Crowdfunding für Startups

BANKINGNEWS-Redakteur, Christoph Meyer, im Interview mit Gründer und Geschäftsführer Jens-Uwe Sauer. Meyer: Herr Sauer Sie sind Gründer und Geschäftsführer von Seedmatch. Ihr Unternehmen hat den Slogan „Crowdfunding für Startups“. Was genau steckt dahinter und was machen Sie? Sauer: Bei Seedmatch können registrierte Nutzer außergewöhnliche Geschäftsmodelle und neue Geschäftsideen entdecken und in diese investieren. Gründer stellen…


BANKINGNEWS-Redakteur, Christoph Meyer, im Interview mit Gründer und Geschäftsführer Jens-Uwe Sauer.

Meyer: Herr Sauer Sie sind Gründer und Geschäftsführer von Seedmatch. Ihr Unternehmen hat den Slogan „Crowdfunding für Startups“. Was genau steckt dahinter und was machen Sie?
Sauer: Bei Seedmatch können registrierte Nutzer außergewöhnliche Geschäftsmodelle und neue Geschäftsideen entdecken und in diese investieren. Gründer stellen sich und ihrem Konzept dazu in einem kurzen, selbstgemachten Video vor und präsentieren ihren Business- sowie Finanzplan. Ist man als potentieller Investor von einem jungen Unternehmen überzeugt, kann man sich an diesem bereits ab 250 Euro beteiligen. So sucht sich jeder seine Favoriten unter verschiedenen Startups aus und stellt Stück für Stück sein individuelles Investment-Portfolio zusammen.
Die Finanzierung der Startups basiert bei Seedmatch auf dem „Alles oder Nichts-Prinzip“. Die Investoren haben nur in einem begrenzten Zeitraum die Chance in ein Startup zu investieren. Innerhalb dieses Zeitraums müssen die einzelnen Investments einen vom Startup festgelegten Kapitalbedarf erreichen oder noch besser überschreiten. Andernfalls bekommt man als Investor sein Geld vollständig zurück. Bei einer erfolgreichen Finanzierung sind die Investoren an möglichen Gewinnausschüttungen beteiligt und profitieren vor allem vom Wachstum des Unternehmenswertes. Im besten Fall ist eine Vervielfachung des investierten Geldes möglich.
Wir sehen in Crowdfunding das Potential, den Markt der Startup-Finanzierung nachhaltig bereichern können. Der User hat zum ersten Mal die Chance, im Web aktiv mitzubestimmen, welche Produkte und Geschäftsmodelle den zukünftigen Markt gestalten. Jeder kann Einfluss darauf nehmen, welche innovativen Konzepte hierzulande gefördert und bald schon unser Leben vereinfachen werden. Somit liegt es nicht mehr nur in den Händen ausgewählter Kreise, über die Zukunft einer Geschäftsidee zu entscheiden, sondern auch in den Händen der tatsächlichen, späteren Kunden – also uns allen.
Aus dieser Konstellation ergibt sich eine in dieser Form noch nicht dagewesene Win-Win-Situation für Investoren und Startup: Die Vielzahl der Investoren sind am Erfolg des Startups interessiert und erhöhen dessen Bekanntheit. Die Gründer sorgen mit ihrer Performance dafür, dass das Unternehmen sich erfolgreich entwickelt und wächst. Von dieser Wertsteigerung profitieren dann wiederum die Investoren.

Meyer: Welche Vorteile bieten Sie den Gründern gegenüber einer Finanzierung durch Venture Capital–Gesellschaften oder auch gegenüber den klassischen Kreditinstituten?
Sauer: Startups können online bei den derzeitig über 1.700 registrierten Usern gleichzeitig pitchen und bis zu 100.000 Euro Kapital einsammeln. Mittelfristig peilen wir bei Seedmatch Finanzierungsrunden bis zu 500.000 Euro an. Neben dem benötigten Kapital erhält das junge Unternehmen beim Crowdfunding eine Vielzahl an affinen Unterstützern – Menschen, die sich selbst für das Projekt als Investmentchance entschieden haben, weil sie an die Innovationskraft der Geschäftsidee glauben. Sie sind an dem Erfolg der Startups interessiert und werden zu Multiplikatoren, wenn sie in ihrem sozialen Umfeld Empfehlungen aussprechen. Diese Aufmerksamkeit erhöht die Bekanntheit, was gerade in der Anfangszeit eines Unternehmens einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstellt. Darüber hinaus kann das Profil bei Seedmatch während des Finanzierungsprozesses und danach als Investor-Relations-Kanal genutzt werden.

