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Manifestation Firmenkundengeschäft: Die Gewinnsparte der Zukunft?

Das Firmenkundengeschäft hat nach wie vor eine hohe Bedeutung für Geldinstitute. Doch für den langfristigen Erhalt fehlt an einigen Stellen eine Renovierung. Was brauchen Banken und Sparkassen, um den Erfolg auch in Zukunft sicherzustellen? In der neunten Ausgabe des BANKINGCLUB-Radars mit Horn & Company geben Experten der Finanzbranche Antworten auf diese Frage.


Bankmitarbeiter arbeitet an einem Talbet

Das eigene Geschäftsmodell diversifiziert aufzustellen, stellt sich für Banken als lohnenswert dar – insbesondere in unbeständigen Zeiten. Doch gerade in einem volatilen gesamtwirtschaftlichen Umfeld ist eine kritische Reflexion des eigenen Handelns wesentlich, um den Erfolg auch künftig zu sichern: Wo steht das Firmenkundengeschäft heute und welche Faktoren tragen künftig das größte Erfolgspotenzial? Mit dieser Leitfrage befasst sich die bereits neunte Ausgabe des BANKINGCLUB-Radars. Für die Panel-Umfrage in Zusammenarbeit mit Horn & Company wurden mehr als 150 Beschäftigte der Finanzbranche zu aktuellen Trends und Entwicklungen im Firmenkundengeschäft befragt. Es zeigt sich, dass die Branche flächendeckend das Geschäft weiter ausbauen will und Prozessoptimierung sowie Vertriebskompetenzen als Erfolgstreiber betrachtet.

Firmenkundengeschäft = Kerngeschäft

Mit 89 Prozent stellt für die Mehrheit der Umfrageteilnehmer das Firmenkundengeschäft bereits heute ein wichtiges Geschäftsfeld – wenn nicht sogar das Kerngeschäft – dar, in dem ein Großteil der Erträge erzielt wird. Für nur elf Prozent der Beteiligten hat der Bereich geringe bis gar keine Relevanz. Auffällig sind die Tendenzen nach Institutsgruppe, da Mitarbeiter von Privat- und Genossenschaftsbanken dem Firmenkundengeschäft eine etwas geringere Bedeutung beimessen als Kollegen der Sparkassen und Landesbanken: 73 Prozent der befragten Sparkassen- und Landesbankmitarbeiter halten das Firmenkundengeschäft für ein wichtiges strategisches Geschäftsfeld, 27 Prozent dieser Bankergruppe benennen dieses sogar als das Kerngeschäft Ihres Unternehmens. Hingegen sehen nur 19 Prozent der Genossenschaftsbank-Mitarbeiter das Firmenkundengeschäft als ihr Kerngeschäft an. Fünf Prozent der Privatbank- Mitarbeiter schreiben diesem Geschäftsfeld keine wirkliche Relevanz zu. Mit 97 Prozent steht für beinahe die Gesamtheit aller Befragten fest, dass sie künftig im Firmenkundengeschäft wachsen wollen. Die Frage ist nur: Mit welcher Ausrichtung?

Etwa durch ein breiteres Leistungsangebot oder das Erschließen neuer Geschäftsfelder? Hier ist man sich mehrheitlich einig, weiteres Wachstum durch Neukunden bestreiten zu wollen. Um insgesamt eine Ergebnisverbesserung zu erzielen, gilt es auch intern noch einige Potenziale zu heben. So setzen etwa drei Viertel der Umfrageteilnehmer auf Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung, ebenso wie die Mobilisierung des Vertriebs. Dabei mag es Rezipienten der Umfrage überraschen, dass nur 29 Prozent der Teilnehmer Potenziale sehen, die im kleinteiligen, multiplizierbaren und dadurch digitalisierbaren Firmenkundengeschäft schlummern. Gerade hier könnte aber der Schwerpunkt der dringend benötigten Digitalisierung gesetzt werden. Zu den Präferenzen bei der Kanalnutzung konnte folgendes festgestellt werden: Mittlere bis große Unternehmen liegen in der Nutzung digitaler Beratungsangebote im Vergleich zu Kleinunternehmen noch deutlich zurück. Dies ist kaum verwunderlich, denn das Angebot zu digitalen Beratungsservices hinkt auch bei Banken für diese Zielgruppe hinterher. Bei der persönlichen zentralen stationären Betreuung steht eine Nutzung von 50 Prozent der kleinen Unternehmen der Nutzung von 83 Prozent bei mittleren und großen Unternehmen gegenüber.

