„Regulierung geht in die richtige Richtung!“

Seit der Finanzkrise war der geselleschaftliche Ruf nach einer Regulierung der Geldhäuser groß. Kenner der Branche sehen den Bogen mittlerweile fast schon überspannt, da viele Maßnahmen in die Tat umgesetzt wurden, ohne dass man einen strukturierten Fahrplan besaß. Kritiker sehen hier Aktionismus. BANKINGNEWS sprach mit Dr. Michael Kemmer vom Bundesverband deutscher Banken über die aktuellen…


Michael Kemmer (58) studierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann Wirtschaftswissenschaften in München. 2006 übernahm er die Position des Finanzvorstands bei der Bayern LB. Seit Oktober 2010 ist Kemmer Hauptgeschäftsführer und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes deutscher Banken in Berlin.

BANKINGNEWS Verbandsarbeit ist Lobbyarbeit. Im Sinne der Bankenverbände ist dies dieser Tage wohl insbesondere der deutschen und europäischen Regulierungswut gegenüber Banken zu begegnen. Nach der Krise ab 2008 war es nicht unbedingt en vogue sich generell gegen die Regulierung von Banken zu lehnen. Wird der Bogen jetzt überspannt?  

Kemmer: Klar. Es geht nicht darum, grundsätzlich für oder gegen eine bestimmte Regulierung zu sein. Generell kann niemand per se gegen Regulierung sein, nach all dem, was in der Finanzwelt vorgefallen ist. Es geht vielmehr darum, die Regulierung richtig und vernünftig zu machen. Hier begleiten wir die Dinge positiv, von denen wir überzeugt sind, dass diese in die richtige Richtung gehen. Das war bei vielen Sachen bisher der Fall: Eigenkapitalregelungen oder die Höhe des Mindesteigenkapitals – als nur zwei Beispiele. Die Einführung von Liquiditätsstandards und die Verbesserung des Risikomanagements halten wir ebenfalls für sinnvoll. Aber da, wo es notwendig ist, sind wir auch kritisch.

Was wäre das aktuell?

Es gibt einige Dinge, die widersprüchlich sind. Hier und da ist Regulierung nicht aufeinander abgestimmt, weil Dinge nicht nach einem gut ausdifferenzierten Fahrplan abgearbeitet, sondern Sachen gleichzeitig gemacht worden sind. Eine Widersprüchlichkeit sehen Sie etwa, wenn Sie sich das Dreigestirn aus Leverage ratio, erhöhten Eigenkapitalanforderungen und liquidity coverage ratio anschauen. Bei den erhöhten Kapitalanforderungen wäre es eigentlich richtig, Staatsanleihen mit in die Bücher aufzunehmen, da diese nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. Bei der Leverage ratio ist es dagegen falsch, Staatsanleihen mit in die Bücher zu nehmen. Sie bringen nämlich wenig Rendite, zählen jedoch voll bei der Leverage ratio. Bei der liquidity coverage ratio wäre es wiederum günstig, Staatsanleihen in die Bücher zu nehmen, weil diese fast ausschließlich als langfristige Investments zählen. Sie sehen, hier sind die verschiedenen Regulierungsschritte nicht aufeinander abgestimmt. Das muss noch optimiert werden. Und im Detail gibt es relativ viele solcher Fragestellungen, bei denen man einfach nur nachschärfen muss.
Allgemein sind wir aber der Meinung, das aktuelle Regulierungsbemühungen – zumindest jede isoliert für sich genommen – in weiten Teilen in die richtige Richtung gehen. Bei dem Thema Proportionalität oder doppelte Proportionalität muss man sicherlich noch etwas nachschärfen. Verkürzt bedeutet dies: Wir haben ein bisschen die Sorge, dass bei einer Regulierung durch den SSM in Abhängigkeit von Risiko, Größe und Komplexität eines jeweiligen Instituts vielleicht zu viel komplexe Regulierung auf kleine Institute heruntertropft. Deswegen fordern wir in diesem Kontext Proportionalität ein. Jeder verspricht, sich daran zu halten, aber wenn Sie in die Detail schauen, wird es oft schwierig.

Da spielen Sie im Grunde den beiden Wettbewerbsverbänden ein bisschen in den Lauf, die für ihre kleinen Häuser genau das fordern, was direkt so aussieht, als wären diese beiden Verbände gegen den Privatbankenverband. Aber Sie haben auch kleine Häuser.

