BANKINGNEWS: Herr Bauer, wie schneidet Deutsch land aus Ihrer Sicht im internationalen Vergleich in Sachen Digitalisierung ab, speziell bei der Videoidentifizierung?
Armin Bauer: Deutschland ist im europäischen Vergleich in vielerlei Hinsicht bei der Digitalisierung seit Jahren bestenfalls im Mittelfeld. Besonders bei der Videoidentifizierung hatte man zunächst eine Pole-Position inne, da man als erster Staat das Videoidentifizierungsverfahren zugelassen hatte. Seither hat man diese Vorreiterrolle durch Passivität aufseiten der Gesetzgebung verspielt. Und das, obwohl die technologischen Möglichkeiten und die Expertise im Land durchaus vorhan den sind.
Welche Veränderungen bringt der neue Referentenent wurf des Bundesfinanzministeriums zur Geldwäschevi deoidentifizierungsverordnung (GwVideoIdentV)?
Das VideoIdent-Verfahren soll künftig per Verordnung ge regelt werden, anstatt wie bisher über das Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) von 2017. Darüber hinaus zeichnen sich im ersten Entwurf drei größere Veränderungen ab: Die deutsche Online-Ausweis funktion (eID) soll verpflichtend von Banken und Finanz dienstleistern angeboten werden, sofern sie auch Videoiden tifizierungsverfahren im Einsatz haben. Teilautomatisierte Verfahren sollen zudem zugelassen werden. Einige Teile der Videoidentifizierung könnten dann außerhalb des Live-Vi deo-Calls stattfinden. Auch vollautomatisierte Lösungen, wie sie in anderen Ländern in der Finanzwelt bereits verwendet werden, könnten unter gewissen Voraussetzungen – und nach eingehender Prüfung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) – zum Einsatz kommen.
Bisher handelt es sich nur um einen Entwurf des Finanzministeriums – was muss sich bis zur fina len Gesetzgebung aus Ihrer Sicht noch ändern?
Die Detailanforderungen, die in Artikel 10 und 11 des Referentenentwurfs stehen, müssen aus unserer Sicht im Anhörungsverfahren noch diskutiert und angepasst wer den. Wir plädieren hier für die Übernahme aus dem Ba Fin-Rundschreiben 2017. Diese Anforderungen haben sich über viele Jahre bewährt und stellen sicher, dass weiterhin eine große Anzahl an Ausweisdokumenten für die Identi fizierungsverfahren zugelassen ist. Das ist wichtig, um dieses Verfahren weiterhin für alle in Deutschland lebenden Per sonen zu ermöglichen und die Gruppe der Personen, die sich online nicht mit ihrem ausländischen Ausweisdoku ment ausweisen kann, möglichst klein zu halten.
Wie wird digitale Identifizierung bislang angenommen?
Banken und Finanzdienstleister in Deutschland haben sich über die letzten zehn Jahre an die digitale Identifizierung gewöhnt. Sie ist sicher, spart Zeit und hebt die Finanzbranche in die digi tale Welt. VideoIdent ist dabei eines der am meisten genutzten Verfahren, das hatte bereits unser IDnow Digital Identity Index 2023 gezeigt: 38 Prozent der Deutschen hatten das Ver fahren demnach schon mindestens einmal durchlaufen.
Welche Vorteile schaff en die teil- und vollautomatisierten Videoidentifikationsverfahren für Banken, Finanzdienst leister und letztlich den Nutzern?
Die neu vorgeschlagenen Verfahren sollen das Onboarding modernisieren und wären für Banken und Dienstleister kos tengünstiger als das klassische VideoIdent, bieten aber weniger Schutz vor Deepfakes und Social Engineering-Angriffen als VideoIdent. Ein großer Vorteil der Zulassung mehrerer Ver fahren ist die Möglichkeit, den Endnutzern die Entscheidung zu überlassen, welches Verfahren sie zur Identifizierung nutzen wollen – ganz nach ihren persönlichen Wünschen und Fähig keiten. Neben der persönlichen Identifizierung in der Filiale sind die Video-Identifikation genau wie Verfahren, in denen die eID zum Einsatz kommt, nicht mehr wegzudenken. Es ist für Banken daher umso wichtiger auf Anbieter wie ID now zu setzen, die hohe Sicherheitsniveaus einhalten und alle Verfahren aus einer Hand anbieten können.
Gibt es Optimierungspotenzial im automatisierten Iden tifikationsverfahren von IDnow, damit dieses auch den wandelnden Sicherheitsbedrohungen der Zukunft begeg nen kann?
IDnow arbeitet seit seiner Gründung daran, den Fortschritt der Branche voranzutreiben und ständig die höchste Sicher heit für Kunden und Nutzer von Identitätsprüfungsverfahren sicherzustellen. Über unser gesamtes Lösungsportfolio hinweg – das umfasst VideoIdent, voll- und teilautomatisierte Lösun gen sowie die deutsche Online-Ausweisfunktion – arbeiten wir kontinuierlich an unseren Betrugspräventionsmechanismen. Dazu gehört unter anderem auch die Forschung im Bereich Deepfakes. Werden neue Betrugsansätze erkannt, untersuchen wir – genau wie andere Cybersecurity-Unternehmen – die Ursachen, um bei Bedarf Konsequenzen abzuleiten und unsere Sicherheitsvorkehrungen anzupassen.
Armin Bauer
Armin Bauer ist Chief Technology Officer (CTO) & Co-Founder der IDnow GmbH. 2006 gründete er im Team die amiando AG welche Payment und Ticketing Dienstleistungen anbietet und seit 2010 Teil der Xing AG ist. Bei IDnow verantwortet Armin Bauer die Bereiche Technologie, Produkt und Sicherheit.