„Wenn ich nur Payment kann, kann ich auch nur Payment anbieten!“

Seit sieben Jahren im Geschäft und die Fidor Bank AG sieht sich noch lange nicht am Ende ihres Weges. BANKINGNEWS sprach mit dem Vorstand Matthias Kröner über Geschäftsmodelle von Fintechs, die Regulierung in der Finanzbranche und über Deutschland als problematischen Standort für Innovation.


BANKINGNEWS: Sie sahnen mit der Fidor Bank einen Preis nach dem anderen ab – auch international. Was gefällt den Juroren am Konzept „Fidor Bank“ so gut?

Kröner: Grundsätzlich tut sich viel Neues im Banking. Das führt wohltuend zu globaler Aufmerksamkeit,  die  wir in unserer Branche nur dann haben, wenn sich wieder irgendwo ein Skandal ergibt. Ich denke, was bei uns speziell zu Aufmerksamkeit führt, ist, dass wir eine volllizensierte Bank sind und im Rahmen dessen kundenorientierte Innovation fahren. Auf der anderen Seite merkt man, dass wir im Rahmen unserer Technologie-Orientierung eine Infrastruktur geschaffen haben, die in dieser Form einzigartig ist. Als Beispiel nenne ich den diesjährig erhaltenen Celnt-Award als „Model-Bank of the Year“, der definitiv infrastrukturell-technologischer Art ist. Das passt zu unserem allgemeinen Anspruch, den wir kommunizieren: Digitales Banking kann und muss auf den Kunden zentriert sein und das kann der moderne Kunde im digitalen Umfeld mit einer modernen Technologie wesentlich stärker spüren. Und das überzeugt im Endeffekt.

Ist das denn ein Vorteil, dass Sie sowohl Fintech als auch Bank in einem sind?

Definitiv. Allerdings muss ich hier etwas differenzieren. Es ist ein Vorteil, dass wir Technologie und die Banklizenz kombinieren. Viele behaupten, dass Fintechs ebenfalls kundenzentriert sind, da bin ich etwas anderer Meinung. Ich sehe es eher so, dass die Kollegen sicherlich tolle Lösungen bauen, aber in der Regel meist sehr transaktionsgetrieben sind. Wenn wir uns etwa das wahnsinnige Umfeld von Bezahl-Apps anschauen – das sind ausschließlich transaktionszentrierte Maßnahmen. Es gibt eigentlich überhaupt niemanden, der kundenzentriert ist, weil kundenzentriert hieße ja, den Kunden an unterschiedlichen Lebenspositionen abzuholen und in diesen unterschiedlichen Kontexten eine schnelle Dienstleistung anzubieten. Wenn ich aber nur Payment kann, kann ich auch nur Payment anbieten.

Das bedeutet, die Ansätze mit denen sich die Fintechs untereinander auf die Schulter klopfen, könnten am Ende des Tages wie ein Strick um den Hals wirken; also das Optimieren eines bestimmten Prozesses, den diese für den Kunden angenehm machen. Wird der Kunde doch eher davor zurückschrecken, weil er dort nur einen Prozess gelöst bekommt, während er woanders mehrere Leistungen abrufen kann?

Genau. Wobei es ja auch spannende Lösungen gibt. Aber am Ende des Tages bin ich bei vielen Lösungen eher skeptisch. Denn in dem Moment, in dem sich der Mehrwert etwa auf ein User-Interface reduziert, halte ich die Innovation für relativ dünn. Ich bin der Meinung, dass dies früher oder später von den Banken schnell adaptiert wird. Dann besäße man eine Vorlage und kann das entsprechend umsetzen. Und wir wissen ja, dass Banken erst in dem Moment in eine Entwicklung einschlagen, wenn ein Vorbild bereits auf dem Markt ist. Wir warten übrigens nicht so lange, sondern versuchen uns, als Innovationsleader zu positionieren.

Kai Friedrich hat mir gesagt, er habe so etwas wie  number26 in der Schublade. Auf ein Konto ein schickes Frontend zu legen, sei kein Hexenwerk.

