Freier Fall

Felix Baumgartner heißt er. Vielleicht haben sie schon von ihm gehört. Der ehrgeizige 41jährige Österreicher plant, sich aus exakt 36.576 Metern Höhe auf die Erde zu stürzen. Bereits nach rund einer halben Minute will Baumgartner seine Höchstgeschwindigkeit erreichen: Überschall. Danach dürfte es gemütlicher werden, nach fünf Minuten öffnet er seinen Fallschirm und nach 20 Minuten…


Felix Baumgartner heißt er. Vielleicht haben sie schon von ihm gehört. Der ehrgeizige 41jährige Österreicher plant, sich aus exakt 36.576 Metern Höhe auf die Erde zu stürzen. Bereits nach rund einer halben Minute will Baumgartner seine Höchstgeschwindigkeit erreichen: Überschall. Danach dürfte es gemütlicher werden, nach fünf Minuten öffnet er seinen Fallschirm und nach 20 Minuten ist das Abenteuer vorbei. Was sagt so einer zu seiner Mutter? „Mutti, meine Hausaufgaben sind fertig, darf ich noch ein bisschen im Weltall hüpfen?“ – „Ja, Kleiner! Aber zieh‘ dich warm an, ‚s ist kalt dort oben.“ Stimmt, 36 Kilometer über der Erde ist es fast so kalt wie derzeit in der bayerischen Voralpenebene. Und da der Mann ab Vierzig für seine Haut selbst verantwortlich ist, können wir nur hoffen, dass sich Felix vor seinem Weltraumköpper gründlich mit glutenfreier Bio-Ringelblumensalbe eincremt.

Während der Österreicher zum Spielen geht, kämpft der Grieche ums nackte Überleben. Die Parlamentsabstimmung über die neuesten Sparmaßnahmen wurden in Athen von gewalttätigen Protesten begleitet. Immer mehr Bürger stellen die nicht ganz unberechtigte Frage, ob ein Austritt aus der Währungsunion nicht die besseren Perspektiven aufzeige. Die (noch amtierende) politische Mehrheit sieht dies (noch) anders. Im Parlament wurden die Sparmaßnahmen in der vergangenen Nacht mit großer Mehrheit verabschiedet. Insgesamt 43 Abweichler wurden anschließend von ihrer Aufgaben enthoben. Wie geht es jetzt weiter?
Der vorläufige Kalender sieht im griechischen Schuldendrama die folgenden Etappen vor:

  • 15. Februar: Am kommenden Mittwoch dürften die Euro-Finanzminister das zweite Rettungspaket im Umfang von 130 bis 145 Mrd. Euro im Grundsatz beschließen.
  • 17. Februar: Spätestens am Freitag will Griechenland den privaten Gläubigern des Staates sein Angebot für einen freiwilligen Schuldenschnitt inklusive Anleihenumtausch unterbreiten. 20. Februar: Am Montag in einer Woche treffen sich die Euro-Finanzminister erneut.
  • 27. Februar: Im Deutschen Parlament soll über das zweite Rettungspaket abgestimmt werden.
  • 20. März: Mehr als 14 Mrd. griechische Staatsanleihen werden fällig. Bis dahin muss gewährleistet sein, dass a) Griechenland über die entsprechenden Mittel verfügt, um den Schuldenschnitt gemäß Vereinbarung durchzuführen; b) Garantien bereitgestellt sind, um das griechische Bankensystem vor dem Kollaps zu bewahren; c) Mittel bereitgestellt sind, welche es ermöglichen, die bei der EZB als Sicherheit für Repo-Transaktionen hinterlegten Staatsanleihen in andere Papiere umzutauschen.
  • April: Neuwahlen in Griechenland.

Wir werden in den kommenden Tagen mit verwirrendem Milliardensalat konfrontiert werden. So soll das Rettungspaket 100 bis 115 Mrd. Euro „normale“ Finanzierung enthalten plus rund 30 Mrd. Euro zur Absicherung des Schuldenschnitts. Der Rettungsschirm EFSF stellt angeblich rund 35 Mrd. Euro bereit, um die bei der EZB als Kreditsicherheit hinterlegten Staatsanleihen abzulösen. Weitere rund 23 Mrd. Euro von der EFSF sind angeblich für die Rekapitalisierung griechischer Finanzinstitute vorgesehen. All diese Angaben sind freilich vorläufig und in diesem Sinne „ohne Gewähr“.

Auch wenn es am vergangenen Freitag mal einen „Risk Off“-Tag mit schwachen Aktien und festen Bundesanleihen gab – insgesamt verarbeiten die Anleger die Ereignisse rund um die Schuldenkrise in Griechenland mit erstaunlicher Contenance. In den nächsten Tagen sollte man sich auf abrupte Stimmungsschwankungen einstellen. Viele Anleger dürften jedoch nach dem Motto verfahren, „Kursrückschläge sind Einstiegsgelegenheiten“, weshalb sich die Märkte insgesamt behaupten können sollten. Einige fragwürdige Postillen empfehlen ihren Lesern, ihr Depot gegen die Schuldenschnittkälte vorsorglich mit Ringelblumensalbe einzucremen. Wir halten dies nicht für angebracht…

Foto von DNY59 – www.istockphoto.de