Unter dem Motto „Wenn Vielfalt gewinnt, gewinnt Deutschland“ fand am 27. Mai 2025 der Deutsche Diversity-Tag statt. Organisiert vom Verein Charta der Vielfalt e.V., der sich für die Verankerung von Vielfalt in Wirtschaft und Gesellschaft einsetzt. Ziel des Tages ist es, die Vielfalt in der Arbeitswelt sowie eine Arbeitskultur frei von Vorurteilen hervorzuheben. Soziale und ethnische Herkunft, Alter und Nationalität, Geschlecht und geschlechtliche Identität, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung oder körperliche und geistige Fähigkeiten spiegeln dabei einige Dimensionen der Vielfalt wider.
Keine Geschlechterbalance im europäischen Bankensektor
Die Boston Consulting Group (BCG) veröffentlichte im November 2024 eine Studie zur Gleichstellung der Geschlechter im europäischen Bankensektor. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die gesamte Branche nach wie vor stark männlich dominiert ist – ohne signifikanten Fortschritt. Rund 24 Prozent der Vorstandsposten in den 50 größten europäischen Banken sind mit Frauen besetzt – in den Aufsichtsräten sind Frauen dagegen mit 43 Prozent stärker vertreten. Außerdem verdienen weibliche Vorstände und Aufsichtsräte etwa 20 Prozent weniger als männliche. Die Studie hebt darüber hinaus den Kontrast zwischen den europäischen Regionen hervor. In nord- und mitteleuropäischen Ländern wie Norwegen, den Niederlanden und Deutschland existiert eine größere Ausgewogenheit zwischen den Geschlechtern, wahrscheinlich aufgrund starker sozialer und rechtlicher Rahmenbedingungen. Süd- und Osteuropa hinken hier hinterher. Eine weitere Studie der BCG aus dem Jahr 2024, „Diversity and Inclusion Assessment for Leadership“, kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass 20 Prozent der Frauen im Bankwesen noch immer mit Diskriminierung am Arbeitsplatz zu kämpfen haben. Etwa 40 Prozent geben sogar an, sich nicht wohl dabei zu fühlen, Diskriminierung zu melden.
Strukturelle Änderungen sind notwendig, um Chancengleichheit in allen Bereichen zu schaffen. Dabei muss sichergestellt werden, dass Frauen nicht nur in höhere Positionen befördert werden, sondern dass auch die Gleichstellung in der Entlohnung, Karriereentwicklung und Arbeitsplatzkultur gewährleistet wird. Anzumerken ist hier, dass in den meisten Studien lediglich eine binäre Geschlechterordnung in Betracht gezogen wird.
Konkrete Maßnahmen sind erforderlich
Eine Studie von McKinsey & Company aus dem Jahr 2020 – „Diversity wins: How inclusion matters“ – zeigt, dass geschlechtsspezifische sowie ethnische und kulturelle Vielfalt in den Führungsetagen von Unternehmen von großem wirtschaftlichem Nutzen sind. Die Analyse bestätigt: Je höher der Frauenanteil, desto wahrscheinlicher eine größere Outperformance. Unternehmen mit einem Frauenanteil von mehr als 30 Prozent in ihren Führungsteams haben eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit besser abzuschneiden als Unternehmen mit einem Frauenanteil zwischen 10 und 30 Prozent – und diese Unternehmen wiederum übertreffen mit größerer Wahrscheinlichkeit Unternehmen mit weniger oder gar keinen weiblichen Führungskräften. Es besteht ein erheblicher Leistungsunterschied von 48 Prozent zwischen den Unternehmen mit der größten und denjenigen mit der geringsten Geschlechterdiversität.
Dasselbe gilt für ethnische und kulturelle Vielfalt. Laut der Studie übertreffen Unternehmen im obersten Quartil Unternehmen im vierten Quartil bei der Rentabilität um 36 Prozent. Trotz dieses wirtschaftlichen Vorteils bleibt der Fortschritt bei der Förderung ethnischer und kultureller Diversität in Unternehmen insgesamt langsam, wie McKinsey & Company bereits im Jahr 2020 kritisierte. Denn eine Förderung von Vielfalt allein reiche nicht aus und sei kein Garant für eine Kultur der Integration. Konkrete Maßnahmen, wie etwa eine stärkere Repräsentation in Führungspositionen, die Stärkung von Führung und Rechenschaftspflicht oder auch die Förderung von Offenheit, Bekämpfung von Vorurteilen und Diskriminierung, sollen dazu beitragen, sowohl die Integration als auch die Vielfalt zu stärken.
