Medizinische Betrachtung der Finanzmärkte

Von Kornelius Purps, Fixes Income Strategist bei der UniCredit Research • Schulmedizin: Fitch senkt seine Bewertung für Portugal; Märkte relativ unbeeindruckt • Homöopathie: Regierungschefs der EU ringen um einen Kompromiss in der Griechenland-Thematik • Gesundheitsreform: Anleger sind besorgt, Obamas Meisterstück könne viel teurer werden als geplant Ich behaupte heute einfach mal, dass jede n-Mannigfaltigkeit mit…


Von Kornelius Purps, Fixes Income Strategist bei der UniCredit Research

• Schulmedizin: Fitch senkt seine Bewertung für Portugal; Märkte relativ unbeeindruckt
• Homöopathie: Regierungschefs der EU ringen um einen Kompromiss in der Griechenland-Thematik
• Gesundheitsreform: Anleger sind besorgt, Obamas Meisterstück könne viel teurer werden als geplant

Ich behaupte heute einfach mal, dass jede n-Mannigfaltigkeit mit dem Homotopietyp einer n-Sphäre zur n-Sphäre selbst homöomorph ist. Soll doch einer aus der Leserschaft kommen und mir das Gegenteil beweisen. Allerdings ist mir der Beweis meiner eigenen Behauptung auch noch nicht gelungen. Dies gelang aber Dr. Grigori Perelman aus St. Petersburg. Und weil dieses Mathegenie so schlau ist und auch nachts um drei noch Homöotapie von Homotopie unterscheiden kann, soll er eine Million Dollar Preisgeld erhalten. Will er aber nicht, er habe ja alles, was er brauche.
Also packen wir die Dollarmillion in den Nana-Mouskouri-Fonds zur Stützung des griechischen Staatshaushalts. Denn ob, und wenn ja, wie den Griechen sonst noch geholfen werden kann, soll oder darf, darüber besteht innerhalb der Europäischen Union weiterhin keine Einigkeit. Aus Brüsseler Kreisen heißt es, die n-Mannigfaltigkeit der Meinungen ließe eine homöomorphe Lösung des Problems noch nicht zu. Angela Merkel scheint mit ihrem Vorschlag Agenturmeldungen zufolge immerhin eine wachsende Zahl an Fürsprechern hinter sich zu versammeln. Heute Vormittag für 9:30h wird Merkel eine Regierungserklärung zu dem Thema abgeben. Anschließend reist sie nach Brüssel. Dort will der ständige Ratsvorsitzende der EU, Herman van Rompuy, noch vor Beginn des offiziellen Treffens der Staats- und Regierungschefs der EU eine Einigung herbeiführen.
Als Schlag ins Gesicht dürften die EU-Offiziellen das gestrige Downgrade der Ratingagentur Fitch für Portugal empfunden haben. Nach dem Motto: Nun macht doch nicht kurz vor einer Lösung in der Griechenland-Thematik ein neues Fass auf. An den Märkten sorgte die Ratingentscheidung lediglich für ein leichtes Beben. Fitch senkte das Rating für Portugal von „AA“ auf „AA Minus“. Damit liegt das Fitch-Rating nun genau in der Mitte zwischen dem besseren „Aa2“ von Moody‘s und dem „A-Plus“ von S&P. Alle Ratingagenturen haben ihre Bewertung mit einem negativen Ausblick versehen. Hauptsorge: Portugals Wirtschaft wird eine im EU-Vergleich relativ geringe Wettbewerbsfähigkeit und ein niedriges Potenzialwachstum attestiert, was die Sanierung der öffentlichen Haushalte erschwere. Positiv wird hervorgehoben, dass das Sparprogramm glaubwürdig, die Makro-Annahmen vernünftig und der Track Record der Regierung vorzeigbar ist. Die Ausweitung der Renditeaufschläge portugiesischer Staatsanleihen gegenüber Bunds hielt sich im Bereich von weniger als 5 Bp in erklecklichen Grenzen.
Mehr Bewegung gab es gestern an den Währungsmärkten: Der US Dollar legte mächtig zu, was dazu führte, dass Cable auf unter 1,49 und EUR-USD auf 1,33 fiel. Nicht einmal ein in n-Sphären vorstoßender Ifo-Index war in der Lage, der Gemeinschaftswährung auch nur ansatzweise Rückenwind zu verleihen. The Trend is your friend, und ohne eine überzeugende europäische Lösung in der Griechenland-Frage dürfte es dem Euro kurzfristig schwer fallen, einen Boden zu finden. Andersherum besteht bei einer EU-Einigung nicht unerhebliches Aufwärtspotenzial. Und: Wir dürfen die Kompromissfähigkeit Europas nicht unterschätzen.
Auch die Rentenmärkte gaben gestern deutliche Lebenszeichen von sich. Ausgehend von den USA stiegen die Renditen rund um den Globus stark an. Es wird befürchtet, die Obama‘sche Gesundheitsreform könne viel teurer werden als geplant. Die Haushaltspläne Großbritanniens wurden am Giltmarkt kritisch aufgenommen und stützen den Renditeanstieg zusätzlich. Ausnahmsweise mal richtig schlechte Treasury-Auktionen taten ihr Übriges.
Heute warten wir mit Spannung auf eine Einigung in Brüssel. Aber auch das deutsche GfK Konsumklima (unverändert bei 3,2 Punkten), die EWU M3- und Kreditzahlen (10:00h), die UK Einzelhandelsdaten (10:30h) und Ben Bernankes Rede zur Exit-Strategie der Fed (15:00h) verdienen Aufmerksamkeit. Ich behaupte mal, diese n-mannigfaltige Ereignisstruktur wird sowohl an den Währungs-, wie auch an den Zins- und Aktienmärkten zu mehr als nur homöomorphen Kursausschlägen führen…

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