Sonntag, 09. November 2025
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Selbstbedienung nichts für Deutsche

An der Kasse die Produkte selber scannen und anschließend direkt bezahlen, ohne dass eine Kassiererin den Job erledigt – die Möglichkeit für diese Zahlungsweise ist nicht neu, aber wirklich angenommen wird diese in Deutschland nicht. Warum weigern sich die User scheinbar so sehr, die modernen Systeme anzunehmen?

Ein Besuch beim Möbelgiganten IKEA macht es deutlich: Im Kassenbereich stehen den Kunden eine Handvoll Anlaufstellen zur Verfügung, an denen – ganz oldschool –  eine Angestellte oder ein Angestellter sitzt, der die zu kaufenden Produkte scannt und anschließend den entsprechenden Obolus vom Kunden verlangt. Doch hat der Besucher seit einiger Zeit auch die Möglichkeit, die von ihm ausgesuchte Ware an einem der Selbstbedienungsterminals zu bezahlen. Die Technik ist auf den ersten Blick nichts Besonderes, wenn man bedenkt, welche Payment-Methoden fast täglich in der Presselandschaft angepriesen werden. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch behaupten: Die größten Schlangen bilden sich immer noch an den Kassen, welche mit Personal besetzt sind.

Nur 20 Prozent scannen selbst

Mittlerweile sind lauter sozialwissenschaftliche Abhandlungen verfasst worden, die unsere gegenwärtige Epoche vor allem über ihre Schnelllebigkeit definieren. Sollte nicht schon aus diesem Grund im Zweifel die Selbstzahler-Kasse den anderen vollen Bereichen vorgezogen werden, wenn man auf diese Art und Weise Zeit sparen könnte? Genau an dieser Stelle scheint sich der Deutsche dann doch Zeit zu nehmen, weil ihm das „menschenlose“ Terminal irgendwie spanisch vorkommt. Dass nur rund 20 Prozent aller Deutschen jemals eine Selbstbedienungskasse benutzt haben ist bestimmt nicht nur auf schlechte Erfahrungen mit Maschinen zurückzuführen. Ich kann mir jedenfalls schlecht vorstellen, dass der Geldautomat um die Ecke 80 Prozent der Bevölkerung bereits einmal die EC-Karte geschluckt hat.

Deutschland – Ein Payment-Entwicklungsland

In den meisten Teilen der Welt sind diese oben beschriebenen Systeme fast schon standardisiert. Warum ist aber gerade das „große Deutschland“ immer noch ein Entwicklungsland in Payment-Fragen? Nun, ein Grund könnte in der Tatsache liegen, dass automatisierte Zahlmethoden bei deutschen Konzernen immer noch nicht Teil der Marktstrategie geworden sind, so argumentiert zumindest Michael Bayer von NCR in einem Artikel der WELT. So bleibt unterm Strich, dass der Deutsche immer noch am liebsten sein Portemonnaie an der Kasse zieht.  Selbst Kartenzahlungen tätigen wir im Vergleich zu anderen Nationen deutlich weniger. Folglich ist der Weg zum Selbstscannen auch viel weiter entfernt.
Als ich zuletzt an einem solchen Terminal stand, fragte mich ein verzweifelter Zeitgenosse: „Wann kommt denn die Kassiererin?“ Als ich ihm höflich den Kartenschlitz und das Selbstscann-Tool zeigte, bedankte sich der Herr und fuhr seinen randvollen Wagen zur nächsten Standardkasse.

Krieg der Maschinen?

Aus ökonomischer Sicht ist es nur allzu verständlich, dass Händler immer noch keine wirkliche Installationsoffensive gestartet haben, solange denn Zweifel bestehen, ob die Systeme überhaupt rentabel sind. Kunden, die Angst vor neuen Zahlungsmethoden haben, sind in der Regel keine glücklichen Kunden und in der Folge keine guten Kunden. Man sollte hier nicht zu polemisch werden und behaupten, dass wahrscheinlich einige Menschen die Geräte bewusst meiden, um die für sie unausweichliche Weltherrschaft der Maschinen noch ein Stück hinauszuzögern. Ängstliche Kunden sollten aufgeklärt werden. Vielleicht hilft in den ersten Jahren ein Angestellter, der interessierten Zahlern die neue Methode erklärt und ihnen die Angst nimmt. Psychologische Faktoren sollten in Geldsachen nicht unterschätzt werden.

Bildnachweis: mtreasure via istockphoto.de

Christian Grosshardt war zwischen 2014 und 2018 Redakteur im BANKINGCLUB und fungierte von Januar bis April 2018 als Chefredakteur von BANKINGNEWS. Während seines Studiums der Germanistik, das er mit dem Master of Arts abschloss, sammelte er bereits umfangreiche redaktionelle Erfahrungen als freier Mitarbeiter bei der Kölnischen Rundschau.

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