Der Stressttest stresst zunehmend die europäischen Banken und die EBA. Ein Kommentar des Westfalen-Blatts zur Bankenaufsicht.
Jeder kennt ihn, den Stress. Als Auslöser gelten Arbeitsdruck und übermäßige Belastung, anhaltender Kummer oder eine besondere Gefahrensituation. Neu ist ein Stresstest als auslösender Faktor. Der Bericht, den die neu geschaffene europäische Bankenaufsicht EBA zum zweiten Mal vorgelegt hat, hat alle Voraussetzungen, den Adrenalin-Spiegel bei Bankmitarbeitern und ihren Kunden in die Höhe zu treiben. Natürlich ist es gut, wenn die EBA ihren Auftrag ernst nimmt. Dazu gehört, dass Banken bei der Prüfung auch durchfallen können – allerdings auf der Grundlage von Aufgaben, die transparent und plausibel sind.
Beim aktuellen Test sind an einigen Stellen Zweifel angebracht. So hat es die EBA versäumt (oder auf politischen Druck hin darauf verzichtet), den Fall eines Staatsbankrotts oder einer schmerzhaften Umschuldung (Haircut) in den Test einzubeziehen. Stattdessen geht das entscheidende Krisenszenario von einem konjunkturellen Einbruch und einem Rückgang der europäischen Wirtschaft in zwei Jahren um insgesamt vier Prozent bei gleichzeitiger Erhöhung des Leitzinses aus. Allerdings ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Europäische Zentralbank einen Abschwung noch verstärkt, indem sie die Kredite verteuert.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob kleinere Geldinstitute wirklich den gleichen strengen Kriterien zu unterwerfen sind wie Großbanken. Die spanischen Sparkassen sind teilweise schon beim ersten Bankenstresstest durchgefallen. Inzwischen wurde das System grundlegend umstrukturiert – ein Faktor, den die EBA zu wenig berücksichtigt hat. Ganz unverständlich wird das Testergebnis dadurch, dass auf deutscher Seite ausgerechnet die solide Hessische Landesbank bei den Prüfern durchgefallen ist, während die hochverschuldeten Bayern-LB und West-LB offenbar bestanden haben. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, wurden die stillen Einlagen nicht zum harten Kernkapital gerechnet, obwohl das Hessen ausdrücklich erklärt hat, dass die Milliarden in Krisenzeiten zur Verfügung stünden. Diese Mängel sind so gravierend, dass die EU darüber nicht zur Tagesordnung übergehen darf. Schließlich kann das Ergebnis schlimmstenfalls auch zur Insolvenz eines Instituts führen.
Nicht jeder Kunde studiert erst lange den kompletten Bericht, um zu einem selbstständigen Urteil zu kommen. Die Kritik an diesem Verfahren bedeutet nicht, dass Bankenstresstests grundsätzlich sinnlos sind. Schließlich suchen Bankkunden nach der Finanzkrise und in der aktuellen Währungsdebatte händeringend nach Sicherheiten für ihr Geld. Dazu würde es reichen, wenn eine europäische Bankenaufsicht permanent über die Geldinstitute wachen und in einer wirklichen Krisensituation auch die notwendigen Maßnahmen ergreifen würde. Fight or Flight – Kampf oder Flucht – sind Medizinern zufolge die natürlichen Stressreaktionen. Flüchten wäre falsch. Die EBA muss kämpfen.
Info vom Westfalen-Blatt – www.westfalen-blatt.de
Foto von Joshua Hodge Photography – www.istockphoto.com
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