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Schneeballschlacht um Infinus-Konzern

Nach außen hin wirkte alles professionell, vertrauenswürdig und stabil: Der deutsche Finanzdienstleister feierte als Dresdner Elite hohes Ansehen und ritt zunächst für einige Jahre im Versicherungs- und Immobiliengeschäft die Erfolgswelle. Heute ist das Unternehmen bekannt für einen der größten Wirtschaftsskandale Deutschlands.


Anlagebetrugsreihe

Die Krux der Geschichte ist kein Geheimnis, das Feld lässt sich auch von hinten aufrollen: Der Skandal um Infinus beschreibt eines der größten Wirtschaftsverfahren in der Historie Deutschlands.

Im Kern handelt es sich um banden- und gewerbsmäßigen Betrug, dem mehr als 20.000 Anleger zum Opfer gefallen sein sollen. Die Hauptakteure dabei sind Ex-Manager des Unternehmens, welche zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Trotz der schwerwiegenden Vorwürfe legen die Angeklagten Berufung ein gegen das, vom Bundesgerichtshof ausgesprochene, Urteil. Doch was genau ist damals passiert?

Der Schneeball kommt ins Rollen

Der entscheidende Sprung zum Erfolgsunternehmen gelang Infinus Mitte der 2000er-Jahre. Leib und Leben lief für den Finanzdienstleister ganz nach dem Motto: Schickeria schafft Vertrauen. Werbeclips wurden dabei in Auftrag gegeben, welche die luxuriösen Niederlassungen des Unternehmens in den privilegiertesten Gegenden Dresdens zeigten. Die Aussage: In diesem traumhaften Umfeld kannst auch du als Finanzberater arbeiten.

Doch auch prominente Anhängerschaft sah man als ergiebiges Aushängeschild. So posierten etwa Frank Beckenbauer, Oliver Kahn, oder Katharina Witt gern an der Seite etwaiger Infinus-Manager und nahmen für ihre Stiftungen Spendenchecks von Infinus wohlwollend entgegen. Zu den bekannten Fürsprechern zählte auch der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, welcher sich für ein Verkaufsprospekt der Future Business KG aA (FUBUS) ablichten ließ. Die FUBUS steht hier für die zentrale Einheit der Infinus-Firmengruppe. Durch die komplexe Verflechtung der verschiedenen Unternehmensgruppen gelang es, die einzelnen Transaktionen zu vermummen.

Nach außen hin erwirtschaftete Infinus seine Gewinne mit Versicherungen und Immobiliengeschäften. Hinter der Maskerade steckte jedoch der Vertrieb von nicht werthaltigen Genussrechten und Orderschuld-Verschreibungen, welche über ein Schneeballsystem verbreitet wurden.

Mehr als 1000 Vertreter brachten Anleger dazu, Geld in Infinus-Zinspapiere zu stecken. Viele Schicksale bauten damit mehr oder weniger auf der Existenz des Finanzdienstleisters auf, so kündigten manche etwa ihre Lebensversicherung und investierten das Ersparte stattdessen in Infinus. Glauben schenkte außerdem die Tatsache, dass Infinus eine Lizenz der Bundesbehörde für Finanzaufsicht vorweisen konnte. Zweck der BaFin-Prüfung ist eigentlich der Schutz des Verbrauchers, was in diesem Fall allerdings eher zu einem fälschlichen Sicherheitsgefühl führte.

Der Beginn des Schneesturms

Nach Hinweisen der Bundesbank und der BaFin, welche durch vorliegende Berichte Verdacht geschöpft hatten, wurde eine Razzia durchgeführt. Als 2013 demnach hunderte Polizisten die Infinus-Standorte durchsuchten, wurden neben Luxusautos auch Computer und Geschäftsunterlagen in Beschlag genommen. Ins endgültige Aus schoss sich Gründer Jörg Biehl aber durch etwas anderes: In seinen Privaträumen fanden Ermittler etwa einen halben Zentner Goldbarren im Wert von über einer halben Million Euro. Mit diesem Befund war seine Festnahme besiegelt.

Tatsächlich war es den Behörden damit gelungen, noch bevor die Machenschaften der Natur des Schneeballsystems erliegen konnten, die Geschäfte auszuschalten. Offensichtlich erhielten Anleger bis zu dem Zeitpunkt stets pünktlich ihre Zahlungen – aus der Kasse neuer Einzahler. „Das wäre nach unseren Erkenntnissen nicht mehr lange gut gegangen“, so Lorenz Haase von der Staatsanwaltschaft Dresden.

Unverzüglich wurde also ein Insolvenzverfahren eingeleitet, welches nach heute acht Jahren noch immer nicht abgeschlossen ist. Nicht zuletzt auch wegen des Prozesses selbst, sorgt der Fall auch noch immer für Aufsehen. 2018, zehn Jahre nachdem Wirtschaftsprüfer ersten Verdacht geschöpft hatten, befand das Dresdner Landgericht sechs Ex-Manager des Konzerns in erster Instanz für schuldig. Das mehrgleisige Schneeballsystem verursachte schätzungsweise einen Schaden von knapp einer halben Milliarde Euro. Insolvenzverwalter bemühen sich noch vorhandene Werte der Infinus-Firmen zu monetarisieren und schließlich Gläubiger auszubezahlen.

Kritiker merken jedoch an, dass die Justiz für noch größere Schäden und eine niedrigere Rückzahlungsquote für die Geschädigten gesorgt habe. Darüber ob das Urteil zu drastisch ist oder nicht, lässt sich streiten. Fest steht jedoch, dass der Infinus-Skandal für vollumfängliches Leid gesorgt hat – von Privatanlegern bis hin zu den, auf Unschuld plädierenden, Infinus-Managern. Alle kämpfen sie nun um ihre Existenz.

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