Stabile Kundenbeziehungen und gute Vernetzung essenziell

Insgesamt lässt sich feststellen, dass eine omnikanale Kundenbetreuung von persönlichen oder medialen hin zu digitalen Serviceangeboten bereits etabliert ist. Daraus erschließt sich auch, dass so gut wie alle Befragten ihre stabilen Kundenbeziehungen sowie die gute Vernetzung innerhalb der Region oder auch Branche als ihren USP einschätzen. Hingegen werden eine starke Produktpalette, ein breiter Marktzugang und gute Preise als weniger bedeutend betrachtet. Allerdings machen sich auch in diesem Punkt wieder Unterschiede zwischen den Institutsgruppen bemerkbar. So berufen sich Privat- und Spezialbanken eher auf ihren Status als Nischenanbieter und markieren darin ihren USP. Bei der Frage nach den aktuell relevanten Themen stellt sich heraus, dass besonders Nachhaltigkeit Einzug ins Firmenkundengeschäft gehalten hat. So bestehen 65 Prozent der Befragten darauf, dass sich Kunden der grünen Wende stellen und auch proaktiv damit befassen. Außerdem sei das Produktangebot nachhaltig ausgerichtet, heißt es von 53 Prozent, und man vergebe bei gutem ESG-Score bessere Konditionen (19 Prozent). Nichtsdestotrotz besteht Einigkeit, dass es beim Thema Nachhaltigkeit noch viel zu tun gibt. Auf die Frage nach dem Effekt der Zinswende zeigen sich 70 Prozent der Befragten zuversichtlich.

Fachkräftemangel und veränderte Wirtschaftslage bereiten Kunden Sorgen

Die daraus entstandenen Kundenbedarfe würden neue Chancen für das Firmenkundengeschäft ergeben. Ein vielversprechendes Thema sind Ökosysteme, denen 80 Prozent der Befragten eine hohe Relevanz beimessen. Mit 95 Prozent sind es besonders Beschäftigte von Privatbanken, die in Ökosystemen Ertrags- und Kundenbindungspotenziale sehen. Dahinter folgen Genossenschaftsbanken mit 85 Prozent und Landesbanken mit 72 Prozent. Reflektieren Bankmitarbeiter die aktuelle Situation und ihre Stärken beziehungsweise bestehende Erfolgsfaktoren im Firmenkundengeschäft, nennen diese die Punkte Branchenkenntnis und Verständnis der spezifischen Kundensituation. Von der Produkt- und Leistungspalette wird hier eher abgesehen – demzufolge laufen Vertriebskompetenzen mit 70 Prozent der Produkt- und Prozess-Exzellenz mit 27 Prozent den Rang ab. Auch zur Kehrseite der Medaille wurden die Umfrageteilnehmer befragt: Was entpuppt sich derzeit als die Top-Herausforderung? Interessant vor dem Hintergrund der Antworten ist, dass die Konkurrenz von Neo-Banken, Plattformen und Ökosystemen von nur jedem fünften als relevant erachtet wird. Aktuell wecken eher der Fachkräftemangel und die veränderte Wirtschaftslage der Kunden Sorgen. Dies bestätigt auch Dr. Oliver Küchle, Partner bei Horn & Company: „Inmitten eines Wachstumswettlaufs, den 97 Prozent des Bankensektors im Firmenkundengeschäft anstreben, wird der Fachkräftemangel zur Top-Herausforderung. Diese Institute stehen vor dem Spagat, Expansion und Personalbedarf gleichzeitig zu bewältigen.“