Holiday Blues

Endlich Urlaub! Die freudige Stimmung hält aber nicht lange. Für viele Berufstätige gehören Smartphone und Laptop ebenso in die Reisetasche, wie Badeanzug und Flip Flops. Die Erholung bleibt aus. Urlaub gilt im Volksmund als schönste Zeit des Jahres. Jeder freut sich darauf, den Job für ein paar Wochen hinter sich zu lassen, seinen Koffer zu…


Endlich Urlaub! Die freudige Stimmung hält aber nicht lange. Für viele Berufstätige gehören Smartphone und Laptop ebenso in die Reisetasche, wie Badeanzug und Flip Flops. Die Erholung bleibt aus.

Urlaub gilt im Volksmund als schönste Zeit des Jahres. Jeder freut sich darauf, den Job für ein paar Wochen hinter sich zu lassen, seinen Koffer zu packen und Cocktails am Strand zu genießen. Immer häufiger werden Laptop, Smartphone und Tablet mitgenommen. Und damit auch die Arbeit. Wie eine Studie des Bürodienstleisters Regus ergab, arbeitet jeder zweite Deutsche in den Ferien, jeder Zehnte sogar bis zu drei Stunden pro Urlaubstag. Europaweit, darunter in Frankreich und der Schweiz, sieht es genauso aus. „Urlaubsarbeit“ ist sogar ein weltweit verbreitetes Phänomen. Besonders beliebt ist die Urlaubsarbeit der Studie zufolge in China. Dort widmen sich 44 Prozent der Berufstätigen selbst in ihrer Freizeit dem Job, mehr als drei Stunden täglich. Abschalten im Urlaub wird zu größten Herausforderung im Job.

Die Arbeitswelt steht nicht still. Wenn man in Urlaub fährt, fährt die Branche nicht mit. Und das bereitet vielen Druck. Um das mühevolle Aufarbeiten der unzähligen E-Mails, die während der Abwesenheit im Postfach lauern, abzuwenden, denken sich viele Berufstätige, dass es nicht schaden kann, die anfallende Arbeit zu verteilen. Damit kommen sie psychisch aber nicht von der Arbeit los und verhindern sich selbst so den Effekt, den sie sich vom Urlaub eigentlich erhofft hatten: pure Entspannung. Die bleibt gerade Fach- und Führungskräften verwehrt. Das hat eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yugov ergeben. Auf denen, die Verantwortung tragen, lastet ein hoher Druck. Schließlich sind sie es, die wichtige Projekte und hohe Summen managen. Sie sind die Ansprechpartner bei Unklarheiten und Problemen.

Wirtschaftswoche gegenüber äußerte sich der Schriftsteller Martin Suter zur Urlaubsarbeit vieler Führungskräfte. Arbeitseifer am Strand sieht er als Selbstinszenierung. „Womöglich sind die Befragten nicht ganz ehrlich und wollen fleißiger erscheinen, als sie sind.“ Aber genauso gehört permanente Verfügbarkeit via Smartphone und Laptop heute zum guten Ton. Wer unentwegt online ist, erscheint unentbehrlich. Und wer zusätzlich im Urlaub arbeitet, sei es die ein oder andere Stunde, stärkt sein Image. Man will ja nicht in Vergessenheit geraten. Gerade in einer Führungsposition sieht man sich selbst als „Mittelpunkt der Party“ an, bemerkt Sutter, und in solch einer Position will man stets das Gefühl haben, gebraucht zu werden. „Was passiert, wenn mein Revier von einem anderen Rüden markiert wird?“

Dabei merken die meisten nicht, dass Entspannung notwendig für Erfolg ist. Wer sich nicht richtig entspannt und ab und zu abschaltet, droht auszubrennen. „Regenerationsphasen sind sehr wichtig“, sagt Arbeitspsychologe Tim Hagemann von der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld.

Doch auch wer seinen Urlaub genießt, hat nach seiner Rückkehr Schwierigkeiten in seinen Job hineinzufinden. Die meisten Berufstätigen sind nach dem Urlaub kurzfristig weniger leistungsfähig. Laut einer Studie des Personaldienstleisters Robert Half International leiden zwei Drittel der Beschäftigten unter dem Post-Holiday-Syndrome. Zwei bis drei Tage kann dieser Zustand anhalten. Dann finden sie aber langsam wieder in den Arbeitsrhythmus. Ein gutes Zeichen für all jene, die dachten, diese anfängliche Antriebslosigkeit wäre ein persönliches Problem.

Niederländische Urlaubsforscher haben herausgefunden, dass Dauer und Qualität des Urlaubs die Leistungsfähigkeit nach der Abwesenheit maßgeblich bestimmen. Wer besonders lange aus dem Arbeitsalltag raus war oder seinen Urlaub besonders genossen hat, hat nach dem Urlaub mehr Schwierigkeit, als all jene, die ihr Handy auch im Urlaub nicht ausgeschaltet haben. Allerdings fühlt sich der Genießer länger erholt. Und im Job ist er dann nach spätestens drei Tagen wieder voll leistungsfähig.

Foto von Robert Churchill – www.istockphoto.de