Ein Hippokratischer Eid für Banken? Dazu haben wir eine Meinung!

Karl-Matthäus Schmidt Vorstandsvorsitzender Quirin Bank AG Ob Selbstverpflichtung, hippokratischer Eid oder Ehrenkodex: alles was Banker verpflichtet, sich ausschließlich am Wohl des Kunden zu orientieren, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Denn die Regeln eines ehrbaren Kaufmanns oder Bankiers sind klar: Nur wenn der Kunde einen Mehrwert erzielt, darf auch die Bank verdienen. Deshalb muss gelten: weg mit…


Karl-Matthäus Schmidt
Vorstandsvorsitzender
Quirin Bank AG

Ob Selbstverpflichtung, hippokratischer Eid oder Ehrenkodex: alles was Banker verpflichtet, sich ausschließlich am Wohl des Kunden zu orientieren, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Denn die Regeln eines ehrbaren Kaufmanns oder Bankiers sind klar: Nur wenn der Kunde einen Mehrwert erzielt, darf auch die Bank verdienen. Deshalb muss gelten: weg mit Provisionen, Ausgabeaufschlägen, Kickbacks, weg mit allem Kleingedruckten oder mit Sternchen und Ausnahmen, welche die Rendite schmälern, ohne dass der Kunde es erstens merkt, zweitens will und drittens verhindern könnte.

„Nehmt den Bankern die Provisionen!“

Wie geht es besser? Das wichtigste ist: Bank ist eine Dienstleistung, kein Selbstzweck. Bank bedeutet, die Gelder von Anlegern anständig und fair zu verwalten, Kredite auszugeben und dafür angemessen bezahlt zu werden. Bank ist auch kein Hexenwerk. Die meisten Vorgänge sind einfach und am besten bleiben sie das auch. Wer Bank zu einem komplexen Produkt aufbauscht, will damit hohe Kosten rechtfertigen, die vor allem in Boni, aber selten in Leistung fließen. Nur eine Bank, deren Interessen gleichlaufen mit denen der Kunden, ist eine gute Bank. Eine gute Bank hält sich an die „Neuen Gesetze der Bankberatung“, die schon seit 2006 für alle Mitarbeiter der quirin bank gelten. In Kurzform:
§ 1: Das Vermögen des Kunden ist unantastbar. Es zu vermehren ist oberste Pflicht der Honorarberatung.
§ 2: Als Honorarberaterbank handeln wir ausschließlich im Interesse des Kunden und streben dessen Gewinn an.
§ 3: Ausgabeaufschläge, offene und versteckte Provisionen sowie von Banken verschwiegene Kick-backs werden dem Kundenkonto gutgeschrieben.
§ 6: Jeder Kunde hat das Recht auf eine faire Rendite. Die Bank kämpft dafür mit all ihrem Wissen.
§ 7: Alle Vermögen, egal in welcher Höhe, werden von nun an mit denselben intelligenten Methoden verwaltet, wie bisher große Vermögen.
Banken, die sich an diese Regeln halten, gewinnen das Vertrauen ihrer Kunden zurück. Übrigens: seit August 2014 kann jede Bank ein gesetzlich garantierter unabhängiger Berater sein. Sie muss nur die strengen Anforderungen des Gesetzes der Honoraranlageberatung erfüllen.

 

Thomas Jorberg
Vorstandssprecher
GLS Bank

Wir brauchen ganz eindeutig in der gesamten Wirtschaft wieder eine stärkere Ausrichtung auf menschliche Werte. Die Vertrauenserosion im Finanzsektor, aber auch bei großen Energie- oder Automobilunternehmen ist dramatisch. Die Forderung eines „Hippokratischen Eides“ für Banker zeigt nur die Hilflosigkeit, mit der wir dieser Entwicklung gegenüberstehen. Wenn Ärzte sich ethisch verhalten, machen sie dies nicht wegen eines symbolischen Gelöbnisses sondern aufgrund ihres Selbstverständnisses.

„Brauchen strukturelle Veränderungen!“

Das Problem liegt tiefer. Heiko Maas befürwortet zum Schutz der Verbraucher ausdrücklich gesetzliche Regelungen und Rechtsprechung. Dies ist nicht pauschal negativ zu bewerten. Gleichwohl ist fraglich, ob viele Regulierungen das Vertrauen zwischen Anbietern und Kunden fördern. Das Kleinanlegerschutzgesetz etwa schafft eine Kultur des Misstrauens. Die Verantwortung in unserer wachstumsorientierten Ökonomie wird zunehmend Regelungen und Kontrollsystemen zugeschrieben. Das muss sich ändern, sonst erleben wir weiterhin eine systematisch organisierte Verantwortungslosigkeit.
Wir brauchen strukturelle Veränderungen. Die Banker – und auch die Kunden – agieren in einem System, das auf Rendite fixiert ist. Bei der Geldanlage kommen Fragen nach sozialen, ökologischen oder kulturellen Folgen überhaupt nicht vor. Moralische Ansprüche lassen sich aber nicht in einen Eid pressen, wenn die grundlegenden Voraussetzungen nicht passen. Anstatt jeden Handgriff im Finanzbereich zu regulieren und gleichzeitig abstrakte Produkte zu erlauben, braucht es vielmehr klare Rahmenbedingungen, sodass die Banken ihrer tatsächlichen Funktion nachkommen: Die Finanzierung der Realwirtschaft.

