„Die Filiale ist nicht tot – sie wird gerade neu erfunden.“

Simon Reynolds, Sales Manager bei HP in Oxford, spricht über das Filialsterben und über die Möglichkeiten der Banken, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder zu verbessern. Die Filiale stirbt, gibt es noch eine Rettung? Da die Kunden verstärkt andere Kanäle für den Kontakt zu ihrer Bank nutzen, nimmt die Zahl der in der Filiale getätigten Transaktionen…


Simon Reynolds, Sales Manager bei HP in Oxford, spricht über das Filialsterben und über die Möglichkeiten der Banken, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder zu verbessern.

Die Filiale stirbt, gibt es noch eine Rettung?
Da die Kunden verstärkt andere Kanäle für den Kontakt zu ihrer Bank nutzen, nimmt die Zahl der in der Filiale getätigten Transaktionen erheblich ab. Eine Studie in Großbritannien  hat ergeben, dass jeder sechste Befragte niemals eine Bankfiliale aufsucht und dass 69% der 18- bis 30-Jährigen ihre Bank nie anrufen. Trotzdem sehen die Kunden die Filiale immer noch als den wesentlichen Kanal für hochwertigen Service an und 80% des Vertriebs von komplexen Produkten läuft noch über die Filialen. Die Filiale ist aber auch der teuerste Vertriebskanal und die Banken müssen gleichzeitig in das breite Spektrum an Direktkanälen investieren, das die Kunden heute erwarten.
Viele Banken richten ihre Filialstrategie deshalb so aus, dass in einigen Filialen komplexe, hochwertige Produkte angeboten werden, während andere Filialen eher ein kostengünstiges Modell verfolgen. Da gibt es dann die „Beratungsfilialen“ für beratungsintensive Produkte wie Hypotheken, deren Fokus auf dem persönlichen Service liegt, und „Transaktionsfilialen“ mit einem hohen Automatisierungsgrad.
Unabhängig von der Strategie, müssen die Banken die richtige Balance finden zwischen den Kosten der Retail-Services und einem verbesserten Kundenerlebnis – denn der kostspielige Betrieb eines Filialnetzes wird in der derzeitigen Form langfristig nicht aufrechtzuerhalten sein. Es ist also notwendig,  die Komplexität der vielen Kanäle und vielen Produkte zu reduzieren. Und das stellt einen guten Ausgangspunkt für Überlegungen zu der künftigen Rolle der Filiale in einer veränderten Retail-Strategie dar. Immer mehr Banken verstehen, dass sie das Kaufverhalten und die Zufriedenheit ihrer Kunden durch eine einfache Modernisierung ihrer Filialen verändern können. Eine ungeeignete Raumaufteilung verwirrt den Kunden, er ist unsicher, wie er sich durch die Filiale bewegen soll, und das reduziert die Effizienz. Viele Filialen vermitteln dem Kunden nicht den Eindruck, dass die Bank ihm einen persönlichen Service bieten kann. Ineffiziente Service-Modelle zwingen die Sachbearbeiter, mehr Zeit mit administrativen Tätigkeiten zu verbringen als mit dem Kunden. Das führt zu höheren Kosten und negativen Kundenerlebnissen. Ältere Filialen berücksichtigen nicht, dass die Filiale immer mehr eine beratende Funktion einnimmt, in der Kunden sich willkommen fühlen müssen, damit sie unbefangen über alles sprechen können – von ganz einfachen bis zu sehr komplexen finanziellen Belangen.
Nach dem Vorbild von Flagship-Stores, wie z.B. bei Appleversuchen, Banken zunehmend ein attraktiveres Umfeld zu schaffen, in dem der Kunde mit nützlichen Hinweisen durch die Filiale geleitet wird. Hier wird dann  Empfangs- und Betreuungspersonal eingesetzt, das dem Kunden hilft, sich in der Filiale zurechtzufinden.