Meyer: Wo Licht ist, ist auch Schatten: Wo liegen die potenziellen Nachteile?
Sauer: Startup-Investments sind immer auch Risikokapitalanlagen. Im negativsten Fall bedeutet dies für die Investoren, dass deren eingesetztes Kapital verloren geht, wenn das Startups insolvent ist. Der Verlust ist aber immer auf die Höhe der Einlage begrenzt, denn eine Nachschusspflicht besteht nicht. Verteilt man sein Geld jedoch auf mehrere Startups, gleichen die Gewinne der anderen Investments einen möglichen Verlust aus. Aus diesem Grund ist es ratsam, sich ein kleines Portfolio aufzubauen und seine Investments auf verschiedene Startups zu verteilen. Etwaige Verluste könnten dann durch das Portfolio aufgefangen werden.
Ab und zu werden wir von unseren Usern gefragt, warum ein vollständig ausgefülltes Profil Voraussetzung ist, um die Business- und Finanzpläne der Startups einsehen zu können. Dies hat folgenden Hintergrund: Je transparenter sich ein Startup darstellt, desto mehr Vertrauen können die Investoren aufbauen und desto attraktiver ist das Investment. Diese Transparenz basiert auf einem offenen und fairen Verhältnis zwischen Startup und Investor. Somit ist es auch grundlegend, dass die Gründer sehen können, wer ihre Investoren sind. Wir bei Seedmatch sorgen dafür, dass die Daten unserer User dabei sicher verwaltet und weder an Dritte weitergegeben noch in irgendeiner Form veröffentlicht werden.

Meyer: Bisher gehen Gründer mit einem mehr oder weniger ausgefeilten Businessplan zu einer Bank. Nach Ihren Wünschen dann aber demnächst zu Ihnen. Welche Rolle spielen Banken auf Ihrer Plattform?
Sauer: Banken spielen in der Finanzierung der Frühphase von Unternehmen leider kaum eine Rolle. Besonders dann nicht, wenn die Unternehmensgründung kapitalintensiv ist und dem Markteintritt eine lange Entwicklungsphase vorausgeht. Denn Umsätze oder Bilanzen lassen in diesem Stadium meist nicht vorweisen.
Bei der ersten Wachstumsfinanzierung sieht das aber ganz anders aus. Hier kann – gerade vor dem Hintergrund der Eigenkapitalanforderungen nach den Basel-Vorschriften – ein wichtige Symbiose entstehen, indem die Bank das Fremdkapital zur Verfügung stellt und Seedmatch den dafür notwendigen Eigenkapital-Anteil.

Meyer: Finanzen – Laut verschiedener Umfragen eines der unbeliebtesten Themen der Deutschen. Jetzt kommen Sie und wollen Privatpersonen dazu bewegen sich über Unternehmensfinanzierung Gedanken zu machen. Wie machen Sie das komplexe Thema verständlich?
Sauer: Crowdfunding für Startups ist die Chance mehr Leute für Investments zu begeistern. Denn jeder kann bei Seedmatch selbst und individuell entscheiden, in welche zukunftsweisen Unternehmen bzw. Produkte er investieren will. Somit liegt es in den Händen vieler Menschen mehr innovative Idee an den Markt zu bringen und letztlich selbst davon zu profitieren. Hinzu kommt, dass wir Startup-Investments auch für Menschen mit kleinerem Geldbeutel zugänglich machen. Folglich hat Crowdfunding das Potential, Kapitalanlagen in junge Unternehmen für ein breiteres Publikum attraktiv zu machen und das angekratzte Finanz-Image zu differenzieren bzw. neu zu definieren.
Wir wollen bei Seedmatch unseren Usern zudem das bieten, was viele bei anderen Geldanlagemöglichkeiten vermissen: Transparenz und offene Dialoge. Auf der Online-Plattform kann sich jeder nach seinen Wünschen unterschiedlich intensiv mit seinem Investment auseinandersetzen. Dies wird erreicht, indem wir die komplexen Sachverhalte auf das Wesentliche reduzieren, aber trotzdem gleichzeitig die Möglichkeit anbieten, sich tief in die Materie einzulesen und bei den Gründern nachzufragen. So sind Startup-Investments für die meisten unserer bisherigen Investoren auch mehr als nur eine Geldanlage mit attraktiven Renditechancen: Die einen finden es spannend, engagierte Gründer bei der Entwicklung ihrer Produkte zu unterstützen und sich darüber auszutauschen, weil sie das Produkt selbst gern in Zukunft nutzen möchten. Andere sehen sich in der gesellschaftlichen Verantwortung, Entrepreneurship hierzulande zu fördern, so dass auch in Zukunft eine bunte Vielfalt an jungen Unternehmen die Wirtschaft in Deutschland mitgestaltet.

Meyer: Seedmatch ist selbst quasi ein Start-Up. Wie finanzieren Sie sich, ebenfalls durch Crowdfunding?
Sauer: Ende letzten Jahres haben wir den bereits registrierten Usern von Seedmatch die Möglichkeit eröffnet, sich direkt an unserem Unternehmen zu beteiligen. Das wurde sehr gut angenommen und wir konnten damit auch gleich zeigen, dass Crowdfunding für Startups funktioniert – nur damals eben ohne entsprechende Plattform. Darüber hinaus haben wir einige Business Angels gewonnen. Diese kannten die Herausforderungen beim Einwerben von Eigenkapital und waren schnell von der Idee hinter Seedmatch überzeugt.
Künftig finanziert sich Seedmatch über Erfolgshonorare. Wird ein Startup erfolgreich über die Plattform finanziert, so zahlt das jeweilige Unternehmen je nach Aufwand für Seedmatch fünf bis zehn Prozent des eingesammelten Kapitals. Ein erneutes Crowdfunding für Seedmatch ist auch vorstellbar, derzeit aber nicht in Planung.

Meyer: Vielen Dank für das Gespräch und die Einblicke! Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt und werden berichten wie es bei Ihnen weitergeht.

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