,

„Wir fördern das Miteinander“

Die Liechtensteinische Landesbank (LLB) hat eine über 160-jährige Geschichte und ist das älteste Finanzinstitut im Fürstentum Liechtenstein. Natalie Flatz im Interview über die Kundschaft der LLB, wie der Staat mit der Bank verwurzelt ist und darüber, ob weitere Expansionen in Deutschland geplant sind.


BANKINGNEWS: Frau Flatz, Sie leiten die Division International Wealth Management der Liechtensteinischen Landesbank (LLB). Was sind Ihre Tätigkeitsschwerpunkte?

Natalie Flatz: Im International Wealth Management haben wir zwei Tätigkeitsschwerpunkte: Einerseits beraten wir unsere vermögende, internationale Private-Banking-Kundschaft. Wir versuchen in jeder Lebensphase unserer Kunden, die für sie passende Lösung zu finden, und stellen ihr oder ihm einen kompetenten Kundenberater zur Seite. Ein ebenso wichtiger Teil meiner Division ist das Institutional Banking, das seinen Ursprung in Liechtenstein hat. Hier geht es vor allem darum, dass wir für professionelle Kunden, wie Vermögensverwalter, Treuhänder oder Versicherungen, eine verlässliche und sichere Bank-Partnerin sind. Unsere Experten sind international vernetzt und unterstützen unsere Kunden mit Fachwissen und Kompetenz.

Wie international ist denn Ihre Kundschaft?
Zu unseren Heimmärkten zählen Liechtenstein, Deutschland, Österreich und die Schweiz. Außerdem haben wir in Dubai und Abu Dhabi eine Repräsentanz. International bedeutet für uns, dass wir in wenigen, dafür ausgewählten Märkten tätig sind, wie beispielsweise europäische Märkte in Zentral- und Osteuropa. So haben wir uns bewusst gegen den asiatischen Markt entschieden, denn wir sehen genügend spannendes Potenzial in den anderen Märkten.

Wie würden Sie die Bankenlandschaft in Liechtenstein beschreiben?
Es geht Vielen so, dass sie Liechtenstein zwar kennen, letztlich aber doch nicht wirklich viel über das Land wissen. Liechtenstein ist ein sehr kleines Land mit knapp 40.000 Einwohnern. Ein Fürstentum, das keine Staatsverschuldung hat, was uns fast einzigartig macht. Zudem haben wir diese einmalige Kombination der Währungsunion mit der Schweiz. Auf der einen Seite steht der starke Schweizer Franken als Landeswährung sowie die sehr enge historische und wirtschaftliche Verbundenheit mit der Schweiz. Auf der anderen Seite haben wir mit dem EWR-Beitritt vor 30 Jahren ein klares Bekenntnis zur Umsetzung der europäischen Rechtsvorschriften abgegeben. Mit der EWR-Mitgliedschaft können wir viele Chancen nutzen, die uns sonst nicht offen stünden, da wir damit einen Marktzugang haben, der uns zu einem gleichwertigen europäischen Finanzplatz macht. Der Kunde hat, wenn er bei uns in Liechtenstein bucht, die gleichen Reportings wie beispielsweise bei der Deutschen Bank in Deutschland, und ich bin überzeugt, dass uns das besonders attraktiv macht. Dafür müssen wir alles, was die EU im Finanzdienstleistungssektor an Regularien, Verordnungen und Richtlinien erlässt, in Liechtenstein eins zu eins umsetzen. Und das stellt einen kleinen Staat natürlich vor große Herausforderungen.

Sie betreuen für Ihre Kunden Vermögen in einer Größenordnung von Milliarden Euro. Welche Vorteile bringt das Wealth Management bei einer Bank in Liechtenstein gegenüber Instituten in der Eurozone mit sich?
Unsere Bankengruppe gibt es seit mehr als 160 Jahren. Werte wie Sicherheit und Stabilität schreiben wir uns also nicht nur auf die Fahne, sondern können stolz auf eine Historie zurückschauen, in der wir genau das bewiesen haben. Zudem haben wir uns vor einigen Jahren als Stammhaus der LLB-Gruppe in Vaduz von Moody’s raten lassen und hier mit Aa2 das dritthöchste Rating erhalten. Es ist gesetzlich verankert, dass das Land Liechtenstein mindestens 51 Prozent unserer Aktien hält. Damit haben wir mit Liechtenstein nicht nur einen Ankeraktionär, sondern einen sehr stabilen Mehrheitsaktionär.

