Donnerstag, 23. Oktober 2025

EUDI-Wallets und AMLR: Was jetzt auf Banken zukommt und wie man sich vorbereiten kann

Die EU-Geldwäscheverordnung (AMLR) und eIDAS 2 verändern die Grundlagen digitaler Identität im Finanzsektor grundlegend. Wie Banken, Versicherungen und FinTechs sich auf die Einführung der EUDI-Wallet vorbereiten und welche Chancen sich durch Sandbox-Projekte bereits heute bieten, zeigt das BANKINGCLUB Forum am 3. November 2025 in Frankfurt.

Die Anforderungen an Identifikation, Authentifizierung und digitale Signaturen verändern sich derzeit in einer Geschwindigkeit, die selbst erfahrene Compliance-Teams vor Herausforderungen stellt. Mit der neuen EU-Geldwäscheverordnung (AMLR, EU-Verordnung 2024/1620) und der überarbeiteten eIDAS-Verordnung (eIDAS 2, EU-Verordnung 2024/1183) werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für den digitalen Finanzsektor grundlegend neu geordnet. Beide Regulierungswerke greifen ineinander – mit weitreichenden Folgen für Banken, Versicherungen und FinTechs in ganz Europa.

Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht die EU Digital Identity Wallet (EUDI-Wallet). Sie soll künftig zum einheitlichen Zugangspunkt für digitale Identitäten in Europa werden. Anwenderinnen und Anwender können damit erstmals wesentliche, bislang papiergebundene Prozesse im Finanzumfeld vollständig digital über eine einzige App auf ihrem Smartphone abwickeln – sicher, nutzerfreundlich und rechtsverbindlich. Die EUDI-Wallet wird nicht nur national einsetzbar sein, sondern soll grenzüberschreitend in allen EU-Mitgliedstaaten funktionieren. Damit entsteht eine neue digitale Infrastruktur, die über den bisherigen Rahmen nationaler Identifikationssysteme hinausgeht.

Mehr als eine App: Das entstehende Ökosystem

Die EUDI-Wallet ist kein einzelnes Produkt, sondern Teil eines umfassenden digitalen Identitätsökosystems. Sie eröffnet neue Rollen und Verantwortlichkeiten für Marktteilnehmer im Finanzwesen:

  • Vertrauende Instanzen (Relying Parties), die digitale Identitäten und Nachweise verifizieren
  • Aussteller von Nachweisen, etwa Banken oder Behörden, die offizielle Daten in digitaler Form bereitstellen
  • Herausgeber von Wallet-Apps, die den direkten Kontakt zum Endnutzer ermöglichen und Integrationen mit weiteren Services anbieten

Für Finanzinstitute wird es entscheidend sein, frühzeitig zu definieren, welche Rolle sie in diesem neuen Gefüge einnehmen wollen. Die Entscheidungen wirken sich nicht nur auf technische Implementierungen, sondern auch auf strategische Fragen aus: Wie lässt sich Kundenvertrauen sichern, wenn Identitätsprüfung und Nachweisführung künftig über europäische Schnittstellen laufen? Und welche Chancen ergeben sich aus der Integration neuer digitaler Identitäten in bestehende Onboarding-Prozesse?

Ein regulatorisches Zusammenspiel mit Wirkung

Die AMLR und eIDAS 2 bilden gemeinsam das Fundament einer digital vernetzten Finanzwelt. Während AMLR die Pflichten zur Geldwäscheprävention und Kundenidentifikation neu fasst, schafft eIDAS 2 die notwendige technische und rechtliche Infrastruktur, um diese Anforderungen sicher und interoperabel umzusetzen.

Besonderes Augenmerk gilt dabei der Fernidentifikation. Verfahren wie Video-Ident, die Nutzung staatlicher Register oder die elektronische Vorlage digitaler Ausweise werden künftig nach europäischen Standards bewertet und anerkannt. Neue technische Spezifikationen – etwa ETSI 119 461 v2 – regeln, wie diese Prozesse sicher und manipulationsfrei durchgeführt werden müssen. Diese Vorgaben sollen gewährleisten, dass digitale Identifikationen in allen Mitgliedstaaten gleichwertig sind und gegenseitig akzeptiert werden können.

Für Banken bedeutet das: Sie müssen nicht nur ihre Systeme anpassen, sondern auch ihre Prozesse zur Datenspeicherung, Authentifizierung und Signatur auf Kompatibilität mit den europäischen Anforderungen prüfen.

Orientierung statt Überforderung

Mit der Einführung der EUDI-Wallet entsteht ein akuter Informations- und Handlungsbedarf. Compliance-, IT- und Kundenmanagement-Abteilungen stehen gleichermaßen vor der Frage, wie sich die neuen regulatorischen Vorgaben in bestehende Strukturen integrieren lassen.

  • Welche neuen Pflichten und Verantwortlichkeiten ergeben sich konkret aus der AMLR?
  • Wie lassen sich eKYC-Prozesse und Onboarding-Strecken künftig vereinfachen, ohne regulatorische Risiken einzugehen?
  • Und welche neuen Geschäftsmöglichkeiten ergeben sich durch digitale Nachweise, die europaweit einsetzbar sind?

