Dienstag, 18. November 2025
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Der große Fehler von Billig-Tarifen in der PKV 

Attraktive Konditionen mit niedrigen Beitragskosten locken junge, gesunde Menschen in Billigtarife der PKVs. Was sie nicht wissen, ist, dass sie den Preis für die niedrigen Einstiegskosten später zahlen. 

Die Rechnung erscheint verlockend einfach. Mit 28 Jahren bietet der Versicherer einen PKV-Tarif für nur 280 Euro monatlich an. In der gesetzlichen Krankenkasse würden über 400 Euro anfallen. Die Ersparnis von 120 Euro pro Monat klingt nach einem perfekten Deal. Doch dieser Deal entpuppt sich 30 Jahre später als eine der teuersten Entscheidungen des Lebens. 

Discounter-Tarife: Minimale Leistungen bei maximalen Risiken 

Junge, gesunde Menschen erhalten bei privaten Krankenversicherungen besonders attraktive Konditionen. Die Versicherer werben mit Einstiegstarifen, die deutlich unter den Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung liegen. Was dabei gerne verschwiegen wird: Diese Tarife sind bewusst schlank kalkuliert. Sie enthalten nur die absolut notwendigen Leistungen und verzichten auf wichtige Bausteine. 

Ein typischer Billigtarif deckt zwar ambulante und stationäre Behandlungen ab, begrenzt aber die Erstattung bei Zahnersatz auf minimale Beträge. Psychotherapie wird nur für wenige Sitzungen bezahlt. Bei Heilpraktikerleistungen gibt es gar nichts. Und Sehhilfen fallen komplett durchs Raster. 

Das Problem zeigt sich erst Jahre später. Wer mit 50 Jahren eine Krone braucht, erhält vielleicht nur 500 Euro Zuschuss statt der vollen Kosten von 1.200 Euro. Die Differenz muss aus eigener Tasche gezahlt werden. Bei mehreren Zähnen summiert sich das schnell auf fünfstellige Beträge. 

Beitragssteigerungen von 7 Prozent jährlich 

Billigtarife starten zwar mit niedrigeren Beiträgen, allerdings steigen sie auch überproportional stark. Die Analyse von Branchendaten zeigt ein alarmierendes Muster. Während hochwertige Tarife in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich 2,8 Prozent pro Jahr teurer wurden, explodierten die Kosten bei Billigtarifen um durchschnittlich 6,5 bis 7 Prozent jährlich. 

Das folgende Beispiel verdeutlicht die beschriebenen Dimensionen: Ein Billigtarif startet mit 280 Euro monatlich. Nach zehn Jahren sind daraus bei 7 Prozent jährlicher Steigerung bereits 551 Euro geworden. Nach 20 Jahren zahlt der Versicherte 1.084 Euro. Und mit 65 Jahren, wenn die Rente beginnt, werden 2.131 Euro fällig. 

Der hochwertige Tarif kostet zu Beginn 420 Euro. Das sind monatlich 140 Euro mehr als bei der Sparvariante. Bei 2,8 Prozent jährlicher Steigerung liegt der Beitrag nach zehn Jahren bei 555 Euro. Nach 20 Jahren bei 733 Euro. Und im Rentenalter bei 969 Euro. 

Die anfängliche Ersparnis von 140 Euro pro Monat verwandelt sich nach 30 Jahren in eine Mehrbelastung von über 1.100 Euro monatlich. Gleichzeitig bietet der teurere Tarif von Anfang an deutlich bessere Leistungen. 

Risikostruktur und Solidargemeinschaft: Warum günstige Tarife kollabieren 

Die Ursache liegt in der Risikostruktur. Billigtarife ziehen vor allem preisbewusste Versicherte an. Menschen, die jung und gesund sind und kaum zum Arzt gehen. Das funktioniert so lange, wie alle gesund bleiben. Doch mit zunehmendem Alter ändert sich das Bild radikal. 

Plötzlich brauchen viele Versicherte im gleichen Tarif teure Behandlungen. Die Gemeinschaft der Jungen und Gesunden wird zur Gemeinschaft der Älteren und Kranken. Die Versicherung muss die Beiträge massiv erhöhen, um die gestiegenen Ausgaben zu decken. 

Hinzu kommt ein weiterer Faktor. Wer im Billigtarif versichert ist und später wechseln möchte, steht vor großen Hürden. Eine erneute Gesundheitsprüfung ist nötig. Wer inzwischen Vorerkrankungen hat, erhält entweder gar keinen besseren Tarif oder nur mit erheblichen Zuschlägen. Die Versicherten sitzen in der Falle. 

Die Rentenlücke: Wenn 2.000 Euro PKV-Beitrag auf 1.800 Euro Rente treffen 

Besonders dramatisch wird die Situation, wenn das Berufsleben endet. Die Rente fällt deutlich niedriger aus als das vorherige Gehalt. Gleichzeitig erreichen die PKV-Beiträge ihren Höhepunkt. Ein monatlicher Beitrag von 2.000 Euro oder mehr verschlingt einen erheblichen Teil der Altersbezüge. 

Wer dann die Kosten nicht mehr stemmen kann, hat nur wenige Optionen. Der Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung ist ab 55 Jahren praktisch ausgeschlossen. Innerhalb der PKV bleibt nur der Gang in den Standard- oder Basistarif. Diese Notfalltarife bieten aber oft weniger Leistungen als die gesetzliche Krankenkasse und kosten trotzdem mehrere hundert Euro monatlich. 

Langfristkalkulation schlägt Schnäppchenjagd 

Die private Krankenversicherung funktioniert nur mit der richtigen Strategie. Wer jung einsteigt, sollte von Anfang an in einen hochwertigen Tarif investieren. Die 100 bis 150 Euro Mehrkosten pro Monat in jungen Jahren sind eine Versicherung gegen explodierende Beiträge im Alter. 

Ein guter Tarif kostet zu Beginn mehr, bietet aber umfassende Leistungen und stabile Beitragsentwicklungen. Die Altersrückstellungen werden solider aufgebaut. Und die Versichertengemeinschaft bleibt stabiler. 

Die Entscheidung für einen PKV-Tarif ist eine Entscheidung für mehrere Jahrzehnte. Wer hier am falschen Ende spart, zahlt später einen hohen Preis. Nicht nur finanziell, sondern auch bei der medizinischen Versorgung. 

Carlos Link-Arad ist Autor bei BANKINGNEWS und widmet sich in seinen Artikeln insbesondere den Bedürfnissen von Bankkunden. Sein Fokus liegt auf Themen wie Geldanlage, Personal Finance und der Gestaltung eines bewussten Umgangs mit Finanzen. Als Mitgründer von Finantio bringt er tiefgreifende Expertise mit und hat in unterschiedlichen Rollen Erfahrungen in der Finanz- und Fintech-Branche gesammelt.

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