Was ist der Vorteil, den Staat Liechtenstein als Hauptaktionär zu haben?
Mit dem Land Liechtenstein als Hauptaktionär verfügen wir über eine sehr solide Eigentümerstruktur. Die Beteiligungsstrategie des Landes legt großen Wert auf nachhaltiges Wirtschaften und unterstützt gleichzeitig das Wachstum der LLB. Dies gibt uns die Freiheit, Entscheidungen zu treffen, die nicht ausschließlich auf kurzfristige Rendite abzielen. Wir investieren gezielt in Projekte, die langfristigen und damit nachhaltigen Mehrwert schaffen, auch wenn die Erträge nicht sofort sichtbar sind. Unser verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen ist darauf ausgerichtet, dass unser Unternehmen auch in 160 Jahren noch erfolgreich besteht. Der entscheidende Unterschied zu vielen anderen Finanzinstituten liegt darin, dass unser Hauptaktionär nicht von kurzfristiger Gewinnmaximierung getrieben ist. Wir sind stolz, in einem Land mit AAA-Rating daheim zu sein, das unsere nachhaltige Strategie und Werte optimal widerspiegelt.

Wie involviert sind die handelnden Personen im Staat Liechtenstein im Banking der LLB?
Natürlich übt das Land das Aktionärsrecht an der Generalversammlung aus – wie alle Aktionäre. Die Regierung besucht uns einmal pro Jahr, damit wir den Geschäftsverlauf der LLB vorstellen. Und dann gibt es außerdem ein bis zwei regelmäßige Touchpoints mit dem Regierungschef, bei dem wir allgemeine, den gesamten Finanzplatz betreffende Themen besprechen. Aber es geht nicht um operative Themen oder darum, Entscheidungen abzusegnen, sondern darum, dass unser Verwaltungsratspräsident und unser CEO dem Regierungschef Updates über die grundsätzliche Stoßrichtung der LLB geben. Auch unser Verwaltungsrat ist komplett unpolitisch zusammengesetzt. Der Staat tut uns also gut, weil er die Stabilität eines vorausschauend denkenden Mehrheitsaktionärs mit sich bringt und operativ nicht eingreift.

Planen Sie weitere Expansionen in Deutschland oder im weiteren europäischen Ausland?
Laut unserer Strategie ACT-26, die den Zeitraum von 2022 bis 2026 abdeckt, planen wir in unseren Heimmärkten sowohl anorganisch als auch organisch zu wachsen. Akquisitionen interessieren uns in Liechtenstein, der Schweiz und Österreich, wo wir Banken und damit Buchungszentren haben. Insbesondere anorganisches Wachstum soll sich auf Bereiche konzentrieren, in denen wir bereits tätig sind. Dabei legen wir großen Wert darauf, dass potenzielle Übernahmekandidaten über ähnliche Geschäftsmodelle, Märkte und besonders eine vergleichbare Unternehmenskultur verfügen. In Deutschland, wo wir uns nach unserem Eintritt Anfang des Jahres ebenfalls bereits ein bisschen daheim fühlen, setzen wir auf kompetente und langjährig erfahrene Kundenberater, die uns bestätigen, dass der Trend, den wir seit einigen Jahren sehen, klar weitergehen wird.

Welcher Trend ist das?
Deutsche Kunden wollen ihr Vermögen nicht mehr nur über Anlagekategorien, sondern auch über Länder und Währungsräume hinweg diversifizieren und suchen sich deshalb bewusst einen Anbieter, der im Ausland einen Buchungsstandort hat. Auch wenn wir mit unseren Standorten in München, Düsseldorf und Frankfurt nahe bei unseren Kunden sind: Gebucht wird in Liechtenstein. Mit knapp 40 Mitarbeitenden an diesen drei Standorten in Deutschland sind wir einen mutigen Schritt gegangen. Und wir sind überzeugt, dass dieser Schritt richtig ist. Wir brauchen Präsenz, damit wir unmittelbar greifbar für unsere Kunden sind, und nun konsequent unseren Marktanteil in Deutschland aufbauen können.

