Cyber-Angriffe bleiben Bedrohung Nummer eins

Risikomanagement bleibt für Finanzdienstleister ein wichtiger Faktor. Potenzielle Bedrohungen für ihr Geschäftsmodell wandeln sich permanent, aber es gilt auch neue einzukalkulieren. Und diese entziehen sich häufig dem direkten Einfluss der Branche. Ein Überblick.


Vermummter mit Kaputzenpulli plant einen Cyberangriff
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Im Guten wie im Schlechten: Kaum etwas bleibt, wie es war. Haben sich Banken und Sparkassen sowieso schon im Dauerkrisenmodus eingerichtet, zeigt das jährliche Risikobarometer der Allianz Global Corporate & Specialty, welche nichtfinanziellen Risiken (NFR) die Branche weltweit derzeit am meisten fürchtet. Die Untersuchung belegt: ihre Bedeutung wandelt sich rasant – und es kommen immer mehr dazu. Eine Krisenpause rückt in weite Ferne.

Neues Jahr, neue Sorgen

Wer denkt überhaupt noch an Covid? Die Angst vor dem erneuten Ausbruch einer Pandemie spielt unter Bankern längst eine untergeordnete Rolle. Was aktuell die Stimmung merklich eintrübt, sind die Neueinsteiger in die Top-5-Rangliste der Sorgenmacher. Zunächst ist die anhaltende Energiekrise zu nennen. Strom und Wärme haben ihren Preis. Aber wie weit steigt er noch an? Und kommt es zu Versorgungsengpässen oder gar -ausfällen? Die Energiefrage ist für 21 Prozent der Befragten von Bedeutung. Noch weit öfter fällt das Stichwort „makroökonomische Rahmenbedingungen“, denn sie unterliegen aktuell großen Veränderungen. Im Euroraum stellt besonders die Inflation ein kaum zu kalkulierendes Risiko dar, ebenso wie potenziell sinkende Staatsausgaben oder Zinsveränderungen als Reaktion darauf.

Gut ein Drittel treibt die Sorge vor solchen volkswirtschaftlichen Negativentwicklungen um. Bereits im vergangenen Jahr empfanden 26 Prozent der Befragten regulatorische Entwicklungen und instabile politische Verhältnisse als bedrohlich für ihr Geschäft. An dieser Zahl hat sich nichts geändert: Die Zahl derer, die Handelskriege, die Nahost-Krise, den Ukraine-Krieg, Sanktionen, Protektionismus, aber auch einen möglichen Zerfall des Euroraumes befürchten, ist konstant geblieben. Leicht abgenommen hat der Anteil der Studienteilnehmer, die allgemein Geschäftsunterbrechungen fürchten, zum Beispiel durch Störungen von Lieferketten. Nur noch rund jeder Fünfte sieht darin ein Risiko, gegenüber 30 Prozent im letzten Jahr.

Bedrohung aus dem Cyberspace wächst

Unangefochten an der Spitze der Rangliste stehen die Bedrohungen aus dem Cyberspace, wenngleich nicht mehr über die Hälfte der Befragten das so sehen, wie noch bei der letzten Allianz-Umfrage. Immerhin über 40 Prozent erwarten nach wie vor große Probleme für ihre Unternehmen durch die immer raffinierteren Angriffe auf Daten und Systeme. Dass es sich hier nicht um Alarmismus handelt, untermauert die jüngste Einschätzung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Das BSI spricht von einer nie dagewesenen Bedrohungslage bei Cyberangriffen sowohl durch Staatliche als auch nichtstaatliche Akteure. Besonders das Abfischen von Kundendaten, um Unternehmen damit zu erpressen, nimmt zu.

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz spielt den Kriminellen dabei in die Hände. Und darunter leiden nicht nur kleinere und mittlere Unternehmen. Für Aufsehen sorgte in diesem Sommer das Eingeständnis der Deutschen Bank, dass bei ihr und Tochter Postbank Kontodaten von Kunden geraubt wurden. Das alles mahnt: In Sachen Risikomanagement sollte es für Banken und Sparkassen kein Nachlassen geben. Das Gegenteil ist der Fall. Obwohl die NFR zunehmend an Bedeutung gewinnen, wenden deutsche Geldhäuser nur etwa zehn bis 15 Prozent ihres Budgets im Risikomanagement für die Abwehr dieser „äußeren Gefahren“ auf, wie eine Benchmark-Studie der KMPG zeigt. Immer mehr neue Bedrohungen erfordern jedoch rund um die Uhr Wachsamkeit und auch die notwendigen Ressourcen. Und auch altbekannte Problemlagen ändern laufend ihr Gesicht. Dienst nach Vorschrift wird für die Cyber-Abwehr-Einheiten der Finanzindustrie daher auf lange Sicht ein Fremdwort bleiben.