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Führen in der Cloud

Innovationsmanager Anne Spiering und Bernhard Eickenberg über Arbeitskontrolle, gemeinsame Ziele, virtuelle Meetings und warum fest vereinbarte digitale Kaffeepausen in Pandemie-Zeiten so wichtig sind.


Jemand arbeitet im Homeoffice, Führungskraft muss das Team koordnieren, Führen in der Cloud

Die Corona-Pandemie hat viele Mitarbeitende ins Homeoffice geschickt. Für eine Führungskraft ergibt sich hier eine völlig neue Herausforderung, denn die Kommunikation wird indirekter und konzentriert sich auf wenige vereinbarte Meetings. Die Einflussnahme und Kontrolle der Arbeit nimmt mit dieser Entfernung ab.

Wir im Innovationsmanagement der Volksbank Bielefeld-Gütersloh arbeiten seit März ausschließlich im Home-Office und möchten hier einige Prinzipien und Methoden teilen, mit denen wir die Arbeit „in der Cloud“ mit unseren Führungskräften abstimmen.

Die Hauptziele der Führungskräfte von remote arbeitenden Teams sollten einerseits sein, das Alignment („Ausrichtung“), also das Verständnis vom gemeinsamen Ziel zu erhöhen, um das selbstständige Arbeiten aller zu verbessern. Andererseits sollten sie auch darauf abzielen, die Informationsflüsse noch aktiver zu managen, um das Team inhaltlich, aber auch sozial beieinander zu halten.

Alignment stärken, Autonomie gewähren

Wenn Mitarbeitende von zu Hause arbeiten, arbeiten sie unabhängiger. Um sicherzustellen, dass trotzdem das herauskommt, was das Unternehmen braucht, muss das Team auf gemeinsame Ziele ausgerichtet sein. Jedem muss klar sein, worauf man hinarbeitet und – noch wichtiger – warum man dies tut. Denn nur wenn auch die Intention hinter den Zielen bekannt ist, kann improvisiert werden – und das werden Mitarbeitende müssen, wenn Plan und Realität kollidieren. Besteht Alignment, kann und sollte jedes Teammitglied so viel Autonomie wie möglich bezüglich der Zielumsetzung erhalten. Gute Tools für das oberste Level des Alignments sind gemeinsame Vision und Mission Statements.

Für uns haben sich in der Arbeit zudem Objectives and Key Results (OKRs) als wirklich solide Methode herausgestellt, um Ziele im Quartalsrhythmus mit unseren Führungskräften zu vereinbaren. Wichtig ist dabei: Anfangs neigten wir schnell dazu, Maßnahmen abzusprechen und so etwas wie eine To-do-Liste zu erstellen. Das ist aber nicht das Ziel, denn es geht um die Vereinbarung von Ergebnissen.

Die Maßnahmen können dann von den Mitarbeitenden situationsgerecht und weitgehend autonom erdacht und umgesetzt werden. So können sich die Führungskräfte ganz auf die Unterstützung unserer Arbeit konzentrieren, statt kleinteilig zu kontrollieren. Ein weiterer Vorteil, wenn man über Ergebnisse anstelle von Maßnahmen spricht, ist, dass man hinterfragt, was man als Team erreichen möchte (was wiederum das Alignment stärkt).

Kontakt zwischen Führungskraft und Team halten

Je mehr Autonomie in der Umsetzung gewährt wird, desto relevanter wird es, sich explizit auf Prinzipien der Arbeit zu einigen. Wann wird eine Führungskraft in Entscheidungen involviert? Was muss wie dokumentiert werden? Hier machen spezifische Meetings für das Aufsetzen und Verbessern/Updaten dieser Regeln Sinn. Um den Kontakt zwischen Führungskraft und Team auch in der Umsetzung zu halten (und der Führungskraft die Möglichkeit zu geben, Maßnahmenpläne zu korrigieren), eignen sich Tools wie ein Kanban Board, auf dem die Maßnahmen übersichtlich dargestellt und in regelmäßigen Team-Meetings (nicht zwangsweise als Dailys, aber öfter als Weeklys) besprochen werden.

