Immobilienboom in Deutschland: Was nun?

Wohnimmobilien in Deutschland befinden sich zurzeit in einem starken Aufwärtstrend. Bestands- und Neuwohnungen verteuerten sich gemäß Immoscout-Index im ersten Quartal 2017 landesweit um dreizehn beziehungsweise neun Prozent gegenüber dem Vorjahr.


Deutsche Städte wie München erleben seit Jahren einen starken Aufwärtstrend bei den Preisen von Wohnimmobilien. Bildnachweis: iStock.com/Noppasin

Die größeren Städte erlebten im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt eine noch höhere Dynamik der Immobilienpreisentwicklung: In Berlin, Frankfurt und München betrug der Preisanstieg 24, 18 beziehungsweise 17 Prozent. Damit verstärkte sich der bereits seit Jahren anhaltende Aufwärtstrend: Die Preise von Wohnimmobilien sind in diesen drei Großstädten seit 2010 um mehr als 115 Prozent angestiegen. Die Sachlage wird momentan durch die aktuelle Angebots- und Nachfragesituation abgestützt: Eine hohe Zuwanderung, eine solide wirtschaftliche Entwicklung und ein anhaltendes Tiefzins-umfeld resultieren in einer deutlich stärkeren Nachfrage nach Wohnraum und Wohneigentum. Die gesunde Mietmarktsituation wird durch historisch tiefe Leerstandsquoten und steigende Mietpreise untermauert. Diese anhaltend hohen Preiswachstumsraten erinnern jedoch an die Entwicklung in den USA oder Spanien vor der Finanzkrise. Dort waren die Preise während des Immobilienbooms ähnlich stark geklettert. Infolge der Finanzkrise brachen sie dann um mehr als 50 Prozent ein.

Der Höhepunkt des Zyklus ist noch nicht erreicht

Die aktuelle Situation in Deutschland unterscheidet sich aber in verschiedener Hinsicht von derjenigen in diesen Ländern. Die Kreditvergabe ist disziplinierter, und gegenwärtig gibt es keinen Angebotsüberhang am Horizont – ein wichtiger Faktor, der die Immobilienkrise in diesen zwei Ländern verschärft hatte. So ist Dr. Andreas Dombret, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, beispielsweise in einer Rede im Mai 2017 zu der Schlussfolgerung gelangt, dass sich der Markt noch nicht in einer Blase befinde. Wir gehen auch nicht davon aus, dass der Höhepunkt des aktuellen Zyklus bereits erreicht ist. Basierend auf unseren Analysen erwarten wir, dass der Nachfrageüberhang weiter anhalten wird.

Immobilienanlagen sind keine Einbahnstraße

Der deutsche Immobilienmarkt hatte vor 2010 ein Jahrzehnt des Nullwachstums erlebt. Wir erkennen durchaus ein Aufholpotenzial, das durch die weiterhin substanziell tieferen Qua-dratmeterpreise in deutschen Großstädten im Vergleich mit übrigen globalen Metropolen unterstrichen wird. Dennoch erachten wir diese zweistelligen Zuwachsraten des Preiswachstums mittelfristig als nicht nachhaltig. Immobilienanlagen sind keine Einbahnstraße, sondern zyklische Vermögenswerte. Spätestens wenn die Europäische Zentralbank mit der Normalisierung der Geldpolitik voranschreitet, dürfte der Markt in eine schwierigere Phase übergehen. Dies ist aber zurzeit noch nicht absehbar. Immobilienanlagen, die weiterhin über 200 bis 300 Basispunkte höhere Cashflow-Renditen als Anleihen erzielen dürften, sind im aktuellen Tiefzinsumfeld attraktiv. Aus der Investmentperspektive sprechen aber viele Gründe dafür, nicht alles auf die Karte deutsche Wohnimmobilien zu setzen. Selbstgenutztes Wohneigentum kann aus Konsumentensicht sinnvoll sein. Aus der Investitionsperspektive raten wir Investoren jedoch, für ihre Immobilienportfolios einen internationalen, diversifizierten Ansatz zu wählen – analog zu ihren Portfolios in anderen Anlageklassen wie Aktien und Renten.

Der große Vorteil eines diversifizierten globalen oder europäischen Ansatzes ist, dass sich Märkte wie zum Beispiel Singapur und Berlin nicht in der gleichen Phase des Zyklus befinden. Während in Berlin die Mieten für Büroliegenschaften seit 2014 um 22 Prozent anstiegen, sind sie in Singapur um 12 Prozent gefallen. Durch die Streuung der Investitionen auf unterschiedliche Regionen und Immobiliensegmente lässt sich das Risiko/Rendite-Profil verbessern. Unsere Analysen zeigen, dass eine internationale Diversifikation der Immobilienportfolios in der Regel sehr sinnvoll ist.