Verdeckte Testkäufe bei Finanzdienstleistern decken Schwächen in der Kundenberatung auf

„Mystery Shopping“ im Kreditgewerbe: Immer noch führen Bankberater eher strukturlose Beratungsgespräche, denen es an professioneller Vorbereitung mangelt. Zum krönenden Abschluss kommt es nicht, da die Berater selbst abschlusswillige Kunden gerne auf einen Folgetermin vertrösten. „Die Finanzdienstleister erkennen zwar die strategische Bedeutung einer guten Beraterqualität, dennoch erfolgt die Umsetzung entsprechender Maßnahmen häufig noch viel zu schleppend“,…


„Mystery Shopping“ im Kreditgewerbe: Immer noch führen Bankberater eher strukturlose Beratungsgespräche, denen es an professioneller Vorbereitung mangelt. Zum krönenden Abschluss kommt es nicht, da die Berater selbst abschlusswillige Kunden gerne auf einen Folgetermin vertrösten.

„Die Finanzdienstleister erkennen zwar die strategische Bedeutung einer guten Beraterqualität, dennoch erfolgt die Umsetzung entsprechender Maßnahmen häufig noch viel zu schleppend“, sagt Kai Fürderer von der Nielsen+Partner Unternehmensberater GmbH.

    „Nachdem sich das Kreditgewerbe jetzt in einer generellen Vertrauenskrise befindet, müssen auf der Ebene der Kundenberatung neue, vertrauensbildende Instrumente implementiert werden.“ Gemeinsam mit mehreren Fachleuten aus dem Bereich des Retail- und Affluent-Banking, führte der Experte für Beratungssysteme Testkäufe im Undercover-Verfahren bei verschiedenen deutschen Banken durch. Das Ergebnis: Die Empfehlungen der meisten Kundenberater sind von Vorsicht geprägt, die Beratung selbst war oft unstrukturiert.



    Traurige Bilanz nach den Höhen und Tiefen des vergangenen Börsenjahres: Im Rahmen der Kursrückgänge am Aktienmarkt haben viele private Aktionäre nicht nur ihr Geld, sondern vor allem ihr Vertrauen in die meisten Kreditinstitute verloren. Verunsicherung und Frustration machen sich unter den Anlegern breit, wodurch sie auch die Empfehlungen der Bankberater selbst deutlich kritischer sehen. „In der aktuellen Krise haben die wenigsten Finanzdienstleister ihre Vertriebsziele erreicht“, weiß Fürderer. „Und das liegt, wie wir bei unseren Testkäufen festgestellt haben, nicht zuletzt an einer oft sehr schlechten Kundenberatung.“ Ein Aspekt, der seitens der Banken nicht unterschätzt werden sollte. Dabei seien in den meisten Fällen schon ein paar kleine Tipps ausreichend, um die Beraterqualität deutlich zu verbessern, so der Experte.

    Derzeit erfahren vor allem Volksbanken und Sparkassen einen enormen Zulauf an Neukunden.  Sie bieten einfache und verständliche Produkte an, mit denen sie in ihrem Geschäftsgebiet agieren. „Wir vermuten, dass genau das in Zukunft auch die Menschen und folglich auch die Kunden interessieren wird, die ein Gesamtvermögen haben, welches für die meisten regionalen Banken eine völlig neue Dimension darstellt“, sagt Fürderer. Deshalb sei es nötig, dass die Banken sich einerseits über neue Produkte und Dienstleistungen für dieses Klientel Gedanken machen, andererseits aber auch ihr Beraterangebot anpassen. 

    Für die übrigen Finanzdienstleister bedeute das Testergebnis, dass sie alles Mögliche daran setzen sollten, das Vertrauen ihrer Kunden zurück zu gewinnen. 

    Die Aktienkurse auf den internationalen Märkten sind in den vergangenen Monaten kräftig gefallen. Auch weiterhin werden starke Preisbewegungen vieler Anlageklassen Investoren auf den Finanzmärkten in Atem halten. „Doch den Kopf in den Sand zu stecken und nur noch konservative Anlageempfehlungen zu geben, bringt den Kunden langfristig gesehen rein gar nichts“, weiß Fürderer. Stattdessen seien jetzt Investitionen gegen den Strom der Börse gefragt, wenn sich diese mit der Zeitplanung und der Risikoeignung des Kunden vereinbaren lassen. 

    Wenig Struktur im Beratungsgespräch und mangelnde Vorbereitung sind weitere Aspekte, die den Testkäufern unangenehm aufgefallen sind. Experte in seinem Fachgebiet zu sein reicht einfach nicht aus.  

    Bei den Testkäufen habe die Unterhaltung eher den Charakter einer zufälligen Gesprächsentwicklung gehabt, mit wenig Struktur, sich bestimmten Fragen zu nähern. Oft machte es sogar den Anschein, als hätten die Berater sich fast gescheut, bestimmte Dinge zu thematisieren, die zudem noch äußerst wichtig gewesen wären.

    Schließlich war in den meisten Testsituationen kein Vertragsabschluss möglich. Eine schnell Kundenentscheidung war weder vorgesehen noch erwartet. „Hier werden von den Banken Chancen vertan, nach denen man sich woanders die Finger lecken würde.“

    Die Testkäufe zeigen, dass neben der allgemeinen Diskussion über Provisionen oder der Beratung auf Honorarbasis, auch die Diskussion über die allgemeine Beratungsqualität nicht zu kurz kommen darf. Dabei ist gute Beratung erlernbar und sollte bereits in der Ausbildung zu einem wesentlichen Teil der Berufsqualifizierung gehören. Wohlgemerkt es geht um eine „handwerklich“ gut durchgeführte Beratung und nicht darum, wie ich einer Dame im hohen Alter von 98 Jahren noch eine Staatsanleihe mit 20 Jahren Laufzeit verkaufen kann.