Da muss ich ihm, wie so oft, Recht geben. Derzeit kann man die Dünnhäutigkeit der Kollegen auch bemerken. Der CEO von number26 hat sich neulich auf Twitter beschwert, dass wir ihn kopieren würden. Natürlich nicht. Aber offensichtlich ist es da mit der Coolness nicht so weit her. Generell wäre ich auch nervös, wenn mein Differenzierungsmerkmal ausschließlich Frontend und Onboarding wäre. Wir versuchen in diesem Kontext anders zu punkten, etwa durch Prozessgeschwindigkeit oder über Kreditvergabe in Sekunden – auch an einem Sonntag. Es ist klar, dass diese Anbieter immer von einer Produktionsbank abhängig sind. Dieser Punkt lässt mich am Ende skeptisch werden, weil in dem Moment, in dem man abhängig ist, da man sich nur auf die „sunny side“ konzentriert und keine eigene Banklizenz anstrebt, folgende Probleme kommen: Man hat zwar eine geringere Komplexität und dadurch eine kürzere Anlaufkostenphase. Man gibt auf diese Weise jedoch einen wesentlichen Teil der Kundenbeziehung an die Produktionsbank ab – also genau das, was sie im Endeffekt mit dem Kunden machen können. Sie können nur das ausliefern, was die Bank in der Lage ist, auszuliefern. Selbst wenn sie die Idee haben und noch einen Spoiler an einen bestimmten Kredit schrauben wollen, dann sieht das vielleicht die Bank anders oder deren Compliance lässt das nicht zu. Ich gebe also wesentliche Teile des Schicksals meiner strategischen Ausrichtung in die Hände der Produktionsbank.

Wenn wir einen Riesen wie Wirecard betrachten, also ein Technologie-Unternehmen mit angehängter Banklizenz: Wenn die jetzt für verschiedene Kundenprozesse Fintechs aufkaufen und am Ende 27 Applikationen anbieten, die der Kunde sexy findet, und machen dann daraus eine Art „Wirecard-Banking“ unter einer Marke; wäre das in Ihren Augen ein guter Ansatz? Und kommt das nicht sogar nah an Ihren Ansatz heran?

Ich glaube, man kann jede Menge solcher Planspiele machen, aber das ist aus meiner Sicht sehr müßig. Wir sollten schauen, was die Innovation ist, die tatsächlich geliefert wird, ob diese kopierbar oder replizierbar ist und ob die etablierten Player hier womöglich direkt zurückschlagen. Es ist notwendig, dass man Innovation liefert, wenn man sich als Innovator positionieren will. Ich bleibe dabei: Die ausschließliche Differenzierung über eine nette UX ist für mich keine Innovation. Da kann man definitiv mehr machen, um eine Daseinsberechtigung zu erhalten. Nicht alles, was von Investoren hoch bewertet wird, ist am Ende auch gut. Wir sehen jährlich in Silicon Valley Milliarden über die Wupper gehen, weil die Wetten nicht so aufgegangen sind. Abgesehen davon haben wir in diesem Zusammenhang auch ein Marktthema: Ich glaube, dass man in diesem Kontext stets international denken muss und weniger national. Wir tun uns in Deutschland mit der Adaption von digitalen Innovationen auf der Kundenseite immer noch schwer; aber generell! Das ist kein Fidor-Thema. Man muss einfach wissen, in welchem Umfeld man arbeitet. Deswegen sterben hier auch viele einen schönen, oder frühen und einsamen Tod, weil die Akzeptanz- bzw. die Adaptionsgeschwindigkeit nicht so hoch ist, wie sich das ein ehrgeiziges Start-up vorstellt. Selbst berühmte Häuser scheitern daran.

Auch bei unseren Veranstaltungen wurden Sie nie müde, Ihr Modell zu loben und das, der tradierten Banken, kleinzureden.

Eher anzureichern, mit unserer Innovation.

Die Fidor Bank gibt es jetzt schon ein paar Tage. Hand aufs Herz: Wie zufrieden sind Sie mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Fidor Bank?

An und für sich gut. Dafür, dass wir als kleines Haus einen wahnsinnigen Spagat hinlegen müssen, bin ich mit der wirtschaftlichen Entwicklung zufrieden. Ich bin vielleicht nicht mit der Wertentwicklung  zufrieden, aber hier kann man immer geteilter Meinung sein. Aber mit den Mitteln, die wir haben – und die Mittel sind im Bankenumfeld immer begrenzt – können wir natürlich keine wahnsinnigen Sprünge machen. Was wir damit erreicht haben, ist also umso beeindruckender. Wir haben drei Verlustjahre zum Aufbau gehabt und sind seitdem profitabel. Jetzt schauen wir mal, wo wir im kommenden Jahr rauskommen. Wir haben über 100.000 Kunden mit einer Bilanzsumme, die sich richtig nach Bank anfühlt – und das alles in dem eher konservativ deutschen Umfeld. Des Weiteren haben wir ein Technologie-Geschäft, das im nächsten Jahr auch eine beeindruckende Entwicklung nehmen wird. In der Hinsicht bin ich natürlich zufrieden. Dass es mir immer zu langsam geht, ist klar.