Was sind die Hauptgründe für das Filialsterben?
Der Rückgang an Filialen ist vor allem auf die alternativen „Direktkanäle” zurückzuführen. Die Zahl der Online-Transaktionen wächst exponentiell, sodass immer weniger die Notwendigkeit besteht, Basisleistungen in der Filiale anzubieten. Die britische Bankers Association schätzt, dass die Zahl der Transaktionen, die über die Smartphone-Apps der Banken durchgeführt werden, sich im letzten Jahr verdoppelt hat und dass derzeit 5,7 Millionen Transaktionen täglich über Mobilgeräte abgewickelt werden, bei denen die Kunden ihren Kontostand abfragen, Überweisungen tätigen, Kredite beantragen. Und dann gibt es natürlich noch andere neuartige Konkurrenten für die Filiale – zum Beispiel PayPal, ungesicherte Kleinkredite, Crowd-Funding etc. Die Filiale ist nicht tot – aber sie wird gerade neu erfunden, um dann ihre Rolle in dem kundenorientierten Multichannel-Service von heute zu spielen.
 
Mit welchen Maßnahmen kann die Filiale ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern bzw. erhalten?
Die Zahl der Filialen wird abnehmen, und die verbleibenden Filialen müssen sich noch mehr auf die Effizienz ihrer Prozesse und ihren Kundendienst konzentrieren. Banken setzen traditionell personal- und papiergebundene Workflows ein, um Transaktionen über die IT-Systeme in der Filiale durchzuführen. Die Menge an Papier, die immer noch in den Filialen produziert und verwaltet wird, ist überraschend groß. Wenn dieses Problem erfolgreich gelöst wird, verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit und die Kundenzufriedenheit. Dazu gehört auch die Konsolidierung und Vereinheitlichung von Prozessen und deren Automatisierung bei gleichzeitiger Wahrung von Rechtsvorschriften.  Multi-Channel Ansätze, also die Einheit von Web, Moblie und Filialbanking spielen hierbei ebenso noch eine entscheidene Rolle.
 
Welche Möglichkeit sehen Sie, die Prozesse innerhalb einer Filiale zu verbessern?
Die Filialen haben viel in ihre IT-Systeme investiert, um die Transaktionen effizient abzuwickeln. Ich bin aber überzeugt, dass es in zwei wichtigen Bereichen noch Verbesserungspotential gibt:
Erstens bei der Integration des Filialprozesses mit den zusätzlichen Kanälen. So sollte es zum Beispiel für den Kunden möglich sein, eine Transaktion (wie einen Antrag für einen Hauskredit) online anzustoßen und mit persönlicher Beratung in der Filiale abzuschließen.  Cross-Channel-Prozesse sind hier das Stichwort.
Zweitens bei der Verringerung der Papierprozesse. Papiergebundene Geschäftsprozesse sind ineffizient und umständlich. Bei Kreditanträgen muss der Kunde eine Vielzahl von Dokumenten vorlegen, die manuell kopiert und oft noch per Kurier weitergeleitet werden. Moderne Imaging- und Druckinfrastrukturen ermöglichen es, Papierdokumente in einem möglichst frühen Stadium des Prozesses zu digitalisieren, um sie dann über Workflowanwendungen automatisiert weiterzubearbeiten. Das steigert die Effizienz der Prozesse.

Welche Informationen sind für die Optimierung der Geschäftsprozesse zwingend notwendig?
Ich glaube nicht, dass Informationen zwingend notwendig sind. Natürlich muss man den bestehenden Prozess verstehen – und dann geht es eher um Prozessverbesserungen als um komplexes „Process Re-Engineering“. Dabei sollte man sich auf einige einfache, grundlegende Schritte konzentrieren, mit denen die größten Effizienzsteigerungen zu erreichen sind. Ein komplexes, zeitraubendes Change-Management-Programm wird dafür meist gar nicht benötigt.
 
Welche Schritte sind notwendig, um außerhalb von Hard- und Software die Prozesse innerhalb einer Geschäftsstelle zu optimieren?
Hard- und Software können nur im Rahmen einer gut durchdachten und entsprechend konfigurierten Gesamtlösung optimal funktionieren. Eine gründliche Analyse des Ist-Zustandes sollte definitiv immer am Anfang stehen. Dann gilt es, ein Zielmodell als künftigen Idealzustand zu definieren. Wichtig ist es, einen schrittweisen Übergang vom Ist-Zustand zum angestrebten Soll-Zustand zu planen, damit die neue Lösung schnell einen Nutzen bringt und dieser Nutzen mit der Zeit immer größer wird.