Vorsicht ist jedoch bei One-on-Ones geboten: Sie sind zwar eine gute Möglichkeit, auch im Home-Office Kontakt zu einzelnen Mitarbeitenden zu halten, bergen aber die Gefahr, dass Team-interne Konflikte über die Führungskraft ausgetragen werden. Daher ist es für Führungskräfte enorm wichtig zu unterscheiden, welche Themen in die One-on-Ones und welche in die Teamrunden gehören.

Der Informationsfluss zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft bleibt in der Regel auch aus dem Home-Office erhalten, da beide diesen für gewöhnlich einfordern. Anders sieht es dagegen innerhalb des Kollegenkreises aus. Führungskräfte müssen daher darauf achten, den Informationsfluss zwischen ihren Teammitgliedern zu fördern – sowohl den arbeitsrelevanten als auch den sozialen.

Denken Sie als Führungskraft doch einmal über verschiedene Austauschebenen nach

  • Operativer Austausch: Im Reich der Dailys/Weeklys und One-on-Ones werden Sie vermutlich bereits gut aufgestellt sein, denn die Notwendigkeit solcher Meetings kommt automatisch auf und fordert sich quasi von selbst ein. Überlegen Sie, ob es auch zwischen den Mitarbeitenden genug operativen Austausch gibt und vereinbaren Sie Rahmenrichtlinien (etwa Regeln für Erreichbarkeit und Antwortzeiten). Übrigens: Innovationen und gute Ideen entstehen oft in zufälligen Gesprächen in der Kaffeepause. Das Home-Office bietet hier keinen direkten Ersatz. Solche Möglichkeiten sollten aktiv geschaffen werden, etwa mit fest vereinbarten digitalen Lunch- oder Coffee Breaks.
  • Sozialer Austausch: Im Rahmen jeder Arbeit kommt es früher oder später zu Unstimmigkeiten. Gut, wenn das Team dann eine persönliche Verbindung hat, die hilft, die Unstimmigkeiten zu puffern. Dafür ist es nötig, sich wirklich zu kennen. Dabei helfen uns tiefere Einblicke in die Persönlichkeit des Gegenübers. Warum nicht als Icebreaker vor einem Meeting mal eine kurze (digitale) Wohnungsbesichtigung eines Teammitglieds einbauen oder Kennenlernspiele in gesonderten Workshops? Der Klassiker ist wohl „zwei Wahrheiten, eine Lüge“, bei dem jedes Mitglied zwei wahre und eine falsche Aussage über sich trifft und das Team die Lüge finden muss. Und natürlich lohnt es sich, Erfolge regelmäßig gemeinsam zu feiern.
  • Prozessualer Austausch: Wer über Arbeit redet, redet meist darüber, welche Arbeit erledigt wird, nicht wie diese Arbeit erledigt wird. Agile Teams dagegen haben gelernt, in Retrospektiven darüber zu sprechen, wie ihre Arbeit läuft – und wie man sie verbessern könnte. Gerade für Teams, die unter neuen Bedingungen arbeiten ist solch ein Austauschformat Pflicht. Unsere Empfehlung: mindestens eine Stunde Retrospektive alle zwei Wochen, moderiert von einem externen (und damit neutralen) Gast. Retrospektiven-Workshops finden sich zum Beispiel auf Retromat.org.
    Übrigens sollten Sie bei digitalen Teamkonferenzen mehr noch als bei Live-Meetings darauf achten, dass ein gemeinsames Gruppengedächtnis (Protokoll) geführt wird, und zwar auf einem geteilten Bildschirm, sodass jeder kontrollieren und gegebenenfalls korrigieren kann. Dafür reichen schon Power-Point oder Word mit geteiltem Bildschirm. Nur so ist sichergestellt, dass jeder mit demselben Informationsstand aus dem Meeting geht.

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