Anderen Banken wird  – nicht nur von Ihnen – vorgeworfen, dass diese innovationslos seien. Doch es tut sich einiges. Die Deutsche Bank baut drei Labs, davon eines in Berlin. Wir sehen in der HVB Bankathons und Hackthons. Zudem viele Kooperationsflächen zwischen tradierten Banken und Fintechs. Werden die anderen langsam wach?

Herr Hahn, Sie glauben immer ans Gute (lacht).

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Das erinnert mich alles an das Ende der 90er Jahre, als wir diesen ersten Internet-Boom hatten. Diesen haben wir damals mit einer wahnsinnigen Begeisterung aufgenommen. Jede Summe sprengte den prognostizierten Rahmen. Warum soll mich die jetzige Entwicklung beeindrucken? Jetzt wird klar, dass die Technologie ein großer Treiber ist und die Technologie nicht mehr in den Händen der Banken liegt, sondern in den Händen der Kunden bzw. in den Händen anderer großer Kunden, Partner oder Marktteilnehmer. Wer sich in diesem digitalen Umfeld nicht genau umschaut, der wird Probleme bekommen. Der Bankenverband nimmt jetzt auch Fintechs auf und einige Leute aus der Branche schütteln den Kopf.

Aber viele Fintechs finden das gut, weil sie etwa Zugang zu Materialien, Studien und Netzwerk haben.

Würde mich wundern. Die Welt ist voller Eigentümlichkeiten. Die Fidor Bank ist nicht Mitglied im Bankenverband, das können wir uns einfach nicht leisten.
Was mir im Wesentlichen als Bank Sorgen bereiten würde, wäre folgender Aspekt: nicht, dass ein Fintech für eine Bank gefährlich wird und Millionen von deren Kunden, auf welche sie so oft verweisen, abräumt. Gut, dabei wird oft vergessen, dass diverse tote Institute aufgenommen wurden, um überhaupt diese Kundenzahl zu erreichen. Viel gefährlicher ist, wenn eine Fintech-Technologie von einem großen Retailer in die Hand genommen wird. Dann wird es richtig spannend.

Wer wäre denn so ein Retailer für Sie? Die Telekom wollte schon oft an das Thema Zahlungsverkehr ran. Sind aber mit einigen Projekten gescheitert.

Aber Herr Hahn, jetzt über die Telekom im Innovationsumfeld zu reden ist ein bisschen komisch.

Ich sehe im Bereich der Telekommunikation niemand Innovativeres.

Ja, das ist ein Fehler. Aber nicht meiner. Die Telekom sollte sich doch jetzt mit ClickandBuy beschäftigen – das wollen die jetzt für einen Euro verkaufen, was sie für 150 Millionen gekauft haben. Wer sich vor dem Hintergrund dieses Desasters, die sich mit Yapital in eine Reihe stellen können, auch nur ansatzweise traut, irgendetwas am Markt zu fordern, ist eh mit einem relativ ungesunden Selbstvertrauen ausgestattet. Die Telekom ist für vieles bekannt, aber nicht als Ort der Innovation und der Geschwindigkeit – zumindest bei mir noch nicht.

Regulierung wird allgemein als der Hemmschuh genannt, wenn es um die Weiterentwicklung des Bankings geht. Die Fidor Bank hat die gleichen Auflagen wie alle anderen. Ist Regulierung nur ein Vorwand der anderen, alles beim Alten belassen zu können?

Ich hatte genau diese Diskussion mal auf einem Podium in München und da hat ein Kollege auch diesen Vorwand angebracht. Das ist im Grunde eine unternehmenskulturelle Fragestellung. Wir haben ja auch nicht die Fintechs erfunden. Vor sieben Jahren haben wir die Reise mit der Fidor Bank begonnen. Wir konnten gar nicht wissen, dass wir uns in der Größenordnung bewegen, in ein Marktszenario wie dieses, aber wir hatten kulturell zumindest die Voraussetzung, dass wir das unternehmerisch gepackt und uns das getraut haben. Das ist also keine Technologiefrage. Das Fidor-Operating-System, welches wir als Kern-Intellectual-Property hier bei uns im Hause haben – das nenne ich auf der einen Seite ein Operation-System, aber auf der anderen Seite ist es für mich einfach „coded attitude“. Und „attitude“ ist Kultur. Darum geht es. Regulierung hin oder her – es gib so viele Bereiche, die reguliert sind, aber trotzdem von Innovation leben. Nehmen Sie den gesamten Medizin- und Pharmabereich. Wenn die Pharmaindustrie sagen würde: „Wir machen keine Innovation mehr, weil wir reguliert werden“, dann gäbe es in Zukunft nur noch Aspirin für alle. Ich bin der Meinung, dass Regulierung in unserem Bereich notwendig ist, weil es um das Geld des Kunden geht. Neulich hat jemand gesagt, dass der Welpenschutz für Fintechs aufhören müsse. Das kann man nur mit einer maximalen Unkenntnis der Branche sagen. Weil alles, was Bankdienstleistungen sind, eh von Banken ausgeführt wird und diese Banken unterliegen der Aufsicht.

