsinstitut.

In der ersten Banknotenserie gab es noch sieben verschiedene Scheine. Durch den Wegfall des großen 500ers 2019 sind in der zweiten Serie, auch „Europa-Serie“ genannt, nur noch sechs Scheine gedruckt worden. Die neue Gestaltung übernahm Reinhold Gerstetter. Er ist – man glaubt kaum, dass es so etwas gibt – unabhängiger Banknoten-Designer aus Berlin.

Alle Scheine, egal ob in der alten oder der neuen Auflage, zeigen auf ihrer Vorderseite Tore und Fenster und auf ihrer Rückseite Brücken. So sollen Offenheit, Zusammenarbeit und Verbundenheit zwischen den europäischen Völkern zum Ausdruck gebracht werden – und Tore, Fenster und Brücken gibt es schließlich überall. Kein Land hat also Grund zur Beschwerde und das sorgt für Harmonie.

Europas Kunstgeschichte in Scheinen

Die fiktiven Gebäude auf den Euro-Banknoten symbolisieren jeweils verschiedene kunstgeschichtliche Epochen. Angefangen von der griechischen und römischen Antike bis hin zur modernen Architektur des 20. Jahrhunderts (ehemaliger 500-Euro-Schein). In der „Europa-Serie“ endet Europas Architekturgeschichte entsprechend mit den Eisen- und Glasbauten der Industriellen Revolution (200-Euro-Schein).

Vorsichtshalber sind die Scheine alle auch farblich und in der Größe unterschiedlich – Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Dank verschiedener neuer Sicherheitsmerkmale hoffentlich auch fälschungssicher. Also immer dran denken: Nur echt mit Unterschrift von Willem F. Duisenberg, Jean-Claude Trichet oder Mario Draghi. Neuerdings auch mit weiblicher Note von Christine Lagarde, die am 1. November 2019 den Posten der EZB-Präsidentin antrat und am 27. November 2019 symbolisch einen übergroßen 20-Euro-Schein signierte.

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