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Ein Lächeln in die Kamera genügt

Unzählige Dokumente per Hand auszufüllen, ist nicht nur aus Umweltsicht kaum zeitgemäß. Allerdings lässt die Finanzbranche im Bereich Digital Onboarding derzeit noch Potenziale ungenutzt. Und auch Open Banking bietet zahlreiche Chancen für Banken, sagt Benjamin Cerovac, Senior Global Consultant bei Experian.


Digital Onboarding

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BANKINGNEWS: Alle sprechen über Digital Onboarding. Welchen Stellenwert hat es konkret für Unternehmen in der Finanzbranche?
Benjamin Cerovac: Wir müssen unterscheiden, welchen Stellenwert Digital Onboarding aktuell hat und welchen es in Zukunft haben wird. Beim Digital Onboarding muss man verschiedene digitale Kanäle unterstützen. Ein Kunde sollte in der Mittagspause am Handy anfangen, dann abbrechen und den Prozess am Abend vom Rechner aus abschließen können. Es gibt natürlich regulatorische Vorgaben von der BaFin für die Kundenidentifizierung, auch im Sinne des Geldwäsche-Gesetzes. Nach der Identifizierung geht es darum, dass man das Risiko entsprechend managt und Informationen über den Kunden von mehreren Anbietern einholt. Deswegen muss man es modular und skalierbar aufsetzen und eine Plattform schaffen, an die man diese Services andocken kann. In Europa hängen wir hier noch hinterher. Nordamerika und Asien sind deutlich fortgeschrittener.

Haben Sie ein Beispiel?
In den USA werden zum Beispiel die nötigen Informationen zum Vertragsabschluss beim Autokauf digital organisiert, das führt zu höherer Kundenzufriedenheit und schlankeren Prozessen. Banken müssen verstehen, dass immer mehr Menschen froh darüber sind, Prozesse digital abwickeln zu können. Man wird nicht von heute auf morgen Millionen von Kunden digital onboarden, aber wir sehen klar die Veränderung am Markt. In einer Studie haben wir herausgefunden, dass zwischen 70 und 80 Prozent der Entscheidungsträger weltweit stark in diese Technologie investieren. Denn wenn man nicht heute damit anfängt und lernt, ist man nicht für die Zukunft gerüstet. Und wir sprechen hier von keiner fernen Zukunft. Banken müssen sich heute vollständig dem Kunden anpassen.

Damit sind wir bei Customer Centricity. Welche Komponenten sind hier entscheidend?
Wir leben im Age of the Customer. Der Kunde hat unvorstellbare Möglichkeiten und kann schnell Angebote vergleichen. Die Realität holt die Banken gewissermaßen ein. Denn sie müssen sich bewusstwerden, dass sie in dieser Beziehung oft Mittel zum Zweck sind. Sie helfen Kunden, Bedürfnisse zu verwirklichen. Viele Banken haben unterschiedliche Applikationen für Mobile Banking und Online-Banking. Das führt dazu, dass die Informationen oft nicht dieselben sind. Die Daten werden nicht angeglichen und Informationen gehen verloren. Das werden sich Kunden bald nicht mehr gefallen lassen. Dabei sollte es nur das Einmaleins sein, dass alle Kanäle synchronisiert sind. Aufgrund meiner Daten, deren Nutzung ich sogar eingewilligt habe, könnte eine Bank zum Beispiel wissen, dass ich gerne koche und reise. Aber ich habe von meiner Bank noch nie ein Angebot für Chef-Messer oder eine kulinarische Reise bekommen. Dabei könnte man mich mit personalisierten Angeboten viel positiver stimmen.

Banken müssen sich heute vollständig dem Kunden anpassen.

Warum wird das Thema Datenoptimierung von Banken nicht so richtig angegangen?
Banken sind eher konservativ und das ist auch nichts Schlechtes. Aber ab und zu kann das auch bedeuten, dass man sich Sachen länger anschaut oder durchdenkt, als es vielleicht nötig wäre. Sie haben teilweise veraltete Legacy-Systeme und sind stark reguliert. Hinzukommt, dass man bei Veränderungen nicht der First Mover sein möchte. Aber wenn der Branchenführer erst einmal damit anfangen würde, werden die anderen folgen. Aktuell wird experimentiert und stark investiert. Wir sehen das etwa in den spanischen oder italienischen Märkten. Man muss sagen, dass sie sich in puncto Digital Maturity vor Deutschland befinden. Es ist längst nicht mehr nur Skandinavien, auch im Süden Europas wird mehr investiert als bei uns.