Das Internet ist Fluch und Segen gleichermaßen. Neben dem Lob, das Sie durch Preise und Auszeichnungen erhalten haben, gibt es auch die eine oder andere Kritik. Wie gehen Sie damit um? Sind das nur Trolle?

Natürlich gibt es Trolle. Der Vorwurf, wir hätten „kein vollwertiges Girokonto“, bezog sich zum Beispiel auf Karte und den Überziehungskredit. Jetzt haben wir mit Mastercard gemeinsam ein extrem innovatives Kartenprodukt auf den Markt gebracht haben, nämlich die Kombination aus Maestrocard und Mastercard in einem. Das hat Mastercard mit uns als erster Bank in Deutschland in dieser Form durchgezogen. Abgesehen davon ist mir jede Kritik willkommen, weil es mir auch die Plattform gibt, um mit dem Kunden in den Dialog einzusteigen – und zwar sachlich. Im Netz gibt es wunderbare Dokumentationsmöglichkeiten, so dass der Leser sieht, wie wir in den verschiedenen Kanälen auch unsere Kernaussage leben: das Community-Banking. Im Endeffekt gibt es aber kein kritikfreies Konzept.  Kritik ist wichtig und nicht reputationsschädlich. Ein unsachlicher Umgang mit Kritik ist dagegen reputationsschädlich.
Somit sehe ich den Fluch des Internets gar nicht in der öffentlichen Form von Kritik. Über das Netz kann auch ich als Vorstand einer Bank eine öffentliche Diskussion betreiben. Ob es jetzt der Gesellschaft dadurch besser geht oder nicht, das sei mal dahingestellt. Das ist auch eine selbstverantwortliche Interpretation dieser Funktionalität. Was mir aber viel wichtiger ist: Ich bin massiv vom Netz überzeugt und von seinen Möglichkeiten. So sehr ich als Vertreter einer eigentlich älteren Generation dort hereingewachsen bin, muss ich sagen, dass ich es über alles liebe.  Aber mich beängstigt die gesamte Sicherheitsthematik – nicht auf Unternehmensebene. Im Gegenteil: Ich denke, dass die Unternehmen am professionellsten damit umgehen. Aber ich habe sehr große Bedenken beim einzelnen Kunden, der sich nach wie vor mit einer maximalen Blauäugigkeit im Netz bewegt. Wir sind da sicherlich kein Einzelfall, wenn ein Kunde sich bei uns meldet und uns darüber informiert, dass er auf irgendeiner Seite seine gesamten persönlichen Daten angegeben hat, um einen Kredit von uns zu erhalten und es folgt ein Betrug. Diese Grundnaivität ist problematisch. Das wird zudem von unserer politischen Elite befeuert, die sich im Online-Umfeld mit einer maximalen Fahrlässigkeit bewegt. Ich meine die gesetzliche Rahmengebung und die Budgetierung im Staatshaushalt, so dass man am Ende wirklich nur sagen kann: Ihr habt den Donnerschlag nicht gehört! Wir sind in die Thematik erst zwangsweise hereingerutscht, als wir vor über einem Jahr die erste große DDoS-Attacke hatten und sich mir die Leistungsfähigkeit der Polizei als sehr überschaubar präsentierte. Der damalige Täter ist immer noch im Netz aktiv und man kann davon ausgehen, dass Online-Kriminalität durch unsere Exekutiveinheiten nicht verfolgbar ist. Das halte ich für das größte aller Probleme. Uns sind die Hände gebunden, uns fehlen die Mittel und das Verständnis. Als ich damals die 110 wählte und sagte, dass wir einen DDoS-Angriff ausgesetzt seien, wollte die Dame mich beruhigen, indem sie mir einen Beamten vorbeischickt. Ich war fassungslos. Das sieht man auch am Hack unseres Bundestages – dieser Gap zwischen Elitedenken und gelebter Realität ist staatsbedrohend. Wir werden erleben, wie die USA und Asien uns mit ihrer Fire-Power die Butter vom Brot nehmen.
Wir fahren selbst bei Startups Kostenblöcke, die einer zukünftigen Marktgröße leider nicht gerecht werden. Ich glaube bei Yapital liegt der Verlust bei 120 bis 150 Millionen. Dass man da irgendwann mal die Reißleine zieht, ist klar. Bei vielen Startups fragt man sich, was das jetzt eigentlich soll. Das nennt man Goldgräberstimmung. Viele kompensieren ihr fehlendes Know-how durch Begeisterung. Im Finanzdienstleistungssektor ist das schwierig, weil wir als Bank auch auf gewisse Mindestanforderungen achten müssen. Wenn diese nicht gegeben sind, können wir leider keine Partner werden. Allgemein halte ich die Innovationskraft aus dem Fintechbereich für übersichtlich, weil sie immer am Tropf einer Service-Bank hängen. Man muss auch mal schauen, was die Definition Fintech bedeutet. Für mich ist das eine Momentaufnahme – auch schon vor einem Jahr. Vor zwei Jahren war es die PFM-Sau, die durchs Dorf getrieben worden ist, dann sind es diverse Mobile-Payment-Säue, die immer wieder durchgetrieben werden. Ich glaube, man ist sehr gut beraten, wenn sich von diesen ganzen Trends emotional entkoppelt und sein eigenes Ding macht.  Für uns als Bank ist es wichtig, dass wir Spezialisten rund um den Kredit sind.  Warum ist das wichtig? Weil in Deutschland vor allem im Kreditbereich Geld verdient wird und nicht im Transaktionsbereich. Es ist für uns wichtig, dass 80 bis 90 Prozent eher ein Finanzierungsproblem denn ein Anlageproblem haben.

