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Geldwäsche: Hoffen auf Hilfe von oben

Geldwäschebeauftragter Christian Diebschlag über innovative Kriminelle, gestohlene Identitäten, Fake-Shops und was eine Bank selbst tun kann, um für Betrüger unattraktiv zu werden.


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Seit Jahren liegt der Fokus von Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden auf der Verhinderung von Geldwäsche. Daumenschrauben werden enger gezogen, hoheitliche Aufgaben werden auf die Verpflichteten verlagert. Kommen sie der Meldung von Auffälligkeiten nicht angemessen nach, drohen hohe Bußgelder für sie und Geldwäschebeauftragte. Wie jede Schraube aber dürfte auch diese irgendwann überdreht sein.

Geldwäsche ist ein Katz-und-Maus-Spiel

Dabei ließe sich Geldwäsche am besten verhindern, wenn es nichts zu waschen gäbe. Eine gezielte Bekämpfung der eigentlichen Straftat sollte im Fokus stehen. Diese interessiert politisch aber leider kaum. Kriminelle nutzen das und bringen gewaschenes Geld wieder in den Verkehr. So bleibt es beim Katz-und-Maus-Spiel, wobei die Täter häufig einen Schritt voraus sind. Sie sind innovativ, nutzen jede neue technische Möglichkeit, agieren äußerst kreativ und an die jeweilige Situation angepasst.

Waren es früher noch beleghafte Überweisungen oder Manipulationen von Geldautomaten, so werden heute Vermögenswerte anders erlangt: Mal meldet sich etwa der „Enkel“ aus Geldnot, dann die „Polizei“ wegen einer Einbruchsserie, das „Gesundheitsamt“ wegen Verstößen gegen Corona-Bestimmungen, der „Bankmitarbeiter“ wegen Unregelmäßigkeiten auf dem Konto oder jemand von einem namhaften IT-Konzern wegen eines Software-Updates.

Alle erzählen ähnliche Geschichten, bauen Druck auf und wollen Geld. Und wenn das Telefon mal still bleibt, shoppen wir online Schnäppchen – in Fake-Shops. Das Waschen des Geldes hat sich ebenso verändert. Sicherheitsstandards bei der Kundenlegitimation wurden stark erhöht. Kontoeröffnungen mittels gefälschter Ausweise lohnen also nicht mehr. Bis vor kurzem noch wurde daher die Wohnungsnot ausgenutzt, um echte Identitäten zu stehlen.

Der Interessent schickte eine Ausweiskopie an die Täter, die sich als Makler ausgaben. Leider gab es dabei aber nichts zu vermitteln. Heute wird die persönliche Situation rund um Corona und die Naivität der Menschen ausgenutzt. Über scheinbar seriöse Jobangebote werden Markttester angeworben, die Arbeit kann von Zuhause erfolgen. Es sollen Prozesse oder Legitimationsverfahren getestet werden. Nach einem Feedback an den Arbeitgeber soll der Tester eine kleine Entschädigung bekommen.

Zum Teil wissen die Angeworbenen sogar, dass sie ein Konto eröffnen, gehen aber davon aus, dass der (völlig unbekannte) Arbeitgeber sich wie verabredet um die Löschung kümmert. Da er dazu alle von der Bank zugeschickten Unterlagen benötigt, werden sie von den Angeworbenen abfotografiert und an die Täter weitergeleitet. Den Tätern reicht dann bereits ein Wochenende, um über ein solches Konto an tausende Euro zu gelangen und über entsprechende Plattformen in Kryptowährung zu tauschen.

Kriminelle haben leichtes Spiel

Der Gesetzgeber schreibt zwar Mindeststandards in Bezug auf die Sicherheit für Zahlungsverkehr im Internet vor, doch diese kennen auch die Täter. Zudem sind die Vorschriften in jedem Staat anders, sodass Kriminelle leichtes Spiel haben. Sie umgehen nationale Regeln der Betrugserkennung, indem der Zahlungsverkehr international genutzt wird.

So können Gelder dahin überwiesen werden, wo die Mindestanforderungen zur Betrugserkennung niedriger sind. Und wenn eine Bank ein Konto sperrt, stehen den Tätern ausreichend Identitäten zur Verfügung, um neue Konten zu eröffnen. Zudem besteht durch Echtzeitüberweisungen eine Möglichkeit, den Verschleierungsprozess immens zu beschleunigen.

Alternativ werden gerade im Bereich der Fake-Shops auch garantierte Zahlungen durch die Käufer an die Täter durchgeführt, da man die Ware schnell bekommen möchte. Dies hat jedoch zur Folge, dass ein Rückruf aufgrund der Garantie des Zahlungsdienstleisters scheitert. Um keine Zeit zu verlieren, werden Täter auch noch durch entsprechende Programme unterstützt.

Sie fragen regelmäßig den Saldo des betrügerischen Kontos ab und bei Geldeingang erfolgt unmittelbar eine Überweisung auf zuvor festgelegte Konten. So liegen teilweise nur Minuten zwischen Geldeingang und Weiterüberweisung. Nun geht der Geschädigte zur Polizei und erstattet Anzeige.

Der Fall wird an die zuständige Dienststelle am Wohnort des Kontoinhabers übergeben, dessen Identität zuvor gestohlen wurde und der noch nichts von all dem weiß. Strafrechtlich ist der Kontoinhaber in diesen Fällen meist nicht belangbar. Letztlich wird das Verfahren eingestellt, da die Spur des Geldes verwischt oder in Kryptowährung aufgegangen ist. Irgendwann vielleicht überlässt die FIU, die eine Flut an Verdachtsmeldungen erhält, die Sachverhalte der Polizei. Dann ist es aber zu spät. Und so freut sich der lachende Dritte – der Kriminelle.

KI-Einsatz in der Transaktionsüberwachung

Banken sollten also versuchen, die Kontoeröffnungsprozesse so sicher zu gestalten, dass die betrügerische Eröffnung (auch mit gestohlenen Identitäten) maximal erschwert ist. Und es bliebe zu überlegen, ob jedem Neukunden, der persönlich nicht bekannt ist, die gesamte Palette angeboten werden muss. Verzögerte Einrichtungen der Möglichkeit von Echtzeitüberweisungen, geringe Überweisungslimits oder der Einsatz von KI in der Transaktionsüberwachung könnten dazu beitragen, sich selbst als Bank für Betrüger unattraktiv zu machen.

Natürlich ist der unkomplizierte Austausch zwischen Banken unersetzlich. Aber solange es wichtiger zu sein scheint, ein gutes Bild bei der Länderprüfung der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) abzugeben und mit der Neuerung des Transparenzregisters zu glänzen, statt pragmatische Ansätze zu verfolgen, braucht keine Bank auf Hilfe von oben zu hoffen.

Tipp: Sie möchten mehr zu Prävention von Geldwäsche und Fraudmanagement? Dann lesen Sie auch die Beiträge „Banken brauchen jetzt eine ganzheitliche Betrugsprävention“ und „Wo man Geld in Unschuld wäscht“.