Klar ist: Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, wie Banken in Österreich und darüber hinaus ihre Rolle im digitalen Identitätsmarkt gestalten. Wer frühzeitig Know-how aufbaut und technologische Pilotprojekte nutzt, kann regulatorische Vorgaben nicht nur erfüllen, sondern daraus echten Kundennutzen ableiten.

Praxisforum in Frankfurt am 3.11.2025

Antworten und Einblicke aus erster Hand bietet das BANKINGCLUB Forum am 3. November 2025 in Frankfurt. Expertinnen und Experten aus Regulatorik, Finanzpraxis und Technologie diskutieren dort die Auswirkungen von AMLR und eIDAS 2 auf Banken und Versicherungen – praxisnah, sachlich und ohne Werbebotschaften.

Die Veranstaltung richtet sich ausschließlich an Mitarbeitende aus dem Finanzsektor. Die Teilnahme ist kostenfrei, erfordert jedoch eine Voranmeldung bis spätestens 30. Oktober 2025.

Jetzt Sandbox-Erfahrung mit Wallet-Plattformen sammeln

Die rasch näher rückende Einführung der EUDI‑Wallet-Infrastruktur macht es für Banken und Finanzdienstleister entscheidend, sich frühzeitig mit praktischen Anwendungen vertraut zu machen. Ein Ansatz dafür sind sogenannte „Sandboxen“ — simulierte Umgebungen, in denen digitale Identitäts- und Vertrauensdienste getestet werden können. Beispielsweise hat der Anbieter Namirial im Oktober 2025 eine globale Sandbox zur Erprobung seiner Wallet-Plattform gestartet, um Unternehmen die Möglichkeit zu geben, im Voraus reale Einsatzszenarien durchzuspielen.

Warum dies für Banken relevant ist:

  • Die Sandbox ermöglicht das Ausprobieren neuer Funktionen wie Attribut-Verifizierung (z. B. IBAN, Legal Person Identifier), starke Authentifizierung und digitale Nachweise — genau jene Elemente, die künftig durch die Kombination von AMLR und eIDAS 2 reguliert werden müssen.
  • Im Rahmen solcher Testumgebungen lassen sich technische und organisatorische Prozesse erproben: Welche Rolle übernimmt das Institut (z. B. Aussteller, Relying Party)? Wie integriere ich eine Wallet-App in bestehende Onboarding-Strecken? Die Antworten lassen sich praxisnah gewinnen, bevor der operative Druck steigt.
  • Wer jetzt gezielt Erfahrungen sammelt, kann Compliance-Risiken besser einschätzen und zugleich Potenziale erkennen: Die Sandbox von Namirial etwa ist explizit auf regulierte Branchen ausgelegt und bietet eine „vorlaufende“ Plattform, mit der sich Umsetzungspflichten und Marktchancen parallel verstehen lassen.

Angesichts der Deadlines in den Jahren 2026 und 2027 für viele standardisierte Wallet-Anforderungen ist Zeit ein kritischer Faktor. Sandboxen helfen dabei, Unsicherheiten abzubauen und vorbereitend Strukturen aufzubauen.

Für Mitarbeitende in Banken bedeutet das: Nicht nur juristische oder technische Aspekte betrachten, sondern aktiv ausprobieren und Erfahrungswissen generieren. Sandbox-Projekte bieten eine Brücke vom theoretischen Regelwerk hin zur realen Umsetzung.

Klaus Fellner leitet seit vielen Jahren die österreichische Tochtergeselschaft von Namirial und betreut Unternehmenskunden wie Banken, Versicherungen und Telekommunikationsunternehmen aller Größenordnungen – sowohl als globaler Key Account Manager als auch über strategische Partnernetzwerke. Er ist seit über zwei Jahrzehnten im Bereich Unternehmenssoftware tätig und gilt als ausgewiesener Experte für elektronische Signaturen, digitales Onboarding und digitale Managementprozesse mit umfassendem Know-How über technische, rechtliche und betriebliche Anforderungen rund um E-Signatur- und Onboarding-Workflows. Klaus Felllner ist mit den maßgeblichen regulatorischen Rahmenwerken wie AMLR, eIDAS oder DS-GVO bestens vertraut und bringt dieses Wissen in Forschung, Entwicklung und die strategische Produkt-Roadmap von Namirial ein. Zu seinen aktuellen Thememn zählen die Anwendungsmöglichkeiten von EUDI-Wallets, einer Schlüsselinitiative im Rahmen der eIDAS-Regulierung zur digitalen Identitätsverwaltung in der EU. 
Zuvor hat Klaus über viele Jahre hinweg die Einführung und Weiterentwicklung digitaler Prozesse in komplexen Unternehmensumgebungen begleitet und dabei als Impulsgeber für innovative Lösungen gewirkt. Sein akademischer Hintergrund – ein Masterabschluss in Wirtschaftsinformatik der Universität Linz – untermauert seine analytische Tiefe und sein Verständnis für die Schnittstelle von Technologie und betrieblicher Praxis.

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