Absolut. Das wird häufig übersehen. Wir haben etwa 220 Mitgliedsinstitute und davon setzt sich die Mehrzahl aus kleinen Häusern zusammen, die in der Struktur ähnlich sind und die ähnliche Interessen haben, wobei wir uns bei der Stoßrichtung von den Verbünden durchaus unterscheiden. Verbünde sind tendenziell etwas kritischer in Bezug auf das Thema SSM. Die Verbünde haben die Sorge, dass ihre bisher in manchen Teilen etwas privilegierte Behandlung in der Regulierung etwas angegriffen werden könnte.

Mit Ihren Formulierungen haben Sie einer Frage vorgegriffen: die Frage nach der Unkoordiniertheit von Regulierung. Ihre drei Beispiele zeigen dies nachvollziehbar auf. Es scheint, als fände es jeder in der Politik spannend, etwas zur Bankenregulierung beizutragen.  Macht Bank da aus kaufmännischer Sicht noch Spaß?

Man muss hier differenzieren. Ich greife mal den Punkt heraus, den Sie zu Recht erwähnt haben: Es ist mit Sicherheit so, dass es in der Politik en vogue ist, sich mit Banken zu beschäftigen. Jedoch flaut dies im Moment etwas ab. Aber noch vor relativ kurzer Zeit war es in der Tat so, dass Sie mit jedem Abgeordneten – auch wenn er komplett fachfremd war – über das Thema Bankenregulierung diskutieren konnten. Das macht sicherlich Sinn, da die Abgeordneten in ihren Wahlkreisen immer auf das Thema angesprochen worden sind. Da es sich hier aber um eine sehr komplexe Materie handelt, ist man häufig nicht  über Allgemeinplätze hinausgekommen. Das ändert nichts daran, dass wir mit den Fachpolitikern auch einen fachlich guten Dialog führen müssen und führen können.
Was Sie zu Recht ansprechen, ist das Thema: Wie koordinieren wir sinnvoll die Regulierung auf globaler, kontinentaler und nationaler Ebene? Hier wird jetzt entsprechend nachgearbeitet werden müssen. Da haben wir verschiedene Institutionen: Der Baseler Ausschuss trägt die Dinge nach Europa. In Brüssel wird versucht, das in europäische Richtlinien zu gießen. Die müssen anschließend in Teilen in Deutschland in nationales Recht umgesetzt werden. Daneben gibt es auch EU-Verordnungen, die unmittelbares Recht sind, ohne dass Deutschland seine eigene Rechtsetzungskompetenz anwenden kann. Daneben gibt es nach wie vor die nationalen Behörden, die auch noch mitreden wollen. Nachdem die große Welle an Regulierungen über uns hinweggerauscht ist, ist es nun Aufgabe, nochmal an einzelnen  Komponenten zu feilen, um potentielle Widersprüchlichkeiten zu vermeiden. Ihre Grundbeobachtung ist richtig. Es gibt sehr viele Stellen, die alle in bester Absicht die Banken regulieren wollen. Und dass dies die Ertragslage der Banken nicht unbedingt verbessert, ist richtig. Macht es aus kaufmännischer Sicht noch Freude, Banker zu sein? Ich sage, ja. Das Bankgeschäft ist jedoch mit Sicherheit deutlich schwieriger geworden, als es vor 10 oder 15 Jahren war. Das hat aber nicht nur mit der Regulierung, sondern auch mit technischem Fortschritt, Verbraucherverhalten oder mit dem rechtlichen Rahmen über die Regulierung hinaus zu tun. Es gibt folglich ein ganzes Bündel an Ursachen.

Die letzte „Regulierungsgmeile“ ist die Beziehung zwischen Bank und Kunde. Da gibt es nach MiFID 1 nun 2. Und jetzt will Bundesjustizminister Heiko Maas auch noch den Ehrenkodex einführen. Wir wissen von Verbrauchern, dass sie über Beratungsdokumentationen selber gar nicht so begeistert sind. Es fördert den Beratungsprozess nicht. Kunde, Berater, Bank. Keiner ist zufrieden.

Ich bin der Meinung, da droht ein gewisser Overkill. Man sagt so schön: Gut gemeint, ist manchmal das Gegenteil von gut. Ich verstehe, dass in der Politik der Bedarf erkannt wurde, mehr zum Schutz des Kunden zu tun. Wenn man an die Lehman-Zertifikate denkt, die in und vor der Krise vertrieben worden sind, bei denen die Kunden den Glauben hatten, dass diese auch von der Einlagensicherung geschützt sind und dann erstaunt waren, dass das dies eben kein geschütztes Produkt ist. Das ist nachvollziehbar. Man ist aus unserer Sicht aber deutlich über das Ziel hinausgeschossen, was jetzt dazu führt, dass durch Beratungsprotokolle und Produktinformationsblätter für viele Banken bestimmte Formen der Anlageberatung einfach nicht mehr vernünftig finanzierbar sind. Das bedeutet, dass Kunden, die keine riesigen Beträge anzulegen haben, von bestimmten Anlageformen abgeschnitten sind. Das ist alles andere als begrüßenswert.