 

Johannes Cremer
Geschäftsführer
moneymeets

„Ich werde Finanzprodukte herstellen und empfehlen zum Nutzen der Kunden nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden.“ Haben Sie gerade etwa gelächelt? Die Forderung von Justizminister Maas greift sicher den richtigen Aspekt auf: Vertrauen. Vertrauen fängt da an, wo Transparenz herrscht. Transparenz ist eine Ableitung der Einfachheit. Honorarberatung ist es aber auch nicht, das eigentliche Problem sitzt tiefer, es ist systemisch.
„Die letzte echte Innovation der Banken war der Geldautomat“ so Paul Volcker, ehemaliger Vorsitzender der FED. Sie und ich nutzen Geldautomaten, weil es einfacher ist, als in der Schlange zu stehen. Auch wenn für mich mittlerweile gilt #bargeldnervt. Die Innovation schlechthin fand einige Jahre nach dem Geldautomaten statt. Das Internet wurde erfunden und der Welt das Medium zur Schaffung von Einfachheit und Transparenz geschenkt. Die Produkte und Kosten in der Finanzbranche wurden seitdem komplexer und intransparenter. Kontoführungsgebühren wurden abgeschafft, die Kosten mit Erlösen aus Kartengeschäften und Cross Selling refinanziert und Zertifikate erfunden. Komplexe Termingeschäfte dreifach verpackt an Privatkunden und Kommunen verkauft, Risikoabsicherung und Fonds in Lebensversicherungen vermischt, geschachtelt und Retrozessionen schweigend Kundengeldern entnommen. Das Ziel: geringste Kosten und Einfachheit zu suggerieren.

„Produkte einfacher und transparenter machen!“

Liebe Branche, macht die Produkte einfacher und macht schon mal transparent, welche Beträge ihr aus welchen Produkten für welche Leistung entnommen oder von Dritten erhalten habt, in Euro und Cent. Sozusagen als Kontoauszug 2.0. Gleich ob es sich um Provisionen für Beratung, Verwaltungskosten, Risikokosten oder Kreditkartenerlöse handelt. Dann brauchen wir keinen Eid. Bestehenden Gesetze müssten nur angewendet werden. Und der Vergleich wird im Internet zu finden sein. Endlich! Wir fangen damit schon mal an.

 

Matthias Wühle
Pressesprecher
Policen Direkt Versicherungsvermittlung GmbH

Wenn Versicherungsvergleichsportale Transparenz und Neutralität vermissen lassen, riskieren sie – zu Recht – auf der Anklagebank zu landen, wie jüngst die Klage des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) e.V. gegen check24 gezeigt hat. Wenn das Bundesministerium für Verbraucherschutz eine Vergleichsseite erstellt, scheinen diese Grundsätze offenbar keine Gültigkeit zu haben. Die durch Staatssekretär Billen vorgestellte Informationsseite „Wegweiser Finanzberatung“ lässt schon durch die Farbgebung eine Präferenz für die Honorarberatung erkennen und auch im Interview macht Billen keinen Hehl daraus, dass er die Förderung der Honorarberatung für gelebten Verbraucherschutz hält.
Dabei ist gegen Honorarberatung als Alternative zur Provisionsberatung prinzipiell nichts einzuwenden. Besonders für hochwertige Anlageberatung, wie sie z.B. von Family Offices in Anspruch genommen wird, scheint sie ein geeigneter Weg zu sein. Kleinanleger und Vorsorgesparer werden hingegen von der Honorarberatung aufgrund ihrer hohen Stundensätze nicht erreicht, wie es Thorsten Hahn betont. Gerade das sollten aber die Personengruppen sein, die im Fokus des Verbraucherschutzes stehen sollten.

„Über den Tellerrand der Honorarberatung blicken“

Darüber hinaus gäbe es weitere Baustellen, auf denen Verbraucherschutzminister Maas und sein Staatssekretär aktiv werden könnten. So stellt beispielsweise der Graumarkt im Anlagebereich immer noch eine Gefahr dar. Oft liest man von unseriösen Anbietern, die im Graumarkt zum Schaden der Verbraucher agieren. Auf der anderen Seite finden seriöse Lösungen, wie der Zweitmarkt für Lebensversicherungen immer noch zu wenig Beachtung. Hier würde schon eine gesetzliche Hinweispflicht auf die Möglichkeit des Verkaufs der Lebensversicherung, wie sie in Großbritannien bereits seit 2001 besteht, genügen, um aktiven Verbraucherschutz in die Tat umzusetzen.

 

Um zum Interview des Staatssekretärs Gerd Billen vom Bundesjustizministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zu gelangen, klicken Sie bitte HIER.

Bildnachweise: Quirin Bank, GLS Bank, Moneymeets, Policendirekt