Der reichste Mann der Weltgeschichte

Autor: Greg Steinmetz, Euro: 26,99, 312 Seiten, gebunden, ISBN: 978-3-89879-961-4, FinanzBuch Verlag


Im 16. Jahrhundert hätten die Manager von heute weniger ruhig auf der Anklagebank gesessen, wenn sie sich in einem Prozess wegen Betrugs hätten verantworten müssen. Bei einer Verurteilung hätte dann nämlich nicht ein Griff in den eigens für mögliche Prozesskosten mit Milliarden gefüllten Fonds genügt. Die Strafen für Betrüger konnten sich mitunter auf das Abhacken der Hände oder das Durchbohren der Wange mit einem heißen Schürhaken belaufen. Ganz allgemein genossen Geldverleiher, die abschätzig auch als Wucherer bezeichnet wurden, nicht den höchsten Respekt. Besonders die Kirche verurteilte diesen Berufsstand, der für Christen geradewegs ins Fegefeuer führe.
Jakob Fugger (1459-1525) behielt seine Hände und entwickelte sich zum einflussreichsten Kaufmann und Bankier seiner Zeit. Sein Ruhm als europaweit tätiger Montanunternehmer sowie als Finanzier von Monarchen wie Maximilian I. und Karl V. bleibt bis heute ungebrochen. Verschiedene Prozesse, die heute in Banken und anderen Unternehmen selbstverständlich sind, etablierte er als einer der ersten bzw. entwickelte einige davon selbst: doppelte Buchführung, eine umfassende Firmenbilanz, interne Revision und ein eigener Nachrichtendienst.

Das Zünglein an der Waage?

Dem amerikanischen Journalisten Greg Steinmetz ist eine unterhaltsame Biographie Jakob Fuggers gelungen, deren Lektüre einen fesselnden Einblick in das Leben und Wirken dieses Mannes und seiner Zeit ermöglicht. Dabei sollte sich der Leser allerdings bewusst machen, das sein Anspruch vorrangig die Unterhaltung und nur nebensächlich diejenige der historischen Bildung sein darf. Von einer Darstellung, die wissenschaftlichen Kriterien umfänglich standhalten kann, ist Steinmetz nämlich weit entfernt. Wenn bereits in der Einleitung im Zusammenhang mit dem Bauernkrieg vom ersten „Zusammenprall zwischen Kapitalismus und Kommunismus“ gesprochen wird, stellt sich schon die Frage, ob nicht auch in journalistischen Texten eine gewisse Sorgfalt in der Verwendung der Begriffe stattfinden oder zumindest auf die absichtliche Vermeidung derer hingewiesen werden sollte. So zeigen sich auch im weiteren Verlauf Übertreibungen und dramatisierende Würdigungen Fuggers als Zünglein an der Waage historischer Wendepunkte sowie einige zumindest fragwürdige Analogien, die zwischen bestimmten Ereignissen gezogen werden.
Dennoch, wer sich zwischen der täglichen Beschäftigung mit MaRisk, BPMN, Blockchain und Fraud Detection zur Abwechslung einmal mit einem weiter zurückliegenden, äußerst spannenden Thema der Ökonomie beschäftigen möchte, wird es nicht bereuen, von Greg Steinmetz mit Jakob Fugger näher bekannt gemacht zu werden – einem der reichsten und einflussreichten Vertreter der Finanzbranche.

P.S.:

Sollte unserer Redaktion Jakob Fugger einmal in runder, geprägter Form über den Weg laufen, wissen wir, dass wir etwas richtig gemacht haben. Mit der Jakob Fugger-Medaille werden vom Verband der Zeitschriftenverlage in Bayern in unregelmäßigen Abständen außerordentliche Leistungen in der Zeitschriftenpresse ausgezeichnet.