„Was nie ersetzt werden kann ist, dass der Kunde bei bestimmten Themen einem echten Menschen gegenübersitzen möchte“

Stichwort Digitalisierung und KI: Wie ist die LLB hier aufgestellt?
Neben dem Wachstum ist der zweite große Pfeiler unserer Strategie die Effizienz, und da spielt die Digitalisierung eine große Rolle. Wir haben für diese fünf Jahre der Strategieperiode entschieden, 100 Millionen Schweizer Franken für alle Digitalisierungs- und Digitalisierung-verwandte Themen auszugeben. Einerseits digitalisieren wir die Schnittstellen zu unseren Kunden und bauen das Online- und Mobile-Banking aus. Andererseits wollen wir nicht nur nach außen, sondern auch intern digitalisieren und somit schlanker und noch schneller werden, um für unsere Kunden attraktiv zu bleiben.

Werden echte Berater dann in Liechtenstein überflüssig?
Schnelle, einfache Dinge werden heutzutage gerne über Online- und Mobile-Banking erledigt. Aber was nie ersetzt werden kann ist, dass der Kunde bei bestimmten Themen einem echten Menschen gegenübersitzen möchte. Insofern sind wir ein smarter Follower bei ganz vielen Sachen. Wir sind meistens nicht die Ersten, die digitale Neuerungen umsetzen. Wir warten ab, beobachten und rennen nicht jedem Trend hinterher. Wenn wir uns aber für eine Entwicklung entschieden haben, setzen wir diese zielgerichtet und mit aller Konsequenz um. Wir investieren also stark in die Digitalisierung und sind gleichzeitig felsenfest davon überzeugt, dass der echte Berater nie ersetzt werden wird.

Muss sich ein Bewerber aus Deutschland auf eine andere Unternehmenskultur einstellen?
Nein. Der Großteil unserer Mitarbeitenden ist zwar in Liechtenstein tätig. Das Einzugsgebiet geht jedoch deutlich über die Landesgrenzen hinaus. Gerade in einem so kleinen Land ist es daher essenziell, offen zu sein für Menschen mit verschiedenen Hintergründen, wobei wir als deutschsprachige Bank gewisse Anforderungen haben. Für Personen, die ausschließlich Englisch sprechen, kann es herausfordernder sein, da wir unsere Organisation bewusst nicht vollständig umstellen. Wichtiger als die Sprachkenntnisse ist für uns jedoch der Wertekompass der Bewerberinnen und Bewerber. Sie müssen verstehen, dass die LLB eine Bank ist, die sehr von einem Miteinander geprägt ist. Wir arbeiten Hand in Hand, oder in unserem Dialekt gesprochen: ma hilft anand. Das Miteinander ist das, was wir fordern und fördern. Wenn sich unsere potenziellen Mitarbeitenden von dieser Mentalität abgeholt fühlen, spielt es keine Rolle, woher sie kommen.

Stichwort Personalgewinnung: Ist für eine Bank mit einem überschaubaren Arbeitsmarkt vor der Haustür auch Recruiting im deutschsprachigen Raum ein Thema?
In Liechtenstein ist es zweifellos anspruchsvoller, qualifiziertes Personal zu finden als in größeren Märkten wie Deutschland. Das erfordert von uns nicht nur Kreativität, sondern auch die Fähigkeit, uns als besonders attraktive Arbeitgeberin zu präsentieren. Ich denke, da sind wir in so kleinen Ländern wie dem unseren wahrscheinlich noch stärker gefordert. Selbstverständlich sind Bewerbungen aus Deutschland und anderen Ländern bei uns willkommen. In Liechtenstein besteht unser Arbeitsmarkt aus über 50 Prozent ausländischen Fachkräften. Diese kulturelle Vielfalt prägt unsere Arbeitsweise: Österreicher arbeiten Hand in Hand mit Schweizern, Liechtensteiner mit Deutschen. Sie werden bei uns eine Umgebung finden, in der man sich wohlfühlen und dann auch sein ganzes Potenzial entfalten kann.

Interview: Thorsten Hahn

Natalie Flatz


Natalie Flatz ist Leiterin Division International Wealth Management und Mitglied der LLB-Gruppenleitung.