Wie viel Kohle ist uns unser Klima wert?

Auf den ökologischen Fußabdruck von Unternehmen wird immer intensiver geschaut. Doch CO2-Fußabdruck ist nicht gleich CO2-Fußabdruck. Wie eine wirksame Dekarbonisierung der Wirtschaft aussieht, erklärt Karsten Kührlings von der GLS Bank.


CO2-Fußabdruck Nachhaltigkeit GLS-Bank

Nicht zuletzt die Aktivitäten rund um den Hambacher oder Dannenröder Forst zeigen die Meinung vieler zur Energiewende – vor allem was hier schiefläuft. CO2-intensive Branchen müssen sich neu aufstellen oder den Preis dafür bezahlen. Je später sie das tun, umso teurer wird es für sie und damit auch für alle, wie die hohen Steuerzahlungen für den Kohleausstieg zeigen. Große Investor:innen begreifen das bereits und ziehen sich ebenfalls zurück.

Mit dem Pariser Klimaabkommen versprachen 197 Staaten, ihre CO2-Emissionen zu senken. Die Folgen des Klimawandels, der zunehmende Verlust der biologischen Vielfalt und fruchtbarer Ackerböden, vermehrte Überschwemmungen und andere Wetterkapriolen sollten verhindert werden. Doch die notwendigen Veränderungen werden nicht angegangen.

Dürren machen der Landwirtschaft das Leben schwer. Wälder sollen weichen, um Platz für Braunkohle zu machen. Und protestierende junge Menschen lesen Politiker:innen die Leviten.

Gestrandete Vermögenswerte

Dabei ist die Situation klar. Investitionen in fossile Brennstoffe richten ökologische Schäden an. Doch mit steigender Tendenz wird ihr ökonomisches Risiko deutlich. Nicht nur, weil Großinvestoren die langfristigen Risiken des Geschäfts mit fossilen Brennstoffen erkannt haben. Energiekonzerne haben viel Geld in die Erschließung fossiler Brennstoffe gesteckt. Um die Pariser Ziele zu erreichen, dürfen laut carbontracker ein Drittel des Erdöls, die Hälfte des Erdgases und mehr als 80 Prozent der globalen Kohlereserven nicht gefördert werden. Sie müssen im Boden verbleiben und die Investitionen wären verloren.

Auch Gesetzgeber haben die Zeichen der Zeit erkannt – zumindest außerhalb Deutschlands. In Frankreich etwa müssen große Investoren bereits berichten, wie sie Klimarisiken in ihrer Anlagepolitik berücksichtigen. Die Bank of England geht sogar noch weiter. Britische Institute sollen künftig klimarelevante Risiken adäquat beachten. Tun sie dies nicht, kann das höhere Eigenkapitalanforderungen zur Folge haben. Auch in der Europäischen Union (EU) ist das Thema seit mehreren Jahren auf der Agenda. Ihr Aktionsplan wird derzeit heftig diskutiert. In Deutschland hat die Bankenaufsicht im Jahr 2019 das „Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken“ veröffentlicht. Alles deutet drauf hin: Klimarisiken werden in Zukunft verstärkt auch von den Finanzinstituten auszuweisen sein.

Klimatransparenz als Lösung?

Transparenz über die CO2-Emissionen wäre eine Lösung, Investor:innen die Entscheidung für eine Anlage zu erleichtern. Doch wer versucht, sich dem Thema aus der Finanzsicht zu nähern, stößt auf viele Begriffe, die weder geschützt noch normiert sind. Denn die Messung und Bewertung klimaschädlicher Emissionen ist nicht einfach. Zudem mangelt es derzeit noch an Daten sowie allgemeingültigen Berichtsstandards. Insbesondere kleineren Unternehmen fehlen die notwendigen Kapazitäten. Die Folge: Viele Daten sind nur grobe Schätzwerte.

