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Telepräsenz: so fern und doch so nah

Digitale Kommunikation und persönliche Beratung müssen sich nicht ausschließen. Die VR Bank Kaufbeuren Ostallgäu hat mit ihrem Telepräsenzsystem gezeigt, wie es geht. Interview mit Dr. Florian Hutter


Mit dem Telepräsenzsystem der VR Bank Kaufbeuren-Ostallgäu ist persönlicher Kundenkontakt auch auf Distanz möglich.

BANKINGNEWS: In Deutschland wird Online-Banking immer beliebter, während die Filialbesuche von Bankkunden zurückgehen. Warum ist es wichtig, weiterhin an der Präsenz vor Ort festzuhalten?

Dr. Florian Hutter: Wir glauben fest daran, dass es ohne regionale Geschäftsstellen nicht geht. Das vermittelt uns auch der Kunde. Er fragt immer wieder nach Ansprechpartnern vor Ort, vor allem dann, wenn seine Anfragen mit Lebensentscheidungen zu tun haben, die ihn emotional berühren. Dann sind Telefon oder Online-Banking nur zweite Wahl. Der andere Punkt ist, dass Online-Banking zwar immer beliebter wird, aber im Moment hauptsächlich bei einfachen Transaktionen und der Kontoführung genutzt wird. Sobald das Anliegen komplexer wird, braucht es einen Ansprechpartner, auf dessen Know-how man sich verlassen kann. Und dann hat der Kunde es lieber persönlich, statt automatisiert.

Wie haben sich die Besucherzahlen in den Filialen der VR Bank Kaufbeuren-Ostallgäu in den letzten Jahren entwickelt?

Natürlich haben auch wir gemerkt, dass die Frequenz in den Geschäftsstellen nachlässt. Als Regionalbank mit über 20 Geschäftsstellen und einer Nord-Süd-Ausdehnung von über 100 Kilometern war es für uns jedoch keine Option, sich noch weiter zurückzuziehen. Sonst wäre der Charakter einer Regional- und Genossenschaftsbank vollständig verloren gegangen. Wir haben also entschieden, dass wir eine Lösung finden müssen, um auch weiterhin mit unserer Marke regional präsent zu sein. Auf Basis dieser Erkenntnis ist unser „VideoService“ entstanden.

Was zeichnet Ihren VideoService aus?

Als wir damals mit dem Projekt starteten, gab es viele offene Fragen. Keiner wusste, ob der VideoService funktionieren wird und der Kunde ihn überhaupt akzeptiert. Das Risiko war groß. Daher war es von vornherein unser Anspruch, den VideoService möglichst wie in der Vor-Ort-Präsenz darzustellen. Das heißt, eine technische Interaktion mit dem System ist nicht notwendig, der Kunde muss keine Taste drücken und keine Tastatur bedienen. Sonst wären wir wieder im SB-Bereich angekommen, und das wollten wir nicht. Der Mitarbeiter wird dem Kunden in Lebensgröße zugeschaltet und ihm werden bis auf kleine Ausnahmen wie Münzeinzahlungen und -auszahlungen alle vorherigen Leistungen angeboten. Darüber hinaus erhält er zusätzliche Mehrwerte wie verlängerte Öffnungszeiten. Der VideoService steht Kunden an Werktagen von 8 bis 18 Uhr zur Verfügung.

Haben Sie vor, die Öffnungszeiten in Zukunft noch weiter zu verlängern?

Im März 2019 haben wir einen Standort in einem Einkaufszentrum eröffnet. Wir haben sozusagen unser Konzept in den lokalen Einzelhandel integriert. Hier fragen wir uns natürlich: Müssen wir uns anpassen? Wird der Service dort so stark nachgefragt, dass wir auch in die Abendstunden gehen müssen oder am Wochenende geöffnet bleiben? Das ist denkbar. Bei unseren Geschäftsstellen ist es jedoch anders. Ich bezweifle, dass wir dort den VideoService zukünftig auch nach 18 Uhr anbieten werden. Wir haben festgestellt, dass Kunden diesen Service eher morgens und in der Mittagspause nutzen, in den Abendstunden eher weniger. Bei unseren Filialen ist die Frequenz auch deshalb nicht mehr so hoch, weil die Menschen nach der Arbeit eher zum Einkaufen gehen. Mit unserem neuen Standort im Einkaufszentrum sind wir unseren Kunden also gewissermaßen gefolgt.

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