EZB setzt auf Vielfalt
Um Vielfalt im europäischen Bankensektor zu fördern, analysiert der Diversitätsreport der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) von 2023 neben der Gleichstellung der Geschlechter auch auf Diversität in Bezug auf Alter, Berufserfahrung und Bildungshintergrund sowie geografische Herkunft. Insgesamt verzeichnet die EBA eine gute Vertretung von Vorstandsmitgliedern unterschiedlichen Alters in Europa.
In Bezug auf Bildungshintergrund und Berufserfahrung zeigt sich eine begrenzte Vielfalt. In vielen Einrichtungen haben alle Vorstandsmitglieder einen ähnlichen Bildungsweg genossen, wobei größere Einrichtungen eine entsprechend größere Vielfalt aufweisen als kleinere. Der Bildungshintergrund von Aufsichtsratsmitgliedern hingegen ist diverser als der von Vorstandsmitgliedern, was zum Teil auf die höhere Zahl der Aufsichtsratsmitglieder zurückzuführen ist. Eine vielfältige Zusammensetzung der Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder ist wichtig, denn unterschiedliche Perspektiven tragen zu fundierteren und ausgewogeneren Entscheidungsprozessen bei.
Die Analyse zeigt außerdem, dass Unternehmen ihre Vorstände mehrheitlich mit Personen besetzen, deren geografische Herkunft mit den eigenen Geschäftsaktivitäten übereinstimmt. Die EBA betont, dass international tätige Institute in ihrem Leitungsorgan mit den Kulturen, Sprachen und Marktbesonderheiten der Regionen vertraut sein sollten, um so die internationalen Geschäftstätigkeiten widerzuspiegeln. Leitlinien der EBA verpflichten Aufsichtsbehörden in der EU dazu, Diversitätsdaten von Finanzinstituten zu erheben. Ab diesem Jahr müssen ausgewählte Institute diese Daten alle drei Jahre melden.
In der Charta zu Gleichstellung, Vielfalt und Inklusion setzt sich die Europäische Zentralbank (EZB) für ein Arbeitsumfeld ein, das von Respekt und Chancengleichheit geprägt ist. Dazu zählen unter anderem der Kampf gegen Rassismus und die Förderung von Talenten mit unterschiedlichen Herkünften, Fähigkeiten und Eigenschaften.
Auch einzelne Banken und Sparkassen setzen sich in Deutschland gezielt für Diversität und Toleranz ein. Im Jahr 2013 wurde das Netzwerk S-Queer von der Berliner Sparkasse gegründet. Das Haus setzt sich als eine der größten Arbeitgeberinnen der Hauptstadt für Toleranz, Individualität und Vielfalt ein. S-Queer soll dabei der LGBTQ+ Community innerhalb der Belegschaft eine Stimme geben und Bewusstsein inner- und außerhalb des Unternehmens schaffen. Eine Sprecherin der Berliner Sparkasse betonte auf Anfrage, dass das Haus Diversität in der Belegschaft anstrebt und sich für Demokratie, Gleichberechtigung sowie ein verantwortungsvolles Miteinander einsetzt: „Diversität sehen wir als Stärke und fördern diese mit verschiedenen Maßnahmen und Initiativen, sowohl intern als auch im Rahmen unseres gesellschaftlichen Engagements.“ Unter anderem werden mit einem individuellen Mentoringprogramm Frauen gezielt gefördert, um einen Frauenanteil von 50 Prozent in der Führungsebene zu erreichen.
Trump sorgt für Unruhe in den USA
Erst kürzlich machte Donald Trump durch das Streichen der Diversitätsprogramme („Diversity, Equity, and Inclusion“, DEI) in den Vereinigten Staaten Schlagzeilen. Infolgedessen lassen amerikanische Unternehmen, wie Meta, Disney und McDonald’s, Änderungen in Bezug auf DEI-Maßnahmen vornehmen, die Minderheiten fördern und vor Diskriminierungen schützen sollten. Auf Anfrage von Deutschlandfunk gaben insbesondere deutsche Konzerne in ihren Statements an, die Einhaltung geltender Gesetze sicherzustellen. Auch der deutsche Softwarekonzern SAP zieht nach und streicht in den USA unter anderem das Ziel von 40 Prozent Frauenanteil im Konzern. Diese Entwicklungen und der aktuelle politische Druck der amerikanischen Regierung verdeutlichen, wie wichtig es ist, ein Bewusstsein für das Thema Vielfalt zu schaffen – auch weil erkämpfte Rechte schnell wieder weggenommen werden können.
Maria Scherban absolvierte von November 2023 bis Juli 2025 ihr redaktionelles Volontariat beim BANKINGCLUB und arbeitet seitdem als Redakteurin. Zuvor schloss sie ihren Master of Arts an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ab.