Es könnte sein, dass der Gesetzgeber sich gefreut hat, weil er sich dachte: Der Kunde soll diese Produkte gar nicht erhalten.

Das glaube ich nicht. Der Gesetzgeber weiß, dass die Wertpapierkultur in Deutschland nicht gut ausgeprägt ist und dass es besser wäre, wenn man eine größere Verbreitung der Anlageform „Aktie“ hätte. Darüber herrscht im politischen Spektrum weitgehend Konsens. Die Absicht war es, den Kunden zu schützen, aber da ist man über das Ziel hinausgeschossen. Ich bin der Meinung, dass die Beratungsprotokolle häufig eher die Bank schützen, weil man dann schwarz auf weiß nachweisen kann, was man im Beratungsgespräch gesagt hat. Im Übrigen ist bei dem Thema Dokumentationspflichten das Ende der Fahnenstange noch gar nicht erreicht: Mit MiFID II werden alle Banken Telefongespräche mit Kunden, die zu einem Wertpapiergeschäft führen könnten, auf Band aufzeichnen und fünf Jahre lang aufbewahren müssen. Das wird die meisten Kunden in Deutschland sicher überraschen.

Stichwort Aktienkultur: Denken Sie, in diesem Zusammenhang müsste etwas auf politischer Basis passieren, um die Aktienkultur in Deutschland zu verbessen? Die Chefs der Börsen jammern seit Jahren. Es tut sich im Grunde nichts. Wir sind in diesem Bereich Schlusslicht.

Politisch, im Sinne von gesetzlicher Förderung, glaube ich nicht. Ich bin ohnehin kein Freund von irgendwelchen gesetzlichen Förderungen. Man sollte versuchen, die finanzielle und ökonomische Bildung der Bevölkerung zu verbessern und deutlich zu machen, dass Eigenkapitalbildung für die Unternehmen wichtig ist, dass wir diese brauchen und dass sie nicht nur dem institutionellen Anleger überlassen werden sollte. Auf diesem Wege sollten wir mit Aufklärung im weitesten Sinne versuchen, den Leuten die Schwellenangst zu nehmen.

Die größte Kritik an der normalen Beratung ist die Provision, mit der sich Banken aus Sicht vieler permanent die Taschen vollstopfen. Die große politische Keule ist die Honorarberatung. In Großbritannien ist sie schon Pflicht. Bestimmt zittert in Deutschland bereits die eine oder andere Organisation, dass dies auch hier Pflicht werden könnte. Oder wäre die Honorarberatung sogar zu begrüßen?

Das Thema ist aus meiner Sicht viel zu ideologiebeladen. Man hat manchmal das Gefühl, Honorarberatung sei das wahre, objektive und einzig kundenfreundliche System. Provisionsberatung indes nicht, weil es die Kunden in die Produkte hineintreibt, mit denen die Banken am meisten verdienen. Es gibt sie ja die Honorarberatung in Deutschland. Fakt ist jedoch, Honorarberatung wird von Kunden nur wenig angenommen. Das ist nicht weiter verwunderlich. Für eine Honorarberatung wird man sicherlich einen bestimmten Stundensatz nehmen müssen und dann ist klar, dass in Abhängigkeit von den Beträgen, die Sie anzulegen haben, eine Beratungsleistung ziemlich uninteressant wird. Wenn Sie bei einem Zinsniveau von einem Prozent 10.000 Euro anzulegen haben und für eine Stunde Beratung 150 Euro bezahlen müssen, dann lassen Sie es wahrscheinlich bleiben.

Versicherungsprovisionen können schon mal einen vierstelligen Bereich erreichen. Oder Bausparen. Eine Bausparsumme von 100.000 Euro zieht eine Abschluss-Provision in Höhe von 1.000,-  Euro mit sich. 1.000,- Euro oder 150,- Euro für die Stunde. Jetzt müsste dem Kunden der Unterschied auffallen.

