Mittwoch, 29. Oktober 2025
0,00 €

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

„Unser Ziel ist es, Banken frühzeitig mit marktreifen Digital-Euro-Lösungen zu unterstützen“ 

Als Teilnehmer am Pioneer-Experiment der EZB, demonstrierte SAP Fioneer die erfolgreiche Integration seiner Kernbank- und Zahlungsplattform mit dem simulierten Backend der EZB für den digitalen Euro. Im Interview mit BANKINGNEWS spricht Dr. Christian Geist von SAP Fioneer über die Integration dieser Lösung, Erkenntnisse daraus und wie die nächste Phase sowie SAP Fioneers Rolle darin aussieht.

BANKINGNEWS: SAP Fioneer war einer der Partner, die ihre Lösung erfolgreich in die Innovationsplattform für den digitalen Euro der EZB integriert haben. Um was ging es in dem Pioneer-Experiment und wie sah diese Integration konkret aus? 

Dr. Christian Geist: Ziel war es, die technischen Möglichkeiten des digitalen Euro praktisch zu erproben und konkrete Anwendungsfälle zu demonstrieren. Der Fokus lag auf Conditional Payments, also Zahlungen, die an definierte Bedingungen geknüpft sind. Das erlaubt etwa die automatische Ausführung einer Transaktion, sobald ein vertraglich definierter Schritt erfüllt ist. Für automatisierte Lieferketten oder Zahlungen für Versorgungsleistungen ist das ein echter Effizienzhebel. Technisch hat die EZB über ihre Innovationsplattform APIs zur Digital Euro Service Platform (DESP) bereitgestellt. Wir haben diese Schnittstellen genutzt, um unsere Banking- und Zahlungsverkehrs-Plattform nahtlos mit der DESP zu integrieren. So konnten wir Wallet-Funktionalitäten für den digitalen Euro sowie die Abwicklung von Zahlungen unter Einsatz von Conditional Payments demonstrieren. Das Ergebnis zeigt, wie der digitale Euro in der Praxis funktionieren könnte und wie Conditional Payments eine wichtige Grundlage für neue Geschäftsmodelle sein können. 

Welche spezifischen technologischen Anpassungen oder Erweiterungen waren erforderlich, um Ihre bestehende Plattform CBDC-fähig zu machen? Wie stellen Sie sicher, dass diese Lösungen in großem Maßstab, also für Millionen von Transaktionen im Euroraum, performant und sicher betrieben werden können? 

Wir erweitern unsere Plattform gezielt, um eine direkte DESP‑Anbindung über die von der EZB bereitgestellten APIs zu ermöglichen und Conditional‑Payments‑Funktionen abzubilden. Die Integration umfasst die Orchestrierung der Zahlungslogik, die sichere Wallet‑Verwaltung und wohldefinierte Datenflüsse zwischen unseren Modulen und der DESP. Das Pioneer-Experiment war als Proof of Concept konzipiert, um zentrale Funktionen des digitalen Euro zu validieren. Für den produktiven Betrieb in großem Maßstab sind zusätzliche Aspekte relevant, etwa Stabilität, Skalierbarkeit und regulatorische Anforderungen. Auf diese sind wir jedoch bereits bestens vorbereitet, da die verwendeten Plattformmodule auf der SAP S/4HANA-Technologie basieren und unter anderem in einer Vielzahl von produktiven Bankumgebungen erprobt sind – auch unter großen Lastanforderungen. So stellen wir sicher, dass CBDC‑Funktionen nicht nur im Experiment überzeugen, sondern auch bei hohen Volumina und Lastspitzen performant und belastbar laufen. 

Welche konkreten Use Cases wurden untersucht? Was waren die Erkenntnisse?  

Ein zentrales Beispiel waren Zahlungen für Versorgungsleistungen wie sie beispielsweise aus Stromlieferverträgen resultieren. Diese haben wir mit automatisierten Conditional Payments umgesetzt. Die Zahlung wird ausgelöst, wenn eine definierte Bedingung erfüllt ist – etwa die bestätigte Leistungserbringung. Damit lassen sich Alltagsprozesse effizienter und sicherer abbilden. Parallel haben wir technische und regulatorische Anforderungen validiert. Das Experiment hat gezeigt, dass unsere Plattform hoch flexibel und integrationsfähig ist: Die Anbindung an die DESP funktioniert reibungslos, und Conditional Payments lassen sich regelkonform in bestehende Bankprozesse einbetten. Die wichtigste Erkenntnis: CBDC‑Anwendungen sind technisch machbar und eröffnen reale Automatisierungspotenziale – mit klaren Implikationen für Skalierung, Sicherheit und Integration in bestehende Kernbanksysteme. 

Was bedeutet die Teilnahme an der Experimentierphase für Banken und andere Institute, die Ihre Plattform nutzen? Welche Vorteile entstehen durch die CBDC-Kompatibilität? 

