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Kann eine Münze anrüchig sein? Der Streit um die Goldvreneli

Jeder Schweizer kennt sie. Geprägt wurde sie von 1897 bis 1949. In dieser Zeit wurden 58,6 Millionen Exemplare von ihr hergestellt. Das ist die Geschichte der „Skandalmünze“ Goldvreneli.


Grafik Daily Kopf oder Zahl, es gibt 58,6 Millionen Exemplare der Goldvreneli, der bekanntesten Münze der Schweiz

Auf der Vorderseite eine Frauenbüste mit geflochtenem Zopf, ihr Blick nach links gerichtet und ihr Kleid mit Edelweißen bestickt. Hinter ihr sind Berge zu sehen. Oben ist „HELVETIA“ zu lesen. Auf der Rückseite steht 20 FR für Franken, dazwischen sieht man das Schweizer Wappen, umringt von Eichenzweigen. Unten sind die Jahreszahl und das Münzzeichen „B“ für Bern vermerkt. So lässt sich die sicherlich bekannteste und wahrscheinlich auch beliebteste Schweizer Goldmünze beschreiben: das 20-Franken-Goldvreneli.

Erstmals geprägt wurde die Münze im April 1897. Sie besteht zu 90 Prozent aus Gold und zu 10 Prozent aus Kupfer. Ihr Einzelgewicht beträgt 6,452 Gramm. „Vreneli“ ist die Verkleinerungsform des Vornamens Verena, der Name bezieht sich auf die Frauenfigur auf der Vorderseite – und genau sie war das Problem. Aber der Reihe nach.

Neue Münzen braucht das Land

1895 entschied der Schweizer Bundesrat, dass das 20-Franken-Stück eine optische Auffrischung gebrauchen könnte. Zuvor waren die „Helvetia“-Goldmünzen im Umlauf. Die Helvetia ist eine Frauenfigur, die als Allegorie für die Schweiz dient.

Bei den Helvetia-Münzen handelt es sich um 20-Franken-Goldmünzen, die zwischen 1883 und 1896 geprägt wurden. Sie tragen das Bild der Libertas, der Freiheit, in weiblicher Gestalt. Auf oberster Ebene war man der Ansicht, dass die Frauenfigur „nicht genug Würde“ ausstrahlte.

Daher wurde im eidgenössischen Finanzdepartement vereinbart, dass die neue Münze ein nationales Motiv tragen sollte, also eine allegorische oder historisch-symbolische Darstellung, die die Schweiz angemessen verkörpert.

Der letztendlich geprägte Entwurf für die Goldvreneli stammt vom Medailleur Fritz-Ulysse Landry. Doch der Künstler reichte zunächst andere Entwürfe ein. Für die vergab die Jury aber nur den zweiten Platz. Der Grund: Seine Darstellung der Helvetia hielt man unter anderem für zu jung und zu schwärmerisch.

Skandal um Goldvreneli

Besonderen übel stieß die Frisur von Landrys erster Helvetia-Darstellung auf. Ihr fiel eine Stirnlocke ins Gesicht – für die Juroren ging das eindeutig zu weit. Die haarige Angelegenheit sollte durch ein Haarband geregelt werden.

Landry passte seine Helvetia den Jury-Wünschen an. Es bedurfte mehrerer Änderungen des Künstlers bis die Regierung schließlich zufrieden war. Doch dann war es geschafft: Er bekam den ersten Preis und die Schweizer Münzen einen neuen Look. Als 1897 die ersten Münzen geprägt wurden, gab es nach wie vor viele Kritiker in Fachkreisen. Ganz anders sah es in der Bevölkerung aus: Hier war man von der Münze sofort angetan.

Bis 1949 wurde die Goldvreneli geprägt, es entstanden insgesamt 58,6 Millionen Exemplare des populären Geldstücks. Heute dient sie vor allem als Geschenk zu besonderen Anlässen oder als Wettbewerbspreis. Auch gilt sie in der Schweiz als Symbol für Wohlstand und Sicherheit. Die Münze wird oftmals auch als Erbstück stolz weitergegeben. Von der „Skandalmünze“ zum wertvollen Besitz – die Goldvreneli hat eine ganz schöne Karriere hingelegt.

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