Sachkunde auf dem Prüfstand

Die Sachkunde eines Mitarbeiters in der Anlageberatung darf nicht mehr bloß vermutet werden. Nach § 1 WpHGMaAnzV sind theoretische Kenntnisse und deren praktische Anwendung zu überprüfen.


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Nach der Verordnung über den Einsatz von Mitarbeitern in der Anlageberatung, im Vertrieb, in der Finanzportfolioverwaltung oder als Vertriebs- oder Compliance-Beauftragte und über die Anzeigepflichten nach § 87 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHGMaAnzV) gelten für neue Mitarbeitergruppen gemäß MiFID II entsprechende Sachkundeanforderungen. Daneben sind bestehende Anforderungen zur Zuverlässigkeit und zur Registrierung im Mitarbeiterportal der BaFin relevant.

Die entsprechende Vermutungsregel, dass für am 3. Januar 2018 bereits tätige Mitarbeiter des jeweiligen Instituts das Bestehen der Sachkunde vermutet werden darf, endete zum 3. Juli 2018. Seither ist die erforderliche Sachkunde kontinuierlich zu wahren und regelmäßig auf den neuesten Stand zu bringen. Darüber hinaus hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Sachkunde jedes Mitarbeiters mindestens einmal jährlich zu überprüfen.

Theoretische Kenntnisse sind nicht neu

Der erste Teil der erforderlichen Sachkunde des § 1 WpHGMaAnzV umfasst insbesondere Kenntnisse in der Kundenberatung, der rechtlichen Grundlagen der Anlageberatung bestehend aus dem Vertragsrecht und dem für die Anlageberatung relevanten Aufsichtsrecht sowie Kenntnisse der fachlichen Grundlagen. Hierzu zählen insbesondere die Funktionsweise des Finanzmarkts sowie Merkmale, Risiken, Funktionsweise, Wertentwicklung und Bewertungsgrundsätze von Finanzinstrumenten (inklusive steuerliche Auswirkungen, Kosten, Gebühren und Grundzüge des Portfoliomanagements, Marktmissbrauch und Geldwäscheprävention). Diese theoretischen Kenntnisse sind nicht neu, nur die fachlichen Grundlagen wurden im Zusammenhang mit MiFID II näher spezifiziert.

Nachweis über praktische Anwendung

Das Vorliegen der Sachkunde in der Anlageberatung setzt neben den Kenntnissen des § 1 WpHGMaAnzV jetzt auch deren praktische Anwendung voraus. Konkret bedeutet dies, dass für den Mitarbeiter nachgewiesen werden muss, dass er in der Lage ist, die Anlageberatung zu erbringen. Für die Erbringung dieser Nachweise könnte sich folgende Vorgehensweise anbieten: Zunächst sollte eine Übersicht der durchgeführten Anlageberatungen (Geeignetheitserklärungen) für den relevanten Zeitraum pro Anlageberater erstellt werden.

Darüber hinaus ist vom Institut ein Referenzwert zu bestimmen. Er sollte festlegen, wie viele Anlageberatungen ein Mitarbeiter pro Monat durchgeführt oder wie viele Geeignetheitserklärungen ein Mitarbeiter pro Monat abgeschlossen haben sollte, damit die praktische Anwendung bestätigt werden kann. Ein Beispiel wären mindestens fünf Anlageberatungen oder Geeignetheitserklärungen pro Anlageberater und Monat. Neben der Anzahl sollte jedoch auch zwingend die entsprechende Qualität berücksichtigt werden. Im optimalen Fall kann die praktische Anwendung vor dem Hintergrund der ermittelten Anlageberatungen bestätigt werden. Dann gilt der zusätzliche Teil der Anforderungen zur Sachkunde als erfüllt.

Einzelfallprüfung ist notwendig

Selbstverständlich bemisst sich der Umfang der praktischen Sachkundeprüfung grundsätzlich an der Komplexität (Proportionalitätsgrundsatz). Ob ein Anlageberater die erforderliche Sachkunde aufweist, bedarf letztlich immer der Einzelfallprüfung. Es können aber weitere Referenzwerte und Kriterien, wie etwa die Anzahl der Beratungen von professionellen Kunden oder Orders, einbezogen werden.

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