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Corona-Spareifer, höhere Strafzinsen und neue Erträge für Kreditinstitute

Es ist soweit: Die „drei“ steht vorne. Die Zahl der Kreditinstitute, die Strafzinsen für private Anleger erheben, soll auf über 300 angestiegen sein. Wer straft wen ab, wer verdient daran und wie kann die Zukunft für Banken aussehen?


Rund 300 deutsche Kreditinstitute verlangen 2021 Strafzinsen

Von rund 1.500 bei der BaFin beaufsichtigten Kreditinstituten sei die Zahl derer, die Strafzinsen erheben, auf über 300 gestiegen. Hervor geht dies aus Daten von Verivox. Das Vergleichsportal hat ermittelt, dass 305 Banken und Sparkassen Negativzinsen im Rahmen von 0,4 bis 0,5 Prozent verlangen. Dabei fiel auch auf, dass die Negativzinsen bei einigen Banken und Sparkassen online nicht veröffentlicht sind – obwohl deren Erhebung in Medienberichten bekannt gegeben wurde.

Das heißt konkret: Bei den meisten Banken werden ab 100.000 Euro „Verwahrentgelte“ für Erspartes, in der Regel auf Tagesgeld- oder Girokonten, fällig. Laut Verivox erheben rund 50 der 300 Kreditinstitute bereits bei 50.000 Euro Negativzinsen. Einige auch bei kleineren Summen. Beispiele sind die Erfurter Bank mit -0,5 Prozent ab 20.000 Euro oder die Raiffeisenbank Augsburger Land West mit -0,5 Prozent ab 5.000 Euro. In der Auflistung von Verivox finden sich auch 21 Banken, die sogar ab dem ersten Euro negative Zinsen erheben. Das lässt jene Stimmen realistischer werden, die eine weitere Absenkung des Grenzwerts vermuten.

Dabei war Sparsamkeit einst eine lobenswerte Eigenschaft. Entsprechend brachte man früher das Geld, was nicht mehr in den Sparstrumpf passte, zur Bank. Diese verwahrte die finanziellen Rücklagen mit angemessener Sorgfalt und entlohnte den enthaltsamen Kunden sogar dafür. Teilweise lagen die Zinsen bei über 4 Prozent. Zugegeben, diese Zeiten sind lange vorbei. Bereits seit einigen Jahren kränkelt der Zinssatz, und die Konditionen für Sparer werden zunehmend schlechter. 2021 sind dann endgültig die Zeiten angebrochen, in denen 21 Banken sogar ab dem ersten Euro negative Zinsen erheben.

Wer hat Schuld an der (Schief-)Lage der Banken?

Gleichwohl hat der Spareifer der Deutschen in Folge der Corona-Pandemie laut Statistischem Bundesamt ein Rekordhoch von 16,3 Prozent erlangt. In Krisenzeiten tendieren Menschen zum Sparen und Bargeldhorten. Das zeigte eine von der ING Deutschland in Auftrag gegebene Studie. Im März 2020 befanden sich in deutschen Haushalten rund sechs Milliarden Euro mehr Bargeld als in den Vormonaten. Geldausgeben ist bei geschlossenen Läden und Restaurant sowie Reisebeschränkungen ohnehin schwer.

Die steigenden Anlagen durch die Corona-Sparsamkeit machen den Banken das Leben (zusätzlich) schwer. Denn sie müssen mehr Strafzinsen bezahlen. Das wiederum führt dazu, dass Kreditinstitute sich veranlasst sehen, die Kosten an die Kunden weiterzugeben – sei es über Minuszinsen oder über Kontoführungsgebühren bei Tagesgeldkonten. Letzteres sei bei 18 Geldhäusern der Fall, wie das Vergleichsportal festgestellt hat.

Ob nun „Verwahrentgelt“, „Minus-, Negativ- oder Strafzinsen“, man könnte sagen: Schuld hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer Geld- und Zinspolitik, besonders dem 2014 eingeführten Strafzins.

Gedacht als Anreiz, Unternehmen vermehrt Kredite zu gewähren, wird der EZB-Strafzins zunehmend zur Belastung für Geldhäuser. Denn der negative Einlagezins steigt seit Einführung kontinuierlich. Von 0,1 Prozent im Jahr 2014 bis hin zu 0,5 Prozent. Dieser Wert gilt seit 2019.

Viele Banken beklagen sich über diese Zinsentwicklung und spüren Kostendruck. Bei der EZB-Ratssitzung im Januar 2021 gab es keine Zinsänderungen. Aufgrund der Corona-Krise ist das eine plausible Entscheidung. Schließlich sind die Banken gefordert, betroffenen Unternehmen mit Krediten unter die Arme zu greifen. Erhöhungen sind in nächster Zeit wohl kaum zu erwarten.

Gesucht: Neue Ertragsquellen für Banken

Allerdings belastet die anhaltende Niedrigzinsphase nicht alle Kreditinstitute gleichermaßen. Einige haben auch mit Strafzinsen Geld verdient. Laut finanz-szene.de haben elf der insgesamt 22 untersuchten Institute im Jahr 2019 damit ein Plus gemacht. Auch seien die Auswirkungen in Zahlen weniger dramatisch als in so manchen Worten. In den 22 Banken seien über die Jahre 2018 und 2019 hinweg betrachtet 79,1 Prozent der anfallenden negativen Zinsen von den eingegangenen negativen Zinsen abgedeckt worden.

Dennoch sind neue Wege gesucht, Erträge zu generieren. So sagte etwa auch Prof. Dr. Bernd Heitzer, Rektor der Hochschule für Finanzwirtschaft & Management, im BANKINGNEWS-Interview: „Es gibt ein paar Megatrends, die die Kreditinstitute nachhaltig beeinflussen. Das ist zunächst die anhaltende Niedrigzinsphase, die zu einer Erosion der Betriebsergebnisse in den Banken führt und worauf diese eine Antwort finden müssen, wie durch Anpassung von Geschäftsmodellen, aber auch durch konsequentes Ertrags- und Kostenmanagement.“

Weitere Einflussfaktoren erkennt Bernd Heitzer in der digitalen Transformation, der stärkeren Regulierung, neuen Wettbewerbern und zunehmend auch im Bereich Nachhaltigkeit.

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