Vom Konkurrenten zum Partner

Keine Frage, Banker zu sein war schon mal einfacher. Staatliche Regulierungen und interne Optimierungen binden viel Energie. Für die Entwicklung neuer Produkte und Vertriebswege sowie deren Anpassungen an die digitale Welt bleibt derzeit wenig Spielraum. Nun können ausgerechnet diejenigen den Banken helfen, die angetreten sind, sie überflüssig zu machen. In den vergangenen Jahren formierte sich…


Keine Frage, Banker zu sein war schon mal einfacher. Staatliche Regulierungen und interne Optimierungen binden viel Energie. Für die Entwicklung neuer Produkte und Vertriebswege sowie deren Anpassungen an die digitale Welt bleibt derzeit wenig Spielraum. Nun können ausgerechnet diejenigen den Banken helfen, die angetreten sind, sie überflüssig zu machen.

In den vergangenen Jahren formierte sich eine bunte Szene von Unternehmen aus dem Internet- und Telekommunikationssektor sowie unzählige Start-ups, um banknahe Dienstleistungen anzubieten. Diese Quereinsteiger, oft als FinTech-Unternehmen (Finance Technologie) bezeichnet, entwickeln ein gutes Gespür für neue Produkte und sind äußerst experimentierfreudig. Zu ihnen gehören Internetkonzerne wie Google, PayPal und Amazon, vielleicht bald Facebook und Apple, Telekommunikationskonzernen wie Vodafone und Telekom, die aber bisher hinter den hochgesteckten Erwartungen zurückbleiben, und vor allem unzählige Start-ups, die in der Summe mittlerweile nahezu alle Segmente im B2C-Geschäft abdecken und sich immer dicht an B2B-Segmente herantasten. Diese Unternehmen, einige von ihnen sogar mit Banklizenz, drängen sich mit cleveren Angeboten zwischen Banken und Kunden. Viele bieten kundenorientiertere Finanzdienstleistungen an.

Fin-Techs erleichtern Beschaffung von Kapital

Oft geht es um neue Formen der Leistungserstellung, die Kunden aktiv einbeziehen, wie die Peer-to-Peer-Finanzierung. LendingClub, eine US-Kreditbörse, gilt nicht nur als Star im Digital Finance, sondern hat mittlerweile über fünf Milliarden Dollar Kredite an Privatkunden vergeben, neuerdings auch an Geschäftskunden. Aber auch Prosper oder deutsche Angebote wie Auxmoney, Zencap oder Finmar haben längst die Unternehmensfinanzierung erreicht und wecken das Interesse institutioneller Anleger. Plattformen für Crowdfunding in verschiedenen Varianten von projektgestützt als Kickstarter bis zu börsengehandelten Anteilen erleichtern die Beschaffung von Risikokapital.

Im Anlagegeschäft haben wir es mit neuen Formen der Transparenz zu tun. So legt Moneymeets Provisionen für Investmentfonds offen und schüttet diese zum Teil aus. Bald will das Unternehmen auch Transparenz in Versicherungsverträge bringen. Nebenbei gewinnt die Plattform wesentlich mehr Informationen aus Depotdaten als Banken. Wir sehen neue Formen der Geld- und Kapitalanlage, wie etwa von Vaamo, Easyfolio oder Wikifolio, mit denen Anleger leichter an ertragreichere Kapitalanlagen geführt werden. Neue Handelsplätze, wie in den USA Loyal 3, ermöglichen den direkten Erwerb von Aktien namhafter Firmen unter Umgehung von Banken, Börsenplätzen und Clearern.

Geld ist Vertrauenssache

Aber viele Innovatoren haben ein Problem. Sie existieren meist nur online oder auf mobilen Endgeräten. Vielleicht ist das ein Grund, warum ihnen die Kunden nicht in Scharen zufliegen. Bei Geld geht es immer auch um Sicherheit, langfristige Stabilität, Datenschutz, zusammengefasst also um Vertrauensfragen und Reputation. Zwar besuchen immer weniger Kunden ihre Filialen, für die Vertrauensbildung legen aber viele weiterhin wert darauf, einen persönlichen Ansprechpartner zu haben, den man im Zweifel gegenübersitzen kann.

Für Banken öffnen sich damit neue Optionen. Immer mehr Häuser nehmen die aktuellen Entwicklungen ernst und lernen die Technologien und Marktteilnehmer kennen. Sie versuchen die strategischen Wirkungen auf das eigene Geschäft einzuschätzen und Risiken daraus für die eigenen Geschäftsmodelle zu identifizieren. Nicht immer sehen sie akuten Handlungsbedarf. Aber sie bauen Know-how auf und sorgen für die „digital fitness“ ihrer Mitarbeiter.

Banken setzen derzeit weniger auf eigene Neuentwicklungen, sondern eher auf Zusammenarbeit mit den FinTech-Unternehmen und die Anbindung an ihre Systeme. Exemplarisch seien hier einige Beispiele genannt.

Vom Konkurrenten zum Partner

So hat Yapital, der Start-Up der Otto Group, bereits offiziell angekündigt, sich für seine mobilen Bezahllösungen für Partnerschaften mit Banken zu öffnen. Vaamo arbeitet für seine Anlagepläne mit einer Fondsbank zusammen, die ein regulatorisches Dach bietet. Moneymeets integriert die Wertpapierdepots und Konten verschiedener Banken und Onlinebroker in einer Benutzeroberfläche. Häuser mit Banklizenz wie Fidor, das Bankhaus Sutor und andere Finanzdienstleiter bieten ihrerseits ein regulatorisches Dach für Start-ups, um ihnen die Einhaltung regulatorischer Anforderungen zu erleichtern.

Banken wie die Commerzbank, Santander oder HSBC suchen ebenfalls über Inkubatoren nach Perlen im FinTech-Dschungel, andere gründen oder unterstützen Innovation Labs.

Die Credit Suisse unterhält eine Innovation Factory, die bislang vor allem Apps für das mobile Banking kreiert hat, und sie ist als aktive FinTech-Investorin tätig.

Im Peer-to-Peer Geschäft zeigt Lending Club, dass die Kooperation auch Banken wieder attraktiv erscheinen lässt.

Kartendienstleister wie Visa und andere Bankendienstleister sehen die hinter Bitcoin stehende Technologie (also nicht die Kryptowährung selbst) als Chance, um den direkten Transfer von digitalem bzw. digitalisierbaren Eigentum erheblich zu erleichtern. Das umfasst neben Währungstransaktionen auch Eigentumsrechte an physischen und virtuellen Assets wie z.B. Aktien und anderen Wertpapieren.

Diese Beispiele zeigen, dass alte und neue Finanzwelt spannende Formen der Zusammenarbeit entwickeln. Wenn sich Banken noch mehr vom FinTech-Spirit inspirieren lassen und neue Optionen Angebot richtig konzeptionieren und implementieren, dann können Kunden, Banken und FinTechs davon profitieren.

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