Wird „nur“ zu wenig oder sogar falsch investiert?
Es wird nicht zwingend falsch investiert, eher ist es eine Frage der Konsequenz. Banken versuchen oft, das analoge Geschäft digital widerzuspiegeln und haben vorgefertigte Fragebögen online gestellt. Das ist abschreckend. Und dann schickt die Bank auch noch eine E-Mail mit dem Hinweis, dass innerhalb von 48 Stunden eine Rückmeldung kommt. Das ist kein Digital Onboarding. Digital Onboarding sollte bedeuten, dass ich mit wenigen Fragen innerhalb von ein paar Minuten das Geld auf meinem Konto habe. Es kommt also darauf an, wie konsequent der Prozess umgesetzt wird. Wie auch bei der Customer Journey braucht es einen ganzheitlichen Blick auf den Lifecycle des Kunden. Die digitalen Champions probieren hier viele neue Dinge aus. Banken sind jedoch oft nicht so agil aufgestellt. Heute müssen sie konsequenter denken und sich auch mehr trauen.

Ein wichtiges Thema ist aktuell auch Open Banking. Wie sehen Sie hier die Entwicklungen, auch was die Akzeptanz in Deutschland angeht?
Die Akzeptanz steigt von Jahr zu Jahr. Ursprünglich kommt Open Banking aus Großbritannien. Entstanden ist die Idee aufgrund der Tatsache, dass die Hausbank einen Kunden gut kennt und dadurch einen Wettbewerbsvorteil hat. Dabei könnte eine „fremde“ Bank vielleicht bessere Zinsen bieten. Aber man hat gesagt, dass die Daten, die die Bank verwaltet, ja eigentlich nicht der Bank, sondern dem Kunden gehören. Open Banking heißt, dass ein Kunde Daten teilen kann, wenn er möchte. Und die meisten dieser Informationen wurden, etwa bei einer Kreditentscheidung, auch vorher schon erhoben, nur eben in Papierform. Heutzutage kann man das schneller und einfacher machen. Wenn Sie zum Beispiel das Digital Onboarding über unsere App machen, läuft alles komplett seamless. Sie können dort über Face ID komplett eingelesen werden und der Datenfreigabe zustimmen. Sie müssen nichts eintippen, nur einmal in die Kamera lächeln. In Großbritannien werden mit Open Banking im Durchschnitt fünf bis sieben Prozent mehr Anträge bewilligt. Auch bei uns wird Open Banking stärker kommen. Wenn es in die richtige Richtung geht, würde es Konsumenten noch mehr Einfluss im Verhandeln mit Banken oder Finanzdienstleistern geben. Der Kunde fühlt sich besser und die Bank kann ihre Prozesse verschlanken, schneller entscheiden und bessere Angebote machen. Eine Win-Win-Situation, wenn beide das konsequent nachverfolgen. Ich würde mir wünschen, dass sich Open Banking in diese Richtung entwickelt. Grundsätzlich tut es das auch.

Die digitalen Champions probieren hier viele neue Dinge aus.

Bestehen Datenschutzbedenken bei Kunden?
Überall, wo mit Daten gearbeitet wird, sollten Datenschutzbedenken bestehen. Wir als Experian nehmen das ernst. Datenschutz ist in Deutschland immer ein größeres Thema als woanders. Das Wichtigste ist natürlich, dass die Daten im Sinne der Sicherheit gehandhabt werden. Wir als universeller Risikomanagementdienstleister bieten einen Dienst an, der es Verbrauchern ermöglicht, mit ihrer Einwilligung einem Unternehmen Einblick in ihre Kontodaten zu geben. Entscheidend dabei ist die Transparenz: Der Konsument entscheidet selbst, ob er Daten preisgibt. Eine Weitergabe der Daten an Auskunfteien erfolgt nicht. Daher sollte man sich da differenzierter austauschen und klar aufzeigen, welche Vor- und Nachteile es gibt. Man muss den Wert der Daten verstehen und sich fragen, was man dafür bekommt. Der Kunde muss allumfassend aufgeklärt sein, damit er eine Entscheidung treffen kann. Wenn das gegeben ist, hat Open Banking ein Riesenpotenzial.

Aktuell steht die Kreditvergabe im Fokus. Für welche weiteren Bereiche bietet Digital Onboarding Potenziale?
Viele. Natürlich ist die Kreditvergabe ganz vorne, aber auch bei Kreditkarten, Autofinanzierung, Point of Sale Lending und Leasing bietet eine digitale Antragsstrecke gute Möglichkeiten.

Interview: Laura Kracht

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