„Mit einer App bei allen Anbietern bezahlen“

Mobiles Bezahlen ist mittlerweile in aller Munde. Dabei haben Unternehmen auf dem Markt wegen der stetig wachsenden Konkurrenz mit enormen Herausforderungen zu tun. Mit Erik Nagel, CMO der UMT-Gruppe, sprach BANKINGNEWS-Chefredakteur Thorsten Hahn. BANKINGNEWS:  Die UMT-AG sieht eines der größten Wachstumsraten des Internets im Bereich „Mobile Nutzung“  voraus. Sie legen den Fokus auf „mobiles Bezahlen…


Mobiles Bezahlen ist mittlerweile in aller Munde. Dabei haben Unternehmen auf dem Markt wegen der stetig wachsenden Konkurrenz mit enormen Herausforderungen zu tun. Mit Erik Nagel, CMO der UMT-Gruppe, sprach BANKINGNEWS-Chefredakteur Thorsten Hahn.

BANKINGNEWS:  Die UMT-AG sieht eines der größten Wachstumsraten des Internets im Bereich „Mobile Nutzung“  voraus. Sie legen den Fokus auf „mobiles Bezahlen mit  iPAYst. Wieso sollte ausgerechnet iPAYst mobile Bezahltransaktionen revolutionieren?

Erik Nagel: Wir wissen, dass es Wettbewerb gibt. Davor haben wir keine Angst. Wir argumentieren erstmalig komplett unabhängig, aus der Sicht des Endkunden. Bezahlsysteme werden sich nur dann durchsetzen, wenn sie vom Endkunden auf breiter Ebene akzeptiert werden. Dafür muss man eine Lösung anbieten, mit der man bei allen Anbietern bezahlen kann. Man muss dafür sorgen, dass immer mit der gleichen Technologie bezahlt werden kann. Deswegen sind wir den Weg gegangen, unsere Technologie via white labeling zu lizensieren. Der Kern der Strategie ist: Wenn ein Kunde bei einer Handelsgruppe dessen spezielle App herunterlädt, muss er mit dieser App im Sinne eines open loop auch bei einer anderen Handelsgruppe bezahlen können, und umgekehrt. Das erfordert etwas Umdenken, ist aber konsequent.

Fintechs greifen derzeit tradierte Geschäftsmodelle der Bankbranche an. Zum Thema „Bezahlen“ gibt es in der DACH-Region bereits etliche. Das riecht nach Preiskampf und Konsolidierung, oder?

Ja, absolut. Noch vor zwei Jahren wurde das Thema „mobiles Bezahlen“ als eines der fünf großen Megatrends weltweit bezeichnet. Das gilt im Wesentlichen für Europa und vielleicht für die USA, wir dürfen aber nicht vergessen, dass in vielen Ländern wie Indien, Afrika oder China das Bezahlen mit dem Smartphone viel weiter entwickelt ist. In Europa ist ja die Infrastruktur sehr  heterogen – das gilt  sowohl für die Bank- als auch Payment-Provider-Strukturen. Das Bezahlen an sich macht fünf bis zehn Prozent des Verkaufsprozesses aus. Wir begleiten den Kunden aber darüberhinaus im gesamten Verkaufsprozess mit Mehrwertdiensten wie loyalty oder location services. Unsere Technologie ist offen, wir unterstützen NFC oder den QR-Code, und können uns in bestehende Systeme integrieren. Es ist noch nie eine Ware oder eine Dienstleistung deswegen verkauft worden, nur weil man damit mobil bezahlen kann. Daher sind die Mehrwertdienste wichtig.

Jetzt hat die EU die Transaktionsgebühren gedeckelt. Ist es Utopie, über große Transaktionsgewinne nachzudenken?

Natürlich erzeugen diese Maßnahmen der EU Druck auf die gesamte Branche. Wir sind auch bei der Gründung und Entwicklung von iPAYst immer davon ausgegangen, dass es mal eine Welt geben würde, in der das Bezahlen inklusive Risiko- und Transaktionskosten nichts oder fast nichts kostet. Es gibt dazu bereits Modelle in den USA.

