Stilvolles Fortkommen

Wind wirbelt durch das geöffnete Faltdach der fabrikneuen VW-Käfer Limousine, Baujahr 1961. Aus dem Radio rauscht Adriano Celentanos Reibeisenstimme. Immer tiefer windet sich das Auto in die Gebirgslandschaften hinein. Die tellerrunden Frontscheinwerfer haben ihr Ziel gen Süden fest im Blick der Leuchte. Sei es der erste Familienurlaub in Italien oder die Fahrt an die heimische…


Wind wirbelt durch das geöffnete Faltdach der fabrikneuen VW-Käfer Limousine, Baujahr 1961. Aus dem Radio rauscht Adriano Celentanos Reibeisenstimme. Immer tiefer windet sich das Auto in die Gebirgslandschaften hinein. Die tellerrunden Frontscheinwerfer haben ihr Ziel gen Süden fest im Blick der Leuchte.

Sei es der erste Familienurlaub in Italien oder die Fahrt an die heimische Ostsee, mit dem VW-Käfer verbinden ganze Generationen ihre Erinnerungen. Die Produktion des Kultautos ist unmittelbar mit der deutschen Historie verbunden. Nicht umsonst widmet das Haus der Geschichte in Bonn dem Erfolgsmärchen des VW Käfers einen eigenen Platz in seiner Ausstellung. Ob manch einer damals schon geahnt hat, dass sein blechernes Gefährt mit der einen oder anderen Schwachstelle in ferner Zukunft zum begehrten Liebhabermodell aufsteigt? Laut des Verbands der Automobilindustrie (VDA) sind in Deutschland mehr als 230.000 Pkw als Oldtimer zugelassen (Stand 31.12.2011). Mindestens 30 Jahre müssen sie alt sein, um das begehrte H-Kennzeichen, was für „historisch“ steht, besitzen zu dürfen. Mit 26.857 Modellen führt der VW-Käfer eindeutig die Liste der Oldtimer an. Gefolgt vom Mercedes-Benz SL R 107 (7.103 Fahrzeuge) auf Platz 2 sowie dem Mercedes-Benz /8 (6.821 Fahrzeuge) auf dem dritten Rang. Unter Berücksichtigung der nicht angemeldeten Fahrzeuge sind schätzungsweise eine halbe Million Oldtimer im Besitz der Deutschen.

Der vom VDA veröffentlichte Deutsche Oldtimer Index (DOX) zeichnet die Wertentwicklung der historischen Automobile seit 1999 auf. Die Grundlage der Analyse bilden 88 Fahrzeugtypen aus sieben Herkunftsländern. Startete er damals bei 1.000 Zählern, stand er am Ende des Jahres 2012 bei 2.023 Punkten. Die Entwicklung beschreibt einen durchschnittlichen Wertzuwachs von 7,9 Prozent jährlich. Im Vergleich zum Jahr 2011 (1.941 Zähler) stieg der Index damit um 4,2 Prozent an. 2011 betrug das Wachstum noch 9,3 Prozent. Es zeichnet sich also eine Verlangsamung der Entwicklung ab. Ganz anders als beim DAX sind die Renditeaussichten dennoch sehr attraktiv. Den stärksten Wertzuwachs verzeichnete der VW Käfer 1300 (Baujahr 1967-1973). Den zweiten Rang belegte der Chevrolet Camaro (Baujahr 1978-1981), gefolgt vom Renault Alpine A 110 (Baujahr 1966-1969) auf Platz 3.

Ein Liebhaberstück bedarf sehr viel Pflege, manch eines muss sogar aufwendig restauriert werden. Außerdem kommen weitere Kosten auf die Besitzer zu: Regelmäßige Instandhaltung, Versicherung, Unterbringung und Sprit. Rentable Wertzuwächse erwirtschaften wohl Fahrzeuge mit einem Kaufpreis weit über 50.000 Euro. Voraussetzung ist zudem ein niedriger Kilometerstand, eine überwiegende Ausstattung mit Originalteilen sowie eine einwandfreie Historie. Man unterscheidet zwischen Hobby-Sammlern und Kapitalanlegern. Während ein Citroen 2 CV schon für 7.500 Euro zu haben ist, empfiehlt Heiko Löschen von der Düsseldorfer Vermögensverwaltung Packenius, Mademann und Partner, seinen Kunden erst bei einem Kaufpreis ab 100.000 Euro einzusteigen. „Oldtimer erzielen in der Krise Rekordpreise und eignen sich deshalb besonders gut für vermögende Anleger, die Fahrerlebnis und gute Rendite miteinander verbinden möchten“, sagt Löschen. Bieter aus dem Mittleren Osten, Russland, Indien, China sorgen für Bewegung im Oldtimer-Markt.

Beim Erwerb eines Oldtimers gilt es einiges zu berücksichtigen. „Wer ohne Erfahrung alte Autos kaufen möchte, um möglichst hohe Renditen zu erzielen, wird scheitern“, meint Vermögensverwalter Löschen. Attraktiv sind Marken, die heute noch produziert werden und eine hohe Reputation besitzen. Fahrzeuge die in begrenzter Stückzahl hergestellt wurden erfahren tendenziell eine höhere Wertsteigerung als Massenware. Auch Sondereditionen oder Bauteile, die zur damaligen Zeit als innovativ galten, sprechen für einen Kauf. Aparte Cabriolets sind gefragt und daher meist etwas teurer als Coupes, die wiederum beliebter sind als Limousinen. Manches Auto hat auch schon allein aufgrund seiner berühmten Vorbesitzer Höchstpreise erzielt.

Oldtimerfreunde treffen sich auf Auktionen, Messen und zahlreichen Events, wo gestaunt und geboten wird. Die kostbarsten Autos der Welt wurden im Sommer letzten Jahres im kalifornischen Pebble Beach versteigert. Mit einem Zuschlag von 11,7 Millionen US-Dollar wechselte der 1936er Mercedes Benz 540 K Special Roadster seinen Besitzer. Somit ging es als teuerstes Vorkriegsauto aller Zeiten unter den Hammer. Das Cabrio verbirgt die bewegte Geschichte seiner adligen Besitzerin, der deutschen Baronin Gisela von Krieger, welche das mondäne Auto in der 30er Jahren für ihre Reisen an die Côte d’Azur erwarb. Zu jener Zeit betrug der Kaufpreis 15.000 Reichsmark, was einer heutigen Summe von 100.000 Euro entspricht.

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