Die Credit Suisse ist – und dieser Teil ist Ihnen längst bekannt – in einer massiven Krise. Und da holt man mit Tidjane Thiam einen waschechten Ex-McKinsey-Mann. Der wird es schon richten. Branchenerfahrung? Naja, Finanzbranche schon. Ob es jedoch richtig ist, ihm den Erfolg der Prudential alleinig zuzuschreiben. Da hat auch der Markt massiv geholfen. Aber was soll’s. McKinsey holt man, wenn man Kosten einsparen will, und da wird er wohl ein Profi sein. Ob indes Kosten einsparen die richtige Strategie ist, das darf bezweifelt werden (an dieser Stelle lege ich Ihnen das aktuelle Interview mit Frank Berg sehr ans Herz).
Jetzt ist am Paradeplatz durchgesickert, dass es bei der Credit Suisse im ersten Quartal nochmal einen Verlust in Höhe einer guten Milliarde Dollar geben könnte. Der Grund ist die notwendige Abschreibung auf ein milliardenschweres Anleiheportfolio, von welchem die Bel Etage der Bank nichts wusste. Thiams Antwort: Noch mehr Kosten einsparen. Bestimmte Bereiche der Bank noch weiter reduzieren. Die Credit Suisse einfach verramschen.
Herr Thiam, es gäbe da eine Möglichkeit die Kosten langfristig auf Null zu senken. Einfach den Schlüssel der Bank für immer umdrehen. Das hätte natürlich den Nachteil, dass die ca. 150.000 Schweizer Franken, die Sie nach Recherchen des Portals insideparadeplatz.ch im letzten Jahr pro Tag (!) verdient haben, auch wegfallen. Hat man bei einem solchen Gehalt (in zwei Tagen sind das mehr als unsere Kanzlerin im Jahr verdient) keine Zeit mehr, eine Bilanz zu lesen? Gerade wenn man in unserer Branche arbeitet, sollte man das beherrschen.
In Zürich wundert man sich in der Zwischenzeit, dass sich der Mann an der Spitze derzeit ganz so verhält wie der Kollege mit der untergegangenen Fähre. Direkt mal als erster das Weite suchen. In Zürich sieht man ihn wohl dieser Tage selten. Seine Führungsaufgabe versucht er aus London zu erledigen. Wenn es für Menschen in diesen Positionen solche Gehälter gibt und keine Konsequenzen bei Misserfolg, dann werden wir wohl von solchen Geschichten in den nächsten Jahren noch einige zu lesen bekommen.
Ihr Thorsten Hahn
Bildnachweis: Credit Suisse Group AG
Thorsten Hahn, Jahrgang 1967, ist Herausgeber der BANKINGNEWS und Gründer des BANKINGCLUB. In seinem Editorial „Quer durch die Bank“ bezieht er regelmäßig zu den Themen Stellung, die die Welt der Finanzen bewegen.
Der Profinetzwerker zählt auf Plattformen wie XING und Linkedin zu den Nutzern mit der besten Vernetzung in die Finanzbranche. Wie kein Zweiter versteht er dieses Netzwerk zu nutzen und auch anderen zugänglich zu machen.
Außerdem ist der erfahrene Banker und Diplom-Kaufmann Autor verschiedener Fachbücher und Buchbeiträge.