Die Entstehung der Fintechs

Die Entstehungsgeschichte der Fintech-Start-ups durchlief mehrere Phasen – von der Konfrontation über Kooperation bis hin zu Fusionen und Übernahmen.


London 2010: Die Finovate kommt zum ersten Mal nach Europa und gibt Fintech-Start-ups eine Bühne. Sie haben die Brille des Kunden auf der Nase und den rhetorischen Hammer in der Hand, um ordentlich auf den Putz zu hauen. Einige der jungen Wilden kündigen gar die Zerschlagung der tradierten Banken an. Sie sind angriffslustig im Auftreten und teilweise gespickt mit erfahrenen Ex-Bankern im Management. Und weil sie mit einer gewissen Expertise ausgestattet sind, merken sie (mit Ausnahmen) schnell, dass ihre oft genialen Ideen, mit denen sie Finanzthemen für den Kunden neu ordnen, am mangelnden Zugang zum Letzteren scheitern. Diesen Zugang teilen sich hierzulande die damals noch über 2.000 Banken untereinander auf. Denen wiederum fehlen entweder die Ideen oder ihre IT macht neue und innovative Produkte schwerfällig sowie in der Entwicklung und Einführung langatmig.

Die nächste Entwicklungsstufe dieses neuen Finanzökosystems wurde die Kooperation. Es gab kaum eine Bank, die keine pfiffigen Dienstleistungen von Fintechs in ihr Portefeuille aufnahm: die DKB unter anderem mit Cringle (inzwischen insolvent), Clark und FinReach; die Deutsche Bank unter anderem mit dwins und Fintura (auch insolvent). Eine Kooperations-Liste, die André Bajorat im Netz pflegt, wurde stetig länger und nur durch den ein oder anderen Marktausstieg bereinigt. Zwar gab es in dieser Phase auch Vollbanklizenzen für zwei Fintech-Start-ups, doch das Gros der über 600 Unternehmen setzte auf eine B2B-Strategie und bot Banken und Versicherungen seine Produkte und Dienstleistungen an. Wachablösung auf unbestimmte Zeit verschoben.
Die aktuelle Phase der Fintech-Evolution könnte heterogener kaum sein. Anfang März wurde vermeldet, dass figo nach einer Fusion mit FinReach unter das Dach der Berliner Fintech-Plattform finleap schlüpft. Liest sich wie eine Fusion, ist aber wohl auch eine kleine Übernahme. Die seit Jahren prognostizierte Konsolidierung im Fintech-Lager nimmt Fahrt auf.

Anders sieht es bei Raisin aus. Das Start-up hinter der Plattform WeltSparen kauft (insofern die BaFin zustimmt) die MHB-Bank, die derzeit bereits als deren Partnerbank fungiert. Waren es bisher eher Banken, die sich (wenngleich nie im großen Stil) an Fintechs beteiligt haben, so stellt Raisin-Gründer Tamaz Georgadze die Nahrungskette einfach auf den Kopf und spart sich den langen Weg, den N26 und die solarisBank bei der Beantragung einer BaFin-Lizenz hinter sich gebracht haben. Ihre Wettbewerber Deposit Solutions und Savedo hatten sich schon 18 Monate zuvor das Ja-Wort gegeben.

Bleibt zu hoffen, dass sich sowohl Banken als auch Fintech-Start-ups nicht zu sehr mit sich selbst und ihren nächsten Evolutionsschritten beschäftigen. Aus Fusionen von Banken oder deren Rechenzentren wissen wir, dass in diesen Prozessen Innovationen und das Geschäft am Kunden oft vernachlässigt werden. Genau das ist die Achillesferse, die das Aussterben der tradierten Banken wirklich einläuten kann. Den organisieren dann nicht die jungen Wilden, sondern Amazon und Co.

Lesen Sie auch

Fachbeiräte