Die Finanzbranche versucht, sich selbst zu helfen. So hat die Task-Force on Climate-Related Financial Disclosures einen Berichtsstandard entwickelt, wie Investor:innen über klimarelevante Investitionen berichten sollen.

Die „Corporate Value Chain“ des Greenhouse Gas Protocol ist ein Standard, den viele Unternehmen wie auch Städte inzwischen nutzen. Er betrachtet den gesamten Wertschöpfungskreislauf. Warum ist das entscheidend? Betrachtet man nur die Geschäftstätigkeit einer Bank, würde sie als Dienstleistungsunternehmen verglichen mit produzierenden Unternehmen einen recht niedrigen Wert ausweisen. Bezieht man jedoch weitere Werte, wie die Anfahrtswege der Mitarbeitenden sowie die Auswirkung der finanzierten Unternehmen mit ein, muss sie einen deutlich höheren Wert ausweisen.

Soweit die Theorie. Viele Fonds weisen bereits einen CO2-Fußabdruck aus. Doch hier ist Vorsicht geboten. Denn nicht immer ist klar, was gemessen wird: Nur eigene oder fremdbezogene Emissionen (auch Scope 1 und 2 genannt) oder alle Emissionen der Wertschöpfungskette (Scope 3)? Die Darstellung selbst erfreut sich ebenfalls großer Vielfalt. Einige geben ihre Ergebnisse in CO2 je Tonne an, andere wiederum in CO2 je Umsatz. Manche schließen kohlendioxidintensive Branchen gleich ganz aus. Nutzen sie eine Benchmark, die diese nicht ausschließt, wirkt ihr Ergebnis natürlich viel besser. Ob die Anlage mit den Sustainable Development Goals (SDGs) im Einklang steht, sagt der Fußabdruck ebenfalls nicht aus.

Dekarbonisierung der Wirtschaft

Die Sustainable Developement Goals (SDG) und Vereinbarungen des Pariser Klimagipfels sind Schritte in die richtige Richtung. Für eine wirksame Dekarbonisierung der Wirtschaft müssen wir den rechtlichen Rahmen neu abstecken. Maßnahmen wären ein einheitlicher Standard für den CO2-Fußabdruck einer Geldanlage sowie eine ausnahmslose CO2-Abgabe. So kann ein fairer Wettbewerb entstehen, in dem die Verursacher die Verantwortung tragen. Dann lohnen sich grüne Investitionen umso mehr. Dann können wir den Weg zu einer Erwärmung von unter zwei Grad einschlagen.

Und wie sieht es bei der GLS Bank in der Praxis aus? Unser 2017 initiierter GLS Bank Klimafonds (WKN A2DTNA) will einen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten. Dafür investiert er in Klimavorreiter weltweit, Staaten wie Unternehmen. Seine Wirkung wird durch imug, einer renommierten Nachhaltigkeitsratingagentur, extern überprüft.

Der Fonds weist seinen CO2-Abdruck aus und versucht seine Auswirkungen auf das Klima zu mildern: Die Bank verzichtet auf einen Teil ihrer Einnahmen und spendet ihn an klimaschützende Projekte, wie die Germanwatch Klimaexpedition. 2019 und auch 2020 konnte durch externe Prüfung ebenfalls die Kompatibilität entsprechend dem Pariser Klimaabkommen bescheinigt werden (Klimawirkung des Fonds unter 2 Grad Celsius).

Entsprechende Investitionsmöglichkeiten zu finden, ist eine Herausforderung. Allein im ersten Geschäftsjahr des Fonds fielen rund 80 Prozent der geprüften Green Bonds durch den strengen ökologisch geprägten Prüfprozess. Doch auch hier zeigen sich erste Entwicklungen, die es Investoren künftig erleichtern, die Spreu vom Weizen zu trennen. Dazu an anderer Stelle mehr.

Tipp: Sie möchten mehr zum Thema Nachhaltigkeit? Dann lesen Sie hier über das Bekenntnis für die Umwelt und das Klima oder hier, was passiert wenn die Bank grüner wird.