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„Die Krypto-Party ist vorbei!“

Nachbericht zu unserem Kongress „RISKMANAGEMENTforBANKS 2018“


Prof. Dr. Michaela Hönig von der Frankfurt University of Applied Sciences spricht über ICOs, Kryptowährungen und Blockchain-Technologie.

Oldtimer bietet die Ausstellungsfläche der Motorworld Köln viele. Herausgeputzt stehen sie aneinandergereiht in teils aufwendig gestalteten Kulissen, um von den Besuchern der diesjährigen Ausgabe von „RISKMANAGEMENTforBANKS“ am Rande des Programms bewundert zu werden. Dass die einst schwer gehypten Kryptowährungen wie Bitcoin mittlerweile auch unter diese Kategorie fallen, hätte noch vor knapp einem Jahr wohl niemand gedacht. Dass einst revolutionäre Automobilkonzepte hier nun als historische Reliquien bewundert werden sicherlich auch nicht. Irgendwie passend also.

„Die Krypto-Party ist vorbei“, stellte Prof. Dr. Michaela Hönig von der Frankfurt University of Applied Sciences folgerichtig in ihrem Eröffnungsvortrag fest und warnte vor den Risiken, die sich hinter Kryptos und ICOs verbergen. Solche „Initial Coin Offerings“ werden von Unternehmen dazu genutzt, vor dem Start den sonst streng regulierten Prozess der Kapitalaufnahme zu umschiffen. „Wir bewegen uns hier in einem komplett rechtsfreien Raum“, so Hönig. Die Gefahr: bei einem ICO wird zunächst echtes Geld eingesammelt, zivilrechtlich repräsentieren Coins & Tokens jedoch keinerlei Rechte, es herrscht kein Verbraucherschutz. Verständlicherweise werden hier Rufe nach Regulierung laut, z.B. seitens der EZB. Diese und andere Aufsichten sowie Zentralbanken hätten bereits vor einigen Jahren auf die Gefahren hinter Kryptos hingewiesen. Trotzdem sehe man sich nun mit einem Markt konfrontiert, der größtenteils „aus Schrott“ bestehe. Von 500 Projekten, die ihr Lehrstuhl untersuchte, hätten über 80 Prozent kein zukunftsfähiges, nachhaltiges Konzept, so Hönig. Viele Kryptos werden einfach nur als Vehikel aus der Taufe gehoben, um schnell Daten und Geld abzugreifen. So werde der ICO als Form der Kapitalbeschaffung wohl auch weiterhin bestehen bleiben und Kryptos als Assetklassen an Gewicht zunehmen.

„Code ist not law. Wer etwas programmiert, ist auch schuldig.“

Dr. Guido Zimmermann, Senior Economist der Landesbank Baden-Württemberg, knüpfte hier an. Seine Aussage: Fortschritt definitiv, aber mit Vorsicht. Banken hätten zwar nur noch ein Zeitfenster von knapp zehn Jahren, um den Anschluss an Big Tech nicht zu verlieren, trotzdem müsse man mit Bedacht vorgehen. Gerade die Blockchain-Technologie habe einen Schritt in Richtung einer neuen Dezentralität von Verantwortung angestoßen, der vielseitige Ansprüche an Risikomanager stelle. So müsse man plötzlich Smart-Contract-Programme verstehen oder wissen, was eine 51-Prozent-Attacke ist, denn: „Code is not law. Wer etwas programmiert, ist auch schuldig.“ Ein wichtiger Leitsatz für eine Zeit, in der sich das Risikomanagement immer stärker in Richtung Prozessmanagement wandelt und aus dem klassischen Riskmanager ein Datenmanager wird – so der allgemeine Konsens des Kongresses. Was das aus regulatorischer Perspektive bedeutet, zeigten Redner wie Dr. Philipp Gann von der Bayerischen Landesbank (siehe kl. Foto) oder Christoph Padberg von der GEFA Bank. Sie holten das Publikum mit ihren Vorträgen auf den rechtlichen Boden der Tatsachen zurück und sorgten für wichtige Updates rund um Themen wie den ECB Guide to ICAAP 2018 oder MaRisk. Ganz ohne Buzzwords wie Digitalisierung und Kryptowährung legte zum Beispiel Tobias Westbrock von der abcbank dar, welche Wichtigkeit dem Liquiditätsrisiko hier neuerdings zukommt und welche Anforderungen diesbezüglich an Banken gestellt werden. Er forderte, der Liquiditätspuffer solle mit Stresstests verzahnt werden, um sowohl in normalen als auch definierten Szenarien die Handlungssicherheit einer Bank zu garantieren, und unterstrich die Forderung von EZB-Bankenaufsicht-Chefin Danièle Nouy nach transparenteren, aussagekräftigeren Tests.

Alte Bekannte

Bei der Future-Banking-Garage waren die Teilnehmer gefragt, aktuelle Fragestellungen rund um das Riskmanagement zu diskutieren.

Und während der Bitcoin-Ballon ausgefranst im dunklen Partykeller lag, klopften gute Bekannte noch einmal an, um Erinnerungen der letzten Jahre wachzurufen: Die Keynotes von Dr. Ingo Natusch und Heiko Trautmann standen ganz im Zeichen von Fintechs, jedoch aus zwei ganz eigenen Perspektiven. Trautmann, der jungen Start-ups heute beratend zur Seite steht, räumte mit dem gängigen Vorurteil auf, diese hätten stets freie Hand, während nur Banken reguliert werden. Auch Fintechs müssten sich mit Themen wie Regulierung und Risikomanagement befassen, es komme nur stark auf das jeweilige Geschäftsmodell an. „Die Digitalisierung von Prozessen hat eine Dynamik gewonnen, mit der vor ein paar Jahren noch niemand gerechnet hat“, so Trautmann. Er forderte deshalb ein stärkeres Bekenntnis der BaFin zum Thema Innovation und eine Entwicklung vom Verbraucherschutz hin zum Verbrauchernutzen. Auch für Ingo Natusch sind Fintechs längst keine Schreckgespenster der Bankenwelt mehr, sondern gern gesehener Kooperationspartner, um bestimmte Teilbereiche auszulagern. Hier müsse man jedoch aufpassen. Der Fachbereichsleiter der PBK Prüfungsgesellschaft für das Kreditwesen warnte: „Es kann nicht sein, dass die Bank nur noch ein Baukasten ist, der sämtliche Verantwortlichkeiten auslagert.“ Bereiche wie Risikocontrolling und Compliance müssten im Institut verbleiben, so sei es auch im AT 9 MaRisk vorgeschrieben. Natusch zeigte auf, welche Maßstäbe sein Haus bei der Prüfung von Fintechs ansetzt und was sich diesbezüglich seit dem neuen Rundschreiben im letzten Jahr geändert hat. Wie es im nächsten Jahr um deren Party-Potenzial bestellt ist, erfahren Sie dann bei der kommenden Ausgabe von RISKMANAGEMENTforBANKS.