Kundenzentrierte Beratung kommt nicht ohne Bancassurance aus

Die Meinungen zum Thema Allfinanz schwankten in den letzten Jahrzehnten schon zwischen Hoffnung und Abgesang. Wie steht es aktuell um den Bancassurance-Markt? In der achten Ausgabe des BANKINGCLUB-Radars haben die Management-Beratung Horn & Company und BANKINGCLUB Experten in der Finanzbranche genau diese Frage gestellt.


Bancassurance
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Banken und Versicherungen stehen vor ähnlichen Herausforderungen: Beide müssen sich stetig transformieren, um den sich verändernden Erwartungen ihrer Kunden gerecht zu werden. Gleichzeitig drängen Big Techs und Vergleichsplattformen auf ihre Kundenschnittstellen. Auf Bancassurance zu setzen, also mit vereinten Kräften auf diese Entwicklungen zu reagieren, scheint unter diesen Umständen sinnvoll. Doch welche Ertragschancen bieten sich durch Allfinanz? Und mit welchen Strategien lassen sich diese Potenziale am besten heben?

Darum ging es in der achten Ausgabe des BANKINGCLUB-Radars. In der Panel-Umfrage in Zusammenarbeit mit Horn & Company, einer Top-Management-Beratung mit Branchenfokus auf Financial Services, wurden mehr als 140 Beschäftigte der Finanzbranche zum Bancassurance-Markt befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass digitale Vertriebskanäle und datengetriebene Ansätze neue Möglichkeiten für den Versicherungsvertrieb über Banken bieten und eine Renaissance von Bancassurance befeuern könnten.

Doch der Versicherungsvertrieb hat schon heute große Bedeutung für das Privatkundengeschäft von Banken: Fast zwei Drittel der Teilnehmer sehen ihn als signifikante Ertragsquelle und wichtigen strategischen Baustein – besonders um Kundenbedarfsfelder ganzheitlich abzudecken und das Provisionsergebnis zu steigern.

Dass die Möglichkeiten noch nicht voll ausgeschöpft werden, bestätigen auch die Teilnehmer: Die Mehrheit der Befragten sieht ein hohes oder mittleres Ertragspotenzial im Vertrieb von Versicherungsprodukten, wobei vier von zehn Teilnehmern sogar eine Steigerung von mehr als zehn Prozent für möglich halten. Besonders hoch werden Ertragschancen bei der privaten Restschuld- und Lebensversicherung eingeschätzt. Beim Firmenkundengeschäft identifizierten die Befragten vor allem die Bereiche BAV sowie Warenkredit und Adressausfall als die aussichtsreichsten Sparten.

Doch um diese Möglichkeiten vollständig auszuschöpfen, gibt es noch einiges zu tun: Die stiefmütterliche Behandlung des Versicherungsvertriebs durch Kundenberater in Banken beziehungsweise die nicht funktionierende Überleitung zu Spezialisten identifizieren die Befragten hier als die größte Hürde. Außerdem sieht jeder Zweite die Identifikation von Leads und Ansprache-Anlässen sowie jeder Dritte die fehlende Kompetenzvermutung des Kunden als wesentliche Herausforderungen an. Und immer noch ein Viertel hält das Produktangebot aus Kundensicht für nicht ausreichend attraktiv.

Entscheidend ist laut den Teilnehmern aber der Zugangsweg zum Kunden. Den hohen Stellenwert identifiziert auch Christof Wagner, Geschäftsführender Partner von Horn & Company: „70 Prozent der Teilnehmenden erwarten, dass die Zukunft von Bancassurance im digitalen Touchpoint liegt. Über Angebotsvergleiche und Online-Abschlüsse sind innerhalb des Banken- Frontends Potenziale zu heben.“

Diese laufen aktuell noch überwiegend über den stationären Vertrieb der Banken, hauptsächlich durch Primärbetreuer (55 Prozent) oder angestellte Spezialisten (35 Prozent). Nur ein Drittel der Befragten nutzt bereits primär den Online-Vertrieb via Bank-Portal.

Dabei erachten die Teilnehmer die Bereitstellung eines einfachen Auswahl- und Abschlussprozesses als erfolgskritisch. Um diese Services in Zukunft zu gewährleisten, sehen sie auch Versicherungsunternehmen in der Bringschuld. Eine effektive Vermarktungsunterstützung durch die Versicherungsunternehmen sieht nur die Minderheit als gegeben an. Dabei liegt das Know-how für Produkte und Beratung nach wie vor beim Versicherer. Nur etwas mehr als ein Zehntel der Befragten geht davon aus, dass Banken künftig die zentrale Säule der Bancassurance darstellen werden.

Kooperation ist also der richtige Weg: Denn knapp 60 Prozent der Befragten bezweifeln, dass Banken aus eigener Kraft ein konkurrenzfähiges Omnikanal-Angebot aufbauen können. Vergleichsportale werden von Banken jedoch eher als Bedrohung angesehen. Entsprechend gibt nur eine Minderheit der Befragten an, dass sie Versicherungen primär über Plattformen anbinden. Entscheidend wird es also sein, traditionelle Vertriebswege der Versicherungen selbst durch innovative Angänge zu verändern. Als Treiber dieser Weiterentwicklung werden vor allem die Lead- und Anlassgenerierung aus Kundendaten mit Data Analytics sowie digitale Angebote und
Selbstabschlussstrecken angesehen.


Daniel Fernandez

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