Ich bin jetzt mehr von klassischen, etwas kürzer laufenden Geldanlagen ausgegangen. Bei den beiden von Ihnen angesprochenen Themen mag es sich sicherlich nochmal anders darstellen, aber da muss der Kunde mit seiner Abschluss-Provision auch noch viele andere Leistungen finanzieren, als die tatsächliche Zeit, die der Versicherungsvertreter bei ihm verbringt. Aber ich sehe das ganz ideologiefrei. Wir sind der Meinung, man sollte dem Kunden beide Möglichkeiten anbieten. Er sollte frei wählen, was ihm lieber ist. Transparenz ist dabei sehr wichtig. Der Kunde muss sehen, was von seinem gezahlten Betrag als Provision an die Bank geht und was tatsächlich in das Investment fließt. Dann wird man am Ende sehen, was sich durchsetzt. Das Beispiel Großbritannien zeigt, dass durch die Honorarberatung und durch das Verbot der Provisionsberatung Teile des Retailmarktes ein bisschen von der Beratung abgeschnitten worden sind. Die Frage ist, ob man das wirklich will. Ich halte es nicht für sinnvoll.

Hierzulande stellt man sich die Frage: Kann der Retailmarkt eine Honorarberatung überhaupt bezahlen? Der Retailmarkt ist hochlukrativ. Ich vermute, bei allen Organisationen, die den Retailmarkt im Fokus haben, ist der Provisionsumsatz deutlich höher als der, den man mit einem Honorar erzielen kann. Von der Sparkasse, über Finanzvertriebe bis zu den Großbanken würden alle mächtig leiden.

Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass Ihre These stimmt, dann wird sich der Markt letztendlich bei der Honorarberatung so entwickeln, dass die Bank unterm Strich das Gleiche hat wie heute bei der Provisionsberatung. Es ist nicht zu erwarten, dass die Bank dann auf einen guten Teil ihrer Erlöse verzichtet, nur weil das System geändert wird. Dann würde sie bestimmte Dinge unter Umständen auch nicht mehr anbieten. Es ist nicht mein Verständnis von marktwirtschaftlichem Umgang, dem Kunden bestimmte Produkte durch eine gesetzliche Regelung vorzuenthalten. Transparenz, ja, um zu vermeiden, dass der Kunde hier in bester Absicht Gebühren zahlt, die er gar nicht kennt – das sollte man tatsächlich vorschreiben und ist ja auch bereits vorgeschrieben worden – aber dann sollte der Kunde auch die freie Wahl haben. Meine These ist – die kann ich rechnerisch nicht belegen –, bei der Provisionsberatung subventionieren heute die, die etwas größere Beträge anzulegen haben diejenigen, die etwas kleinere Beträge anzulegen haben.
Wenn Sie jetzt die Honorarberatung pushen und die Leute mit einem spitzen Bleistift rechnen, dann würden diejenigen, welche größere Beträge anzulegen haben, sagen: „Wir machen das nur noch auf Basis der Honorarberatung.“ Und wenn die Provisionsberatung für alle anderen unauskömmlich ist für Banken, dann wird es das nicht mehr geben. Dann ist aber auch die Honorarberatung für den kleinen Kunden unauskömmlich, und wir haben englische Verhältnisse. Ich finde nicht, dass es eine gesetzliche Lenkungsabsicht in irgendeine Richtung geben sollte, sondern Transparenz und Wahlfreiheit. Das sind die beiden wichtigsten Kriterien.

 „Wer Wege kennt, kann wählen“, da bin ich bei Ihnen. Völlige Transparenz ist etwas, wo unsere Branche noch deutlich nacharbeiten sollte. Der Branche zeigen sich nun diese vielen kleinen Fintech-Unternehmen, die aus dem Boden sprießen. Es gibt durchaus Geschäftsmodelle, bei denen diskutiert man gar nicht über Provision- oder Honorarberatung, sondern es wird verlautbart: „Den Berater brauchen wir gar nicht mehr. Der Kunde kann sich per robot-advisory vollständig über das Internet beraten lassen.“ Angeblich gibt es bereits über 300 Fintechs alleine in der DACH-Region. Wie geht der Bankenverband mit diesem Thema um?

Das Thema interessiert uns natürlich sehr und das verfolgen wir sehr genau. Wir sehen die Fintechs nicht unbedingt nur als Wettbewerber im Sinne eines Verdrängungswettbewerbs, sondern wir sehen sie mehr als Partner, als Ideen- und Impulsgeber. Fintechs versuchen natürlich Teile unserer Wertschöpfungskette wegzunehmen. Und natürlich sind es die eher lukrativeren Teile. Sie sind aber in dem, was sie angehen, beschränkt. Wir sehen viele Ideen im Zahlungsverkehr oder in der Automatisierung des Brokerage. Aber beim „richtigen“ Bankgeschäft sehe ich das nicht. Das Thema Crowdfunding ist zum Beispiel eher exotisch und ich glaube nicht, dass das wirklich groß und einen echten Wettbewerber zu dem personengetriebenen Kreditgeschäft darstellen wird.

