Quo vadis, Payment?

„Beklage nicht, was nicht zu ändern ist, aber ändere, was zu beklagen ist“, wusste schon William Shakespeare. Aber nehmen die Banken sich das tatsächlich hinsichtlich der aktuellen Entwicklungen des Payment-Marktes zu Herzen?


Die sich fortlaufend verändernde Marktsituation stellt den Bankensektor vor immense Herausforderungen. So sieht sich dieser etwa einem Konglomerat an übergreifenden Trends ausgesetzt, die sich teilweise grundsätzlich ausschließen. Bekannte Beispiele wären Sharing Economy vs. Individualisierung, digital vs. analog, Ride- und Carsharing vs. autonomes Fahren und Connected Cars, KI und Robotics vs. Retro.

Fintechs könnten auf Dauer das Ruder übernehmen

All diese Faktoren wollen dennoch betrachtet und bewertet werden und sollen bestenfalls in revolutionären Produkten gipfeln, die um alle vorgenannten Gegensatzpaare eine Klammer bilden. Passiert dies nicht, könnten innovative, agile und auf Benutzerfreundlichkeit fokussierte Fintechs oder andere Marktteilnehmer das Ruder und auch den Kunden übernehmen. Bitcoin & Co. gewinnen stetig an Relevanz, andere Regierungen liebäugeln sogar bereits mit der Einführung eigener Kryptowährungen, dazu werden Kunden zunehmend digital und mobil – und wo steht der Payment-Markt hierzulande?

Der Deutsche ist weiterhin bargeldaffin und auch hiesige Banken scheinen bei dem Einsatz neuer Bezahltechnologien immer noch zu warten. Bloß worauf? Auf Standardisierungen oder Regulierungen, die einen Rahmen vorgeben, in welchem man sich bewegen kann? Werden Innovationen und Produkterweiterungen nur durch regulatorische Zwänge auf das Kernbankgeschäft möglich? Gibt es eine Chance für Disruption im Payment oder verschläft Deutschland die Chancen der digitalen Revolution?

Loyalität der Kunden ist zeitlich begrenzt

Die Loyalität eines Bankkunden ist heutzutage mehr denn je zeitlich begrenzt, weshalb die Entwicklung innovativer Produkte, die den o.g. Anforderungen gerecht werden, zur Pflichtaufgabe werden muss. Ohne eine Veränderung des bisherigen Kernbankengeschäfts ist das „Geschäftsmodell Bank“ zumindest insoweit gefährdet, als dass eine Segmentierung der Wertschöpfungskette mehr als wahrscheinlich wird. Schließlich ist die Produktpalette für Kunden des Payment-Marktes so bunt wie nie und in Zeiten von Ökosystemen wie GAFA sowie international dominierender Anbieter wie z.B. Alipay nicht mehr nur auf deutsche Payment-Dienstleister beschränkt. Zudem sind diese Services immer und überall mobil nutzbar.

Mut zur Veränderung

Neue Ideen und Mut zur Veränderung braucht folglich nicht nur das Land, sondern auch der Bankensektor. Ein „das haben wir schon immer so gemacht“ wird den sich wandelnden Kundenbedürfnissen, insbesondere denen der sogenannten „Digital Natives“, auf Dauer nicht gerecht. Bloßes Nichtstun wäre in diesem Fall ein genauso hohes Risiko, wie gar ausschließlich auf einen edukativen Anteil der Presse zu setzen.

Barzahlungen immer noch hoch im Kurs

Wir befragten unsere Co-Creation-Community aus Kunden und Nichtkunden über unsere Ideenlaborplattform „ideenlabor.postbank.de“, was ihnen beim Bezahlvorgang besonders wichtig ist. Die Ergebnisse hieraus zeigen, dass Kunden besonders nach Zahlungsmöglichkeiten suchen, die schnell, einfach und überall akzeptiert sind – alles Faktoren, die klar für das Bargeld sprechen. Ebenfalls wird deutlich, dass neuen Bezahlprodukten, die von klassischen Banken stammen, immer noch mehr Vertrauen zugesprochen wird als solchen von Drittanbietern. Auf diesem Umstand kann man sich allerdings nur noch bedingt ausruhen.

Bloßes Abwarten ist der falsche Weg

Es gilt nun, proaktiv zu handeln und die bisher vorherrschende, abwartende Haltung abzulegen. Banken haben auch in Zeiten einer PSD2 die Chance zu bestehen. Diese muss nur genutzt werden. Ohne Agilität und den Mut, neue (Bezahl-)Technologien einfach einmal auszuprobieren, wird der Payment-Markt nicht revolutioniert. Ebenso sind nicht die Medien dafür verantwortlich, den Kunden an neue Technologien heranzuführen – alle Beteiligten der Wertschöpfungskette sind gefragt. Hierfür muss man bereits im Kleinen beginnen, etwa mit der Änderung der persönlichen Grundeinstellung. Indem man sich zunächst eine „Start-up-Mentalität“ zu eigen macht, kann im Großen dann später eine Trendwende zu anderen Bezahltechnologien folgen. Die Postbank leistet aktuell ihren Beitrag mit der Banking-App „Finanzassistent“, deren Funktion „Mobiles Bezahlen“ auf der NFC-Technologie basiert und Bezahlvorgänge einfacher macht.

Aus Fehlern lernen

Das Grundvertrauen, welches klassische Banken weiterhin bei den meisten ihrer Kunden genießen, ist ein essenzieller Vorteil gegenüber Fintechs und Start-ups, den es zu nutzen gilt. Wenn Banken eine offene Herangehensweise bezüglich technischer Neuerungen an den Tag legen und eine damit verbundene Fehlerkultur leben können, ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft getan. Eine bedarfsgerechte Produktentwicklung kann dabei jedoch nur mit der Beteiligung des Kunden erfolgen. Jeder an der Wertschöpfungskette Beteiligte muss seinen Beitrag leisten, dann erscheint auch eine Disruption am deutschen Payment-Markt möglich.