Mehr Aufwand, gleiches Risiko

Deutsche Tochtergesellschaften von weltweit tätigen Konzernen müssen wegen der verschärften regulatorischen Anforderungen durch die BaFin mit einer Erhöhung des internen Aufwands kämpfen, ohne dass eine tatsächliche Minimierung bestehender Risiken erreicht werden kann.


Durch verschärfte regulatorischen Anforderungen durch die BaFin ist der interne Aufwand für deutsche Tochtergesellschaften von weltweit tätigen Konzernen deutlich erhöht worden. Bildnachweis: Kai Hartmann Photography / BaFin

Die deutsche Aufsicht BaFin hat Aufgaben an die europäischen Aufsichtsbehörden abgegeben und scheint die freigewordenen Kapazitäten für eine strengere Beobachtung der kleineren Institute, die in Deutschland tätig sind, zu nutzen. Nicht umsonst wird von den Bankenverbänden derzeit an das in der MaRisk verankerte Proportionalitätsprinzip erinnert und dementsprechende Entlastungen für kleinere Banken vorgeschlagen.

BTO 1.4 der MaRisk

Einige Banken sehen sich derzeit damit konfrontiert, dass der BTO 1.4 der MaRisk zukünftig strenger ausgelegt werden soll. Somit müssten wir und andere betroffene Institute möglicherweise das bisher akzeptierte Rating-Modell anpassen. In dem BTO 1.4 werden von jedem Institut aussagekräftige Risikoklassifizierungsverfahren gefordert, die eine nachvollziehbare Zuweisung der Kunden in eine Risikoklasse gewährleisten. Die dabei angewandten Kriterien müssen neben quantitativer auch qualitativer Natur sein und die nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit der Kreditnehmer berücksichtigen. Unsere Rating-
Systematik wird dabei vom Konzern, das heißt unserer Zentrale in Tokio, konzernweit vorgegeben und kann somit nicht allzu flexibel auf spezielle Vorgaben einzelner lokaler Aufsichtsbehörden angepasst werden. Insbesondere für die im Ausland tätigen Filialen der Bank ist das Kundensegment der ausländischen Tochtergesellschaften der japanischen Konzerne ein traditionelles Kerngeschäft.

Bewertung auf „Stand-Alone“-Basis

Die Rating-Systematik sieht dabei eine sogenannte „Stand-Alone“-Bewertung der hier ansässigen Tochtergesellschaften vor, die dann unter bestimmten Bedingungen an das Rating der Muttergesellschaft angepasst werden kann. Die Tochtergesellschaften müssen als notwendige Bedingung eine in den Abschluss der Muttergesellschaft konsolidierte Bilanz aufweisen. Zudem müssen sie ein integraler Bestandteil des Gesamtkonzerns sein und dürfen nicht als bilanziell überschuldet auf „Stand-Alone“-Basis bewertet sein.

Nachvollziehbare und harte qualitative Kriterien

Die Muttergesellschaften wiederum müssen auf konsolidierter Basis ein Investment-Grade-Rating aufweisen, die Tochtergesellschaft zu 100 Prozent besitzen und eine vom zuständigen Vorstandsmitglied bestätigte Geschäftsstrategie zur Unterstützung der Tochtergesellschaft haben. Wenn dann die Muttergesellschaft eine schriftliche Garantie für die Tochter ausstellt, kann das Rating der Tochtergesellschaft auf das Rating der Mutter angehoben werden. Selbst wenn keine schriftliche Garantie vorliegt, ist eine Anhebung des Ratings der Tochter auf bis zu einem Notch unter dem Rating der Mutter bei Nachweis der Erfüllung aller anderen Bedingungen möglich. Nach dem Wortlaut des BTO 1.4 der MaRisk ergibt sich keine Verpflichtung, dass die Konzernmutter ihren Tochtergesellschaften schriftliche Garantien zur Verfügung stellen muss. Stattdessen ist dort von Kriterien die Rede, die eine nachvollziehbare Zuweisung in eine Ratingklasse gewährleisten und eben neben den faktischen und zahlenbasierten quantitativen Kriterien auch die Forderung nach qualitativen Kriterien formuliert. Der in unseren qualitativen Kriterien recht konkret beschriebene Einfluss und die Ratingklassifizierung der Muttergesellschaft sind hier ganz typische Beispiele für nachvollziehbare und harte qualitative Kriterien.

Nach dem Verständnis der BaFin ist dieses Verfahren dennoch nicht im Einklang mit den Anforderungen des BTO 1.4 der MaRisk – sie fordert uns zur Änderung auf. Sicherlich ist ohne rechtswirksame Garantie keine absolute rechtliche Sicherheit gegeben: Die Muttergesellschaft ist im Notfall rechtlich nicht verpflichtet, die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft zu bedienen. Allerdings ist ja selbst ohne schriftliche Garantie eine Unterstützung der Mutter für die Tochter nicht von der Hand zu weisen und sollte auch bei der Bewertung Beachtung finden und in die endgültige Ratingnote einfließen. Zudem wird durch anlassbezogene und turnusmäßige Beurteilung der Ratingklassifizierung sichergestellt, dass sich Veränderungen im Verhältnis zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft zeitnah in der Zuweisung in eine andere Risikoklasse niederschlagen.

Mehr Aufwand ohne ein vermindertes Risiko

Der veränderte Blick der BaFin auf diesen Sachverhalt wird bei uns zu notwendigen Anpassungen führen und einen deutlich erhöhten Aufwand bedeuten, wenn wir die BaFin nicht doch noch überzeugen können, dass unser Ratingmodell die Anforderungen des BTO 1.4 der MaRisk erfüllt. Der Konzern kann hier keine Veränderung seines weltweit gültigen und von der japanischen Aufsicht als in Ordnung befundenen Risikoklassifizierungsverfahrens akzeptieren. Wir würden somit weiterhin für alle internen Zwecke das Konzern-Modell anwenden müssen. Gleichzeitig wäre zur Erfüllung der Anforderungen der deutschen Aufsicht die Entwicklung eines „parallelen“ Ratingmodells notwendig. Somit müssten wir die in Frage kommenden Kunden zweimal nach verschiedenen Modellen bewerten und nachvollziehbar einer Risikoklasse zuweisen. Wir sehen dadurch nicht nur den internen Aufwand deutlich erhöht, ohne dass irgendwelche Erlöse oder verminderte Risiken dem gegenüberstehen. Hier würden auch einige operationelle Risiken kreiert werden, die so bisher nicht existieren und dann zusätzlich mit entsprechenden minimierenden Maßnahmen flankiert werden müssten.