Institute, die unsere Plattform nutzen, erhalten frühen Zugang zu CBDC-kompatiblen Funktionen – als Bestandteil unserer Standardsoftware. Sie können damit Erfahrung sammeln, Prozesse testen und sich strategisch auf digitale Zentralbankwährungen vorbereiten. Zusätzlich planen wir, Digital-Euro-Readiness auch als Side-by-Side-Deployment bereitzustellen, für Banken, die ihr bestehendes Kernbankensystem nicht auf SAP Fioneer betreiben. Damit können Banken — unabhängig von ihrer bestehenden Systemlandschaft — frühzeitig praktische Erfahrungen mit dem digitalen Euro sammeln und neue Geschäftsmodelle testen. Der Nutzen ist doppelt: Erstens reduzieren Banken Umsetzungsrisiken und Time‑to‑Market, weil sie auf eine bereits integrierte, regulativ durchdachte Plattform aufsetzen. Zweitens entstehen Spielräume für neue Services und Preismodelle im Zahlungsverkehr. Kurz gesagt: Wer heute erprobt, ist morgen schneller im Markt und nachhaltiger aufgestellt. 

Die EZB betont die Notwendigkeit harmonisierter Standards für den digitalen Euro. Welche Rolle spielt SAP Fioneer bei der Entwicklung oder Unterstützung solcher Standards? Wie wichtig ist Interoperabilität für den Erfolg digitaler Zentralbankwährungen? 

Wir bringen uns aktiv in die Diskussion um technische und prozessuale Standards ein und validieren sie im Rahmen des Pioneer‑Experiments. Interoperabilität ist dabei der Schlüsselfaktor. Der digitale Euro wird nur dann skaliert angenommen, wenn Banken, Zahlungsdienstleister und die DESP reibungslos zusammenarbeiten. Genau dafür gibt es Programme wie Pioneer: um Ansätze frühzeitig zu definieren, zu testen und in produktionsreife Architekturen zu übersetzen. Unsere Plattform ist konsequent auf offene Schnittstellen und saubere Entkopplung ausgelegt. Das schafft ein harmonisiertes Ökosystem, das regulatorische Anforderungen erfüllt und gleichzeitig Innovation ermöglicht. Ohne Interoperabilität keine Skalierung – und ohne Skalierung keine breite Akzeptanz. 

Gerade bei CBDCs stehen Datenschutz und Sicherheit im Fokus. Wie stellt SAP Fioneer sicher, dass Lösungen für den digitalen Euro sowohl regulatorische Anforderungen erfüllen als auch das Vertrauen der Nutzer stärken? 

Absolut, bei CBDCs stehen Datenschutz und Sicherheit im Fokus.  Genau diese beiden Prinzipien sind bereits heute fester Bestandteil unserer Lösungen. Unsere Produkte im Zahlungsverkehrs- und Kartenumfeld erfüllen seit jeher höchste Sicherheits- und Datenschutzstandards und werden konsequent nach dem Security- und Privacy-by-Design-Prinzip entwickelt. Das bedeutet: Verschlüsselung, strikte Rollen- und Rechtemodelle, gehärtete Infrastrukturen und kontinuierliches Monitoring sind Standard. Ebenso legen wir Wert auf Datensparsamkeit, Pseudonymisierung, klare Einwilligungsmechanismen und die Trennung personenbezogener Daten von Transaktionslogiken. Auch Aspekte wie Last, Performance und Skalierbarkeit sind bereits heute integraler Bestandteil unserer Produktentwicklung. Diese Erfahrungen übertragen wir direkt auf den digitalen Euro, um regulatorische Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig das Vertrauen der Nutzer zu stärken. 

Die EZB plant bereits eine zweite Versuchsreihe für 2026. Welche Themen oder Anwendungsfälle würden Sie dort gerne weiterentwickeln? Welche Rolle sehen Sie für SAP Fioneer in der nächsten Phase des digitalen Euro? 

In der nächsten Phase wollen wir den Fokus auf die Vertiefung von Wallet-Management, Funding-Mechanismen und Transaktionsprozessen legen. Darüber hinaus planen wir den Ausbau bankenspezifischer Integrationsszenarien, um die Einbindung des digitalen Euro in bestehende Kernbankensysteme noch effizienter zu gestalten. Ein weiterer Schwerpunkt wird die aktive Mitgestaltung künftiger Use Cases und technischer Rahmenbedingungen sein. Unser Ziel ist es, Banken frühzeitig mit marktreifen Digital-Euro-Lösungen zu unterstützen, die nicht nur regulatorisch konform, sondern auch technologisch führend sind. Damit leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur erfolgreichen Einführung des digitalen Euro im Euroraum. 

Dr. Christian Geist

Dr. Christian Geist leitet das Innovationsteam der Banking Division von SAP Fioneer. Mit 15 Jahren Branchenerfahrung war der promovierte Informatiker unter anderem als Senior Consultant bei McKinsey & Company und als Managing Director Fintech bei CHECK24, Deutschlands führendem Vergleichsportal für Finanzdienstleistungen und andere Produkte, tätig. 

Maria Scherban absolvierte von November 2023 bis Juli 2025 ihr redaktionelles Volontariat beim BANKINGCLUB und arbeitet seitdem als Redakteurin. Zuvor schloss sie ihren Master of Arts an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ab.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Neuste Artikel
Bleiben Sie informiert
Einmal pro Woche informieren wir Sie über die neusten & wichtigsten Artikel auf BANKINGCLUB.de und über aktuelle Events. Für die Anmeldung reicht Ihre Mailadresse und natürlich können Sie sich von diesem Verteiler jederzeit abmelden.