Risiken aus China-Verflechtungen könnten deutsches Finanzsystem treffen

Das Geschäft mit der Volksrepublik ist für viele Unternehmen in Deutschland essenziell. Im Krisenfall fürchtet die Bundesbank erhebliche Kreditausfallrisiken für deutsche Finanzinstitute.


Skyline von Shanghai (© zhaojiankang)

Ob als Absatzmarkt, als Produktionsstandort oder als Bezugsquelle für Vorleistungsgüter – das Reich der Mitte ist für wesentliche Teile der deutschen Industrie von großer Bedeutung. Die Bundesbank analysierte für ihren aktuellen Monatsbericht daher, welche Risiken sich aus diesen engen Verflechtungen für die deutsche Finanzwirtschaft ergeben. In Ihrem Aufsatz „Risiken für Deutschland aus der wirtschaftlichen Verflechtung mit China“ kamen die Autoren dabei zu alarmierenden Ergebnissen.

Gerade deutsche Banken tragen zur Finanzierung des chinesischen Wirtschaftsbooms bei, indem sie Unternehmen das Kapital für Direktinvestitionen bereitstellen. Im Zuge der sich verschärfenden handels- und geopolitischen Spannungen und Risiken, Stichwort drohende Taiwan-Annexion, träfen die Folgen die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen diese Unternehmen deutlich härter als die in anderen Ländern des Euroraums oder die USA. Ein Grund dafür liegt in der im Vergleich größeren gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des produzierenden Sektors für Deutschland.

Kein Vergleich zu Russland

Die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten würde sich erhöhen und Vertrauensverluste sowie eine allgemeine wirtschaftliche Schwäche das Finanzsystem in diesem Szenario in der Folge zusätzlich belasten. Insbesondere die Folgen einer abrupten Abkopplung vom chinesischen Markt wären für viele Industriezweige äußerst belastend und würden die des Rückzuges aus dem russischen Markt weit übertreffen.

Verwirklichten sich diese Gedankenspiele, könnte dies die deutsche Wirtschaft hart treffen. Dies gelte laut Bundesbank vor allem für das Extremszenario einer abrupten wirtschaftlichen Abkopplung von China. Speziell in der Industrie hängen einige Branchen, häufig große Firmen, stark von der chinesischen Nachfrage ab, und manche direkt in China engagierte Unternehmen müssten um einen substanziellen Teil ihrer Umsätze und Gewinne fürchten. Im Umfeld einer abrupten Abkopplung dürfte zudem eine stark erhöhte Unsicherheit auf der deutschen Wirtschaft lasten.

Allerdings wäre selbst ein geordneter Rückzug aus China mit erheblichen Verlusten verbunden. Die deutschen Unternehmen würden einen wichtigen Absatzmarkt verlieren, und viele Lieferketten ließen sich wohl nur unter größeren Effizienzverlusten neu ausrichten. Aus diesen Gründen erscheint eine einseitige Abkehr von China (De-Coupling) insgesamt weder realistisch noch erstrebenswert, da sie kaum einschätzbare volkswirtschaftliche Schäden hervorrufen könnte.

Deutlich überschaubarer seien die Risiken, die sich für die deutschen Banken aus direkten finanziellen Forderungen bei chinesischen Kreditnehmern ergeben. Sie beliefen sich Ende 2022 auf lediglich 36 Milliarden Euro.

Fazit

Die Bundesbank rät daher Unternehmen und Politik, weiterhin Abhängigkeiten und damit Risiken zu reduzieren und die Resilienz der deutschen Volkswirtschaft zu erhöhen. Weiterhin sollten die internationale Handelsordnung gestärkt sowie regionale Freihandelsabkommen getroffen werden, damit Unternehmen internationale Lieferbeziehungen diversifizieren können. Die China-Strategie der Bundesregierung und Maßnahmen der Europäischen Kommission zur Verringerung der Abhängigkeit bei kritischen Rohstoffen wiesen zudem in die richtige Richtung. Zusätzlich rät die Bundesbank Finanzinstituten, auch indirekte Verwundbarkeiten, die über die Geschäftstätigkeit der Kreditnehmer entstehen können, im Blick zu behalten.

Ein Trost: China selbst ist ebenfalls weiterhin handels- und technologieseitig stark auf den Westen angewiesen. Das Interesse am Fortbestand guter wirtschaftlicher Beziehungen ist daher kein einseitiges, sodass beide Seiten sich gut überlegen dürften, diese aufs Spiel zu setzen.

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