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Was wird aus der City of London?

Die Europäer betrachten Großbritannien seit dem 1. Januar 2021 als Drittstaat. Eine Folge: Laut Handelsblatt sind rund 6 Milliarden Euro tägliches Handelsvolumen abgewandert – auf Nimmerwiedersehen.


Bei den Arbeitsplätzen scheinen die Zahlen bislang moderat zu sein. So schätzt die Helaba, das etwa 3500 Banker:innen von der Themse an den Main gezogen sind. Dazu kommen Abwanderungen in die anderen europäischen Finanzmetropolen Luxemburg, Dublin und Paris. Das klingt zunächst nicht viel, immerhin gehen wir von 1,1 Millionen Finanzjobs im ersten Quartal 2020 aus – immerhin 3,2% der britischen Arbeitsplätze. Nach anderer Zählweise sind es sogar noch mehr: www.thecityuk.com spricht von 2,3 Millionen Arbeitnehmenden.

Auf der anderen Seite sagt diese Zahl aber auch alles über die Bedeutung der Canary Wharf für das Vereinigte Königreich aus. Wem sie noch nicht reicht: In 2019 trug der Finanzsektor 132 Milliarden Pfund zur UK-Wirtschaft bei, das entspricht fast 7% der Wirtschaftsleistung (TheCityUK: 10%). Gut, in Luxemburg sind es 27% ­– aber dieser Wert ist auch weltweit einsame Spitze unter den OECD-Staaten.

Alles halb so schlimm?

Die bisherigen Daten deuten darauf hin, dass durch den Austritt Großbritanniens aus dem europäischen Binnenmarkt einige Arbeitsplätze und auch Geschäftsvolumen an Finanzzentren innerhalb der EU verloren gegangen sind. Aber die Auswirkungen sind eventuell weniger groß, wie zunächst von einigen befürchtet. Schließlich gingen die Prognosen soweit, bis zu 100.000 Arbeitsplätze in Frage zu stellen.

Dennoch: Beim Aktienhandel etwa gab es harte Einbrüche. „Rund sechs Milliarden Euro tägliches Handelsvolumen wanderten am ersten Börsentag des Jahres aus London nach Amsterdam, Paris und anderen EU-Standorten ab. Damit verlor das britische Finanzzentrum auf einen Schlag fast die Hälfte seines Aktienhandels“, schreibt das Handelsblatt.

Sind Fintechs die Zukunft?

Außerdem hat die Covid-19-Pandemie zusätzlich die Finanzszene belastet. Das erschwert es allerdings auch, die volle Tragweite des Brexits zum jetzigen Zeitpunkt korrekt einzuschätzen. Die britische Regierung plant derweil eine radikale Überarbeitung der Finanzdienstleistungsregulierung. Ziel ist, das Vereinigte Königreich für ausländische Märkte attraktiver zu machen.

Außerdem möchte man sich als der internationale Standort für Fintechs etablieren – sicherlich kein schlechter Plan, um abwandernde Banker zu ersetzen. Die Ausgangslage ist nicht schlecht. London ist ein gutes Pflaster für Software-Schmieden und verfügt über eine exzellente Infrastruktur für Venture Capital.

Im ersten Halbjahr 2020 haben laut TheCityUK etwa 76.500 Menschen in London für Fintechs gearbeitet und dabei 6,6 Milliarden Pfund Umsatz erwirtschaftet. Darunter sind so namhafte Unternehmen wie Revolut, Checkout.com., Starling Bank oder Currency Cloud. Ob allerdings diese jungen Unternehmen die gut dotierten Jobs von Investmentbankern ersetzen? Sie schaffen eher Jobs an der Schnittstelle zur IT. Es bleibt daher spannend, wie sich London weiterentwickelt. Aber eines ist klar: Die City blickt nach vorne und hat die Zukunft fest im Blick. Inklusive Fintechs.

 

Die City in Zahlen:

  • Sie erwirtschaftet 9% des britischen Bruttoinlandsprodukts. Das entspricht 132 Milliarden Pfund.
  • Sie bietet 1,1 Millionen Jobs an, das entspricht 3,2% aller Arbeitsplätze im Vereinigten Königreich.
  • Weltmarktführer ist sie im Währungshandel: 43% des globalen Devisenhandels laufen über die City. Dort werden 2,5 mal so viele Dollars gehandelt wie in den Vereinigten Staaten.

 

 

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