Aber die Wachstumszahlen sind sehr gut, oder?

Ja, derzeit rund 300 Prozent im Jahr. Aber das wird sich nicht aufrechterhalten lassen. Ich habe neulich einen Vortrag gehört, da wurden die Größenordnungen visuell dargestellt. Darin sahen Sie das Kreditvolumen von Banken und daneben das Crowdfunding. Trotz des schnellen Wachstums, bildet Crowdfunding im Vergleich nur eine Nadelspitze ab.
Sicherlich kann man erwarten, dass die Volumina irgendwann gleichgroß sind, aber daran glaube ich mittelfristig nicht. Ich denke, beim Crowdfunding wird sehr schnell Ernüchterung eintreten, wenn wir mal wieder durch ein konjunkturelles Tal gehen und dann vielleicht viel Geld verloren geht. Nur ist diese Intermediär-Funktion, welche die Bank zwischen dem Einleger und dem Kreditnehmer hat, schwer automatisierbar; vielleicht in bestimmten standardisierten Geschäften oder automatisierten Scoring-Verfahren. Aber in den etwas komplexeren Geschäften, wie etwa Corporate-Banking, sehe ich das Ganze recht gelassen. Zudem meiden Fintechs regulierte Bereiche, weil diese für einen  Bereich stehen, der nicht mit deren DNA kompatibel ist. Fintechs sind schnell und sehr flexibel und alles, was reguliert ist, braucht eher etwas länger und einen anderen Typus von Mitarbeitern, so dass ich glaube, dass für beide genug Platz ist. Sie müssen sich natürlich aufeinander einstellen: Banken müssen schauen, wo Fintechs konkret reingehen und wo sie sich eventuell sogar Anregungen holen können, etwa einem Kunden noch bessere Dienstleistungen anzubieten. Dagegen müssen es Fintechs schaffen, dass sie nicht Dinge kreieren, die ihnen bei einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung auf die Füße fallen. Alles in allem eine sehr interessante Entwicklung mit einer großen Dynamik. Es wird die Banken stark verändern, gerade beim Filialgeschäft. Aber ich sehe es nicht als Bedrohung für die Häuser, sondern als Ansporn, selber etwas aktiver, schneller und flexibler zu sein.

Momentan scheint Kooperation der deutsche Fintech-Ansatz zu sein. Nicht die kleinen Fintechs gegen die großen Banken, sondern die Suche nach Schnittstellen ist zentral. Wir sehen „Gini“ bei der Deutschen Bank, wir sehen „OptiPay“ bei der DKB. Kaufen demnächst Banken ganz so wie Apple und Google neue Geschäftsmodelle der Fintechs einfach hinzu?

Das kann man nicht ausschließen und ich halte das für durchaus wahrscheinlich. Banken beobachten den Markt entsprechend und finden Modelle, von denen sie glauben, dass diese gut zu ihnen passen würden.

Wenn aber die Banken nicht kommen, um den Exit zu begleiten, kommt dann irgendein anderer Player internationaler Natur, der diese Geschäfte kauft, um einen signifikanten Marktanteil im Bankengeschäft zu haben?

Das glaube ich nicht. Fintechs tummeln sich nicht im regulierten Bankgeschäft. Die sind bisher – und ich glaube, dass wird auch so bleiben – eher für Ergänzungsdienstleistungen, die im Zusammenspiel mit den Bankdienstleistungen funktionieren. Dass sich einer gezielt einen Fintech-Konzern aufbaut und daraus eine Bank macht, so dass man keine Deutsche Bank oder Commerzbank mehr braucht, kann ich mir nicht vorstellen.

Wir werden sehen.

Ja, wir werden sehen.

Zum Schluss ein anderes Thema: Lobbyarbeit hängt auch immer mit den handelnden Personen zusammen. Ihr Verband sucht eine Nachfolge im Präsidium, eine Absage ist in der Presse zu lesen. Scheut sich der Top-Manager von heute, Lobbyarbeit zu unterstützen?

Nein, gar nicht. Der Präsident wird im November innerhalb des Vorstands gewählt. Das ist ein normaler Prozess. Am neunten November ist Vorstandssitzung und wir werden uns nicht erst am achten November Gedanken machen, wer es werden könnte. Da gibt es durchaus Bereitschaft, diesen Posten zu übernehmen. Dass diese Dinge nun in der Presse zu lesen sind, ist in diesem Zusammenhang normal. Das würde ich aber nicht überbewerten.

Ich glaube, dieser Wechsel war immer eine Story.

Ja, Personen sind Nachrichten. Das ist vollkommen logisch.