Und dann haben wir noch das Problem „Digitalisierung“.

Digitalisierung ist sicherlich nicht: „Wir haben eine App und ein Facebook-Profil“. Da ist leider bei manchen die Digitalisierungsstrategie schon am Ende. Digitalisierung bedeutet: Ich betreibe eine Infrastruktur. Das ist eine hochgradig infrastrukturelle Frage. Ein Kunde kann auch sonntags mit uns Kontakt aufnehmen, weil er einen Kredit benötigt. Das Scoring hat er, das Geld wird geschickt und er kann am nächsten Geldautomaten das Geld abholen. Das ist Digitalisierung. Geschwindigkeit ist essentiell. Digitalisierung erfordert auch eine entsprechende kulturelle Ausrichtung. Sie ist offen und integrierbar oder hat open standards.

Wo ist die Fidor Bank in einem Jahr und wo ist die Fidor Bank in fünf Jahren? Exit an „Google-Bank-Deutschland“?

Das halte ich für extrem unwahrscheinlich. Ich denke nicht, dass Google Bankdienstleistungen, wie wir sie betreiben, braucht. Die „juicy parts“ haben die sich bereits herausgezogen, ohne irgendein Risiko fahren zu müssen. Das Geschäft, das bei den Banken verbleibt, wenn sie nicht aufpassen, ist das Risikogeschäft. Aber darüber wird schon so viel spekuliert, ich möchte nicht noch einen oben drauf legen. Für sich als Unternehmen hat die Fidor Bank ihre klare Destination gefunden. Die Fidor Bank wird in fünf Jahren ein europaweit aktives Institut sein. Wir werden – wie heute auch – mittlere und kleinere Unternehmen betreuen. Wir werden unseren Digitalisierungsgrad bis zum Maximum ausgebaut haben. Das wird sich darin zeigen, dass wir ein sehr kapitaleffizientes Modell sein werden, auch mit maximaler Wirtschaftlichkeit. Wir werden sicherlich dann über eine Millionen Kunden haben und die Nummer 1 im Kopf des Kunden sein, wenn es um digitales Banking geht, vor allem mit einem Schwerpunkt rund ums Kreditgeschäft.

 

Matthias Kröner studierte Hotel Management an der Cornell University und der FH München. Von 1993 an war er für neun Jahre CEO der DAB Bank. Im Anschluss an diese Tätigkeit wechselte er zur Fidor AG und war dort für fünf Jahre Mitglied des Vorstands. Seit nun sieben Jahren ist er Vorstandsvorsitzender der Fidor Bank AG.

Bildnachweis: FidorBank