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Schwellenländeraktien: China, Türkei und Russland ins Töpfchen

Die Schwellenländer haben für eine Menge Schlagzeilen gesorgt, sei es durch Trumps Handelskriege, die prekäre Lage in der Türkei oder die weltweit größte demokratische Wahl in Indien. Daher lohnt sich ein Blick auf die regionale Allokation.


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Da wir weitere Konjunkturmaßnahmen erwarten, die die Effekte des zunehmend zerrütteten Verhältnisses von China zu den USA ausgleichen sollten, beurteilen wir chinesische Aktien leicht positiv. Die Folgen der Beeinträchtigungen des zyklischen Wachstums durch den Handelskrieg und das schwache externe Wachstum werden durch zusätzliche geld-, fiskal- und industriepolitische Maßnahmen gemindert. Der strukturelle Wandel in Richtung Fokussierung auf den Binnenkonsum, die stabilen Verschuldungsquoten, die verbesserte Qualität auf makro- und mikroökonomischer Ebene sowie der Kapitalzustrom durch die Öffnung der Kapitalmärkte für ausländische Investoren wirken unverändert positiv.

Bevorzugt Unternehmen mit hohem Eigenkapital

Da die Regierung Trump inzwischen beinahe alle chinesischen Importe in die USA mit Zöllen von 25 Prozent belegt, haben wir unsere Wachstumsschätzungen für China reduziert. Damit tragen wir dem schwächeren Konjunkturumfeld in der Welt und der jüngsten Eskalation im Handelskonflikt und Technologiesektor Rechnung. Im Zuge dessen geben wir attraktiver bewerteten H-Aktien (die an der Börse in Hongkong gehandelt werden) derzeit den Vorzug gegenüber traditionellen A-Aktien, die an den Börsen Festlandchinas gehandelt werden.

Nennenswert ist, dass die MSCIIndizes seit Juni 2019 auch A-Aktien enthalten. Daher rechnen wir in diesem Bereich mit einer stärkeren Aktivität und behalten diese Entwicklung genau im Auge. Kurzfristig bleibt unser Fokus auf den binnenkonsumorientierten Nutznießern der Konjunkturmaßnahmen in den Sektoren Versicherungen, Immobilien, Haushaltsgeräte und Automobile. Auch
exportorientierte Aktien könnten im Falle einer Beilegung des Handelskriegs durchaus steigen.

Nach den Marktturbulenzen halten wir die Bewertungen in der Türkei für attraktiv, da Top-down-Faktoren unseres Erachtens Unterstützung bieten. Insgesamt ist unser Ausblick für den türkischen Aktienmarkt positiv. Ein Risiko besteht darin, dass die weichen Kapitalkontrollen zu harten Kapitalkontrollen werden. Daher geben wir Unternehmen den Vorzug, die stabile Gewinne im Ausland erwirtschaften, Preisgestaltungskraft besitzen und über hohes Eigenkapital verfügen, zum Beispiel dem Getränkehersteller Coca Cola İçecek.

Russland ist ein weiterer Markt, den wir stark favorisieren. Abgesehen von steigenden Renditen und guten Deckungsquoten schätzen wir die Kreditwürdigkeit der Unternehmen als gut und deren Fundamentaldaten als solide ein. Wir beurteilen binnenkonjunkturorientierte zyklische Titel aus dem Stahlsektor sowie ausgewählte Öltitel positiv. Obwohl wir derzeit auch Ungarn, Kolumbien und Griechenland für attraktiv halten, könnten diese weniger liquiden Märkte auf eine veränderte Risikostimmung gegenüber dem US-Dollar in der Anlageklasse und auf länderspezifische Aspekte rund um Wahlen in Europa empfindlich reagieren.

In Indien wurde generell erwartet, dass der Aktienmarkt von Ministerpräsident Modis zweiter Amtszeit profitieren wird. Wir sind aber der Meinung, dass Fundamentaldaten entscheidender sein werden als politische oder thematische Aspekte. Bislang bestand eine starke Abhängigkeit von der US-Wirtschaft. Da das US-Wachstum vermutlich seinen Zenit überschritten hat und Sorgen um den Welthandel wachsen, halten wir es für wichtig, die möglichen Abwärtsrisiken aufmerksam im Auge zu behalten. Modis gutes Wahlergebnis hat die Unsicherheit in Bezug auf die indische  Wirtschaft zum Großteil beseitigt. Nun gilt es, die Daten genau unter die Lupe zu nehmen und auf Anzeichen für Marktanreize und Wachstumsimpulse zu achten.

Gegenwärtig nehmen wir eine neutrale Haltung gegenüber Indien ein. Der Markt ist teuer, obgleich die Unterstützung durch die Politik und das kräftige Inlandswachstum ermutigend sind. Wir sind positiv gegenüber Banken eingestellt, die eine längere schwierige Phase hinter sich haben und sich selbst dann zu defensiven Werten entwickeln könnten, wenn sich die Wirtschaft weiter verlangsamt. Das liegt an ihren positiven Wachstumsaussichten und verbesserten Bilanzkennzahlen. Darüber hinaus wird erwartet, dass die Reserve Bank of India (RBI) die Zinssätze senkt, da die Daten zum BIP-Wachstum schwach waren, die Inflation freundlich und die Liquidität unverändert knapp ist.

Daten genau unter die Lupe nehmen

Mexiko und Brasilien sind zwei Märkte, die nach unserer Einschätzung ein bedingtes Aufwärtspotenzial aufweisen. Aufgrund der Beruhigung im Handelskonflikt zwischen den USA und Mexiko schätzen wir die Bewertungen mexikanischer Aktien auf relativer Betrachtungsebene als attraktiv ein, um in ausgewählte hochwertige und liquide Titel mit positivem Cashflow zu investieren. In Brasilien halten wir einen weiteren Anstieg des Markts in den kommenden Monaten für möglich, falls die Regierung geplante Reformen umsetzt. Obwohl Saudi-Arabien in den vergangenen beiden Jahren zu unseren bevorzugten Märkten zählte, empfehlen wir nun auch bei diesem Land etwas mehr Zurückhaltung. Die Länder des Golf-Kooperationsrates (GCC) wurden von einer heftigen Korrektur erfasst, als die wachsende Sorge über eine mögliche Eskalation der Spannungen zwischen den USA und dem Iran sowie das schwache globale Umfeld zu massiven Gewinnmitnahmen führten.

Der S&P GCC Composite Index sank im Berichtsmonat um 5,43 Prozent. Dies fiel mit der ersten Phase der Aufnahme Saudi-Arabiens in den MSCI Emerging Market Index zusammen, die an der lokalen Börse Tadawul zu Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von fast acht Milliarden US-Dollar führte. Im MSCI EM Index ist Saudi-Arabien mittlerweile mit fast drei Prozent vertreten, die gesamte Region Naher Osten und Nordafrika (MENA) hingegen mit 3,3 Prozent. Wir erwarten, dass dieser Anteil bis Juni 2020 auf 5,4 Prozent steigt.