„Die Gebühren in Deutschland sind grotesk hoch“

Die Gebühren in Deutschland sind teilweise grotesk hoch. Wir haben das von Anfang an auch vorgesehen und haben ein anderes Geschäftsmodell. Wir begleiten den Kunden bei der Akquise und über den ersten Life-Cycle hinaus. Bezahlen ist dann nur noch Mittel zum Zweck, was die traditionellen Customer-Loyalty-Programme auf dem Handy bisher nicht anbieten.

EDEKA und NETTO sind mit einer Bezahl-App bereits gestartet, auch wenn die Akzeptanz noch relativ mau ist. Ist es nicht eher der Trend, dass die großen Retailer zusehen werden, ihre eigene Bezahl-App dem Kunden anzubieten und damit auch einen gewissen Kundenbenutzeffekt zu haben?

Wir glauben, dass dieser Weg in eine Sackgasse führt, weil ein Endkunde hierzu zunächst für jeden Händler eine eigene App herunterladen und auf seinem Smartphone installieren muss. Dabei muss er dann seine Debit- oder Kreditkarte hinterlegen und diese auch administrieren. Bekommt er eine neue, muss er dies in allen Apps machen. Das ist völlig unrealistisch. Kein Mensch läuft über eine Einkaufsstraße in München, und lädt zwanzig verschiedene Apps herunter, um dann dort zu bezahlen. Wir sind fest davon überzeugt, dass es nicht sinnvoll sein kann, dass jede Handelsgruppe oder Bank jeweils eine eigene Technologie verwendet.

„Für open loop müssen wir unabhängig sein“

Wir dagegen ermöglichen mit unserem White Labeling, dass zwar die Apps eigenständig sind, dass der Kunde aber mit der immer gleichen zugrundeliegenden Technologie überall bezahlen kann. Wir sind vollständig unabhängig und haben daher die Chance, alle zu verbinden. Es gab bereits Versuche, von Seiten des Handels und anderen Partnern, bei uns einzusteigen. Wir haben das aber immer abgelehnt, weil wir für eine solche open loop Strategie eben unabhängig sein müssen.

Banken und Kreditkartenunternehmen sagt man nach, dass sie die Zukunft des Bezahlens gerade verschlafen. Aber was ist, wenn Banken derzeit einfach nur abwarten, bis sich ein Standard oder ein System durchsetzt und es dann kopieren oder aufkaufen. Hofft der eine oder andere Fintech-Gründer auf einen Exit in die Bankbranche?

Nein, darum geht es gar nicht. Ihre Argumentation ist nicht ganz falsch. Aber im Sinne des oben Gesagten laden wir Banken herzlich ein, unsere Technologie zu lizensieren. Diese funktioniert und erfüllt alle Sicherheitsstandards. Wir sind da völlig offen für Kooperationen. Der Zahlungsverkehr ist für Banken ein sehr wichtiger Punkt, weil er letztlich den Kunden auch an die Bank bindet. Allerdings wäre es dann eben gut, wenn der Endkunde mit der Bank-App auch beim Einzelhandel oder im Internet bezahlen kann. Genau dies ermöglichen wir.

Jetzt reden wir die ganze Zeit über Deutschland, vielleicht noch über die DACH-Region. Sieht es im restlichen Europa besser für Bezahl-Apps aus. Sie haben eben bereits einige Beispiele genannt.

Es gibt definitiv Länder, die sehr viel weiter sind als wir. In China kann man fast alles per Handy bezahlen, in Afrika ist die Bezahlung per SMS ein Ersatz für fehlende Bankinfrastrukturen. In vielen europäischen Ländern wie Frankreich oder Spanien ist die Akzeptanz,  das Smartphone für solche Transaktionen zu benutzen, merklich höher als in anderen Staaten.  Deutschland ist traditionell eher ein Land, in dem Barzahlen oder die Debitkarte überwiegt. Kreditkarten haben es hier immer noch schwer. Das liegt auch zum Teil an den hohen Kosten, die den Handel oft immer noch davon abhalten, Kreditkarten zu akzeptieren. Die Interchange-Gebühr ist einfach zu hoch.

Das